Im internationalen Vergleich leiden deutsche Mütter unter den größten Einkommenseinbußen, nachdem sie ein Kind bekommen – das zeigt eine im Magazin The Economist erschienene Studie.

Motherhood Penalty: Die Strafe, unter der viele Mütter leiden

Kinder sind ein Segen und für viele Familien das größte Glück. Dennoch sprechen Wissenschaftler immer wieder von der sogenannten Motherhood Penalty (Mutterschaftsstrafe), weil Untersuchungen belegen, dass Mütter nach der Geburt hart mit dem ohnehin bestehenden Lohngefälle „bestraft“ werden, während Männer im Vergleich weniger Einbußen haben. Und die Motherhood Penalty zieht sich durch – durch die 30er- und 40er-Jahre der Frauen.

Eine im Jahr 2019 erschienene Studie im Magazin The Economist macht diesen Umstand vor allem für deutsche Mütter deutlich. Demnach seien Frauen in Deutschland im Ländervergleich weit vorne – auf dem ersten Platz. Sie verdienen im Schnitt ganze 78 Prozent weniger, sobald sie Mutter werden und langfristig pendelt sich der Ausfall auf 61 Prozent ein. Zum Vergleich: In Dänemark sollen es „nur“ 21 Prozent weniger sein.

Väter und Nicht-Mütter schneiden besser ab als Mütter

Auffällig beim Thema Mutterschaftsstrafe ist, dass Mamas nicht nur unter der Ungleichbehandlung von Mann und Frau leiden. Mütter werden auch gegenüber Nicht-Müttern im Job benachteiligt. Das zeigt eine US-Studie. Demnach werden gleichwertige Mitarbeiterinnen von Arbeitgebern unterschiedlich in Sachen Kompetenz und Engagement beurteilt, wenn die eine Mutter ist und die andere nicht. Mütter schneiden 10 Prozent schlechter ab. Gleichzeitig zeigt sich auch ein „Vaterbonus“. Während eine Mutter mit Einbußen rechnen muss, profitieren frischgebackene Väter eher von einer positiven Willkommenskultur im Job, werden um 5 Prozent besser bewertet und steigen auch schneller auf.

Wie kommt es zur Mutterschaftsstrafe?

Der Verdienst beider Geschlechter entwickelt sich statistisch gesehen zunächst ähnlich während der Zeit, in der Frauen und Männer noch keine Kinder haben. Werden berufstätige Frauen im gebärfähigen Alter schwanger und tragen sie das Kind aus, müssen sie einige Entscheidungen treffen, die gravierende Auswirkungen auf ihre Karriere haben.

Es kommt zu einem Verdienstrückgang. Nicht nur, weil sie aufgrund der Kinderbetreuung in Teilzeit arbeiten. Sondern oft auch, weil sie sich umorientieren und Berufe wählen müssen, die kinderfreundlicher sind, aber schlechter bezahlt werden. Um im Sinne des Kindes zu handeln, erleiden viele Frauen einige finanzielle Schieflagen und diese sind besonders spürbar, wenn sie zwischen 30 und 40 sind – also in den Jahren, in denen Männer üblicherweise aufblühen und Karriere machen.

Chancen am Arbeitsmarkt sinken nach Geburt von Kindern

Aufgrund des Lohngefälles lohnt es sich aus praktischen Gründen außerdem oft, dass Männer, die – wenn wir von einem doch eher typischen Beispiel ausgehen – mehr verdienen, im Berufsleben bleiben und die Familie versorgen. Für Familien ist es deshalb eine recht nüchterne Entscheidung, die logisch ist, aber mit einigen Nachteilen für Mütter einhergeht. Denn der Wiedereinstieg ins Berufsleben wird schwerer.

Entscheiden sich junge Mütter, beispielsweise Alleinerziehende, doch für eine Kinderbetreuung, um ihre Karriere nicht zu vernachlässigen, müssen sie auch Betreuungsmöglichkeiten finanzieren – und dafür müssen sie oft tief in die Tasche langen. Bleiben Frauen zu Hause, um die Betreuung selbst zu übernehmen, sinken ihre Chancen am Arbeitsmarkt. Es wird schwerer, Fuß zu fassen, sich zu entwickeln und zum Beispiel eine Beförderung anzustreben.

Lohngefälle und Mutterschaftsstrafe: Das sind Einflussfaktoren

Um das Lohngefälle (Gender-Pay-Gap) zwischen Männern und Frauen zu verdeutlichen, lohnt sich ein Blick auf die individuellen Einflussfaktoren, die dazu beitragen, dass die Mutterschaftsstrafe sich verstärkt. Diese wären:

1. Stereotypen, Feminisierung und Diskriminierung:

Aus einer Analyse der Hans-Böckler-Stiftung geht hervor, dass die „Feminisierung“ von Berufen tendenziell zu einer Abwertung der jeweiligen Berufe führt. Anders formuliert: In „typisch weiblichen“ Berufen, die über mehrere Jahre hinweg feminisiert worden sind, fällt der Verdienst heute in 45 Prozent der Gesamtfälle generell geringer aus.

