Twitter, Amazon, Netflix: Entlassungsnachrichten hinterlassen aktuell ein lautes Medienecho. So steht es um den globalen und deutschen Arbeitsmarkt.

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Die bedeutendsten US-Tech-Giganten haben massiv Stellen abgebaut oder planen, Mitarbeiter zu entlassen. Diese Kündigungen seitens der großen Arbeitgeber sind laut und auffällig. Sie sind medienpräsent und füttern so weiterhin die Ängste, mit denen Beschäftigte zu kämpfen haben. Zum Beispiel in Deutschland: Rund 83 Prozent der Umfrageteilnehmer des ARD DeutschlandTrend September 2022 fürchten, dass sie ihren Job verlieren könnten.

Unzählige freiwillige Kündigungen von Arbeitnehmern, die seit 2021 stattfinden und in den USA als „Great Resignation“ oder auch „Biq Quit“ betitelt werden, schaffen momentan Platz für eine Umkehr. Nicht nur Arbeitnehmer gehen. Jetzt scheinen Arbeitgeber zu entlassen – und das in großem Stil. Dabei sind zum Beispiel folgende Unternehmen, die für das laute Medienecho sorgen:

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  • Twitter: Etwa die Hälfte der Belegschaft soll es getroffen haben. Rund 50 Prozent der Twitter-Mitarbeiter sollen laut Medienberichten gekündigt werden.
  • Amazon: Etwa 10.000 Stellen sollen beim Onlinehändler abgebaut werden – und das trotz des aktuellen Weihnachtsgeschäfts und nachdem der Riese von der Pandemie wirtschaftlich profitierte. Zuvor gab es ca. 1,5 Millionen Entlassungen rund um den Globus.
  • Meta: Der Mutterkonzern von Facebook soll ungefähr 13 Prozent der Beschäftigten kündigen.
  • Apple: Der iPhone-Gigant würde weniger Personal einstellen und hätte Mitarbeiter an mehreren Standorten entlassen.

Drohende Rezession sorgt unter anderem für Kündigungswelle in der Tech-Branche

Wie tagesschau.de berichtet, würde Sunnie Groeneveld (Digitalexpertin) den massiven Stellenabbau als eine Art Reaktion auf endenden Corona-Boom sehen, welcher der Tech-Branche hohe Umsätze bescherte. Es heißt, dass die Kündigungen auch schon vorher hätten ausgesprochen werden können, aber die Unternehmen würden, so Groeneveld, den Moment nutzen.

Den Moment, in dem die Welt zunehmend unter einer wirtschaftlichen Krise leidet: Energie wird teurer, Lebensmittelpreise steigen, Unternehmen haben höhere Kosten. Grundsätzlich kommen so mehrere Gründe zusammen, weshalb die Tech-Branche reagiert und die Größten aufgrund ihrer Bekanntheit auch für das genannte Echo, die Medienresonanz sorgen.

Zu diesen Gründen gehört nicht nur die drohende Rezession, sondern auch die dynamischen Entwicklungen in der Digitalbranche: Neben der angespannten Lage geht es generell um ökonomische Tendenzen, Fehlentscheidungen, aber auch darum, dass die „großen Jahre“ vorbei sind. Tech-Unternehmen in Wachstumsphasen entwickeln sich zu „normalen“ Großunternehmen.

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Als Beispiel dient Google: Zuvor begeisterte das Unternehmen Fachkräfte aus aller Welt und gewann diese auch mit Vorzügen wie kostenlosem Essen oder Shuttleservice für sich. Jetzt werden an diesen Stellen Einsparungen vorgenommen.

Drohende Rezession: Was bedeutet das für Deutschland?

Die Entlassungen im Silicon Valley sind aufgrund der Popularität der Unternehmen zwar besonders laut und auffällig. Die gute Nachricht aber ist, dass sie nicht den gesamten Arbeitsmarkt repräsentieren. Zwar soll die Kündigungswelle keinesfalls heruntergespielt werden. Aufgrund der Bedeutung der Unternehmen genießen diese jedoch eine besondere Medienrelevanz.

Schauen wir uns die Lage in Deutschland an: Der Arbeitsmarkt boomt und es herrscht Fachkräftemangel, aber auch Energiekrise. Wie der Markt sich entwickeln wird, hängt letztendlich auch vom Verlauf der drohenden Rezession ab. Schrumpft die Wirtschaftsleistung der Bundesrepublik, also das Bruttoinlandsprodukt (BIP), werden die Arbeitslosenzahlen ansteigen, die Unternehmen weniger produzieren, weniger einstellen und weniger einnehmen. Wer nicht arbeitet, verdient kein Geld – und kann so keine Konsumgüter kaufen, was Auswirkungen auf die Produktion hat. Die Nachfrage sinkt.

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Die gute Nachricht: Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) in einer Pressemeldung mitteilt, gab es – trotz Krise – eine leichte Steigerung des Bruttoinlandprodukts.

Warum die lauten Entlassungen für Wirbel sorgen

Auffällig sind die Kündigungswellen der Tech-Branche auch deshalb, weil sie im extremen Kontrast zur Great Resignation stehen. Waren es zuvor noch die Arbeitskräfte, die den Luxus genossen, sich beliebig nach neuen Arbeitgebern umschauen zu können, sind es nun Unternehmen, die Einsparungen vornehmen. Deshalb sorgen die Entlassungen für viel medialen Chaos und Sorgen unter Arbeitnehmern, die erleben, wie Kollegen gekündigt werden oder Menschen aus ihrem Umfeld in der Arbeitslosigkeit landen.

Und doch haben deutsche Unternehmen aus Krisen lernen dürfen. Denn ganz so rasch finden Kündigungen nicht statt. Bereits während der letzten Krise 2008 ging der Konsum global auf ein Rekordtief zurück. Immer wieder ist in diesem Zusammenhang die Rede vom „Arbeitskräftehorten“, welches vielleicht das Phänomen des im Vergleich stabilen deutschen Arbeitsmarktes zu Krisenzeiten erklärt: Fachkräfte werden nicht so schnell entlassen, wie es früher in wirtschaftlich schwierigen Zeiten der Fall war. Wenn die Produktnachfrage sinkt, wird demnach das Beschäftigungsniveau, so die Theorie des Arbeitskräftehortens, nicht unbedingt an dieses Absinken angepasst.

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Eine positive Nachricht für Arbeitnehmer ist deshalb, dass Unternehmen sich grundsätzlich darüber bewusst sind, dass Fachkräftemangel herrscht und diese auch in Zukunft Personal benötigen werden. Je nachdem, wie sich die globale Situation entwickelt und ob eine Rezession kommt, geraten Arbeitgeber ohne ausreichend Mitarbeiter früher oder später in die Not, neues Personal finden und schnell einstellen zu müssen. Die Entscheidung, ob qualifiziertes Personal entlassen werden sollte, ist heute komplexer geworden. Es gilt, genauestens abzuwägen, auch wenn die Einsparung von Personalkosten als „Notlösung“ besonders bedeutend für Unternehmen sein kann, um zu überleben.

Entlassungen finden „laut“ statt – aber sie sind kein Grund für Pessimismus

Momentan dominieren Sorgen und finanzielle Ängste das Leben vieler Arbeitnehmer und vor allem auch das derjenigen, die bereits entlassen worden sind. Obwohl es weltweit zu Herausforderungen kommt, soll der Arbeitsmarkt dennoch weiter wachsen. So lautet das Resultat des Trend Report 2023 von Indeed Hiring Lab. Dies sei auch dem demografischen Wandel zu verdanken. Denn Personal müsste eingestellt werden und würde weiterhin gesucht werden, weil die Bevölkerung altern würde.

Ein Vorteil sei dabei auch, dass die Fernarbeit immer mehr zum Standard in der Arbeitswelt werden würde. Auf diese Weise ergeben sich auch Chancen für Arbeitskräfte, die auf der Suche nach flexiblen Arbeitsmöglichkeiten sind, etwa um im Homeoffice arbeiten zu können, Familie und Beruf besser zu vereinen und die Work-Life-Balance zu verbessern. Der Beschäftigungsbedarf, etwa im Bereich der Pflege, wird weiter wachsen. Viele Branchen, zu denen zum Beispiel Technik, Umwelt, Ernährung, Medizin, Gesundheit und Handel sowie Erziehung und Bildung zählen, werden in Zukunft weiter wachsen und Fachkräfte suchen und einstellen.

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Deutschland darf weiter hoffen und darauf vertrauen, dass es auch nach Krisenzeiten zu einer Erholung kommt. Die momentan lauten, medial auffällig stattfindenden Entlassungen sind zwar besorgniserregend. Sie sind aber kein Grund, in den Pessimismus und in die Hoffnungslosigkeit zu rutschen, weil