Aus rein historischer Sicht ist es deshalb nicht immer ein guter Ratschlag, sich schlicht und ergreifend einen besser bezahlten Job zu suchen, wie so oft von vielen Seiten empfohlen. Vielmehr ist es ein strukturelles Problem, welches aus Stereotypen, Entwertung und Diskriminierung resultiert. Bis dieses Problem nicht beseitigt wird, wird es immer wieder Lohngefälle zwischen Männern und Frauen geben.

2. Schlechtere Aufstiegschancen:

Je höher die Position, desto besser die Verdienstchancen. Für Frauen mit Kindern ist diese Vorstellung aber oft unrealistisch. Nicht für alle, aber für viele: Üblicherweise haben es Frauen schwerer, in höhere Positionen befördert zu werden. Ob Teilzeitfalle oder überholte Rollenerwartungen – es gibt viele Gründe, weshalb vor allem Männer die deutschen Führungsetagen bis zum heutigen Tag dominieren und Frauen kleinere Chancen haben.

3. Nachahmung vom Nachwuchs

Aus einer dänischen Studie geht hervor, dass vor allem Töchter eine stärkere Neigung zeigen, ihre Mutter als Vorbild zu nehmen und ihr Leben nachzuahmen. Und so übernehmen sie auch typische Rollenbilder ihrer Mütter, die wegen der vorherrschenden Rollenverteilung eher zu Hause bleiben und klassisch-feminisierte Aufgaben, beispielsweise Kindererziehung und Haushalt, übernehmen. Daraus resultiert die Fortsetzung der Mutterschaftsstrafe, aus der junge Frauen mit starker Prägung nicht so einfach herauswachsen können.

Mutter werden: Bleibt Mutterschaft für Frauen attraktiv?

Dass in Deutschland weniger Kinder zur Welt kommen, ist nicht neu. Immer mehr Frauen entscheiden sich gegen Kinder und für die Karriere. Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) war zwischen Januar und November 2022 ein Geburtenrückgang von durchschnittlich 6,4 Prozent zu verzeichnen. Dabei wurden in Ostdeutschland rund 11 Prozent weniger Babys geboren und in Westdeutschland 5,3 Prozent.

Für viele Frauen sind die Bedingungen, in denen sie leben, zu unattraktiv für Kinder geworden. Es ist noch immer nicht selbstverständlich, dass Männer – auch wenn es positive Tendenzen gibt – selbstverständlich Elternzeit nehmen, den Haushalt schmeißen, die Kinder betreuen. Und es ist auch nicht selbstverständlich, dass Frauen Karriere machen, ohne finanzielle und berufliche Einbußen zu fürchten. Mutterschaft könnte wieder attraktiver werden, wenn es strukturelle Veränderungen gibt. Der Blick auf die Mutterrolle muss sich ändern.

Faires Betriebsklima: Arbeitgeber spielen eine Rolle

Unabhängig vom gewählten Beruf sollte es für Mütter oder die, die es werden möchten, vor allem auf ihren Arbeitgeber ankommen: Für wen möchten sie arbeiten – und unter welchen Bedingungen? Die Kompromissbereitschaft und die Zurückhaltung, die viele Frauen wegen geschlechtertypischen Rollen beim Thema Geld, Karriere und Aufstieg zeigen, stehen vielen Talenten im Weg. Längst sind die Zeiten vorbei, in denen weibliche Arbeitnehmer sich verstecken müssen, nur weil sie die Minderheit in Führungsetagen bilden. Familienfreundlichkeit ist modernen Arbeitgebern wichtig und Schubladendenken weniger.

Es ist in der Tat ein Drahtseilakt, Karriere und Kinder unter einen Hut zu bringen und dabei als Frau keine Einbußen zu haben. Die Realität ist, dass wir trotz der vielen Fortschritte und Veränderungen in Bezug auf Frauenrechte, Gleichberechtigung und Emanzipation gefühlt im Schneckentempo vorankommen. Die Ungerechtigkeiten bleiben, wenn Mütter weiterhin unter der Mutterschaftsstrafe zu leiden haben.

Umso wertvoller sind Unternehmen, die folgende Vorteile bieten:

  • Vertrauensarbeitszeit / familienbewusste Arbeitszeiten
  • Gesundheits- und Sozialberatungsangebote
  • Fortbildungsmöglichkeiten nach Kinderbetreuungszeit
  • Flexibilität für Notfallsituationen in Bezug auf Familie und Kinder
  • Zuschüsse für den Nachwuchs
  • Option auf Homeoffice
  • Wiedereinstiegsprogramme für frischgebackene Mütter
  • Babysitterservice

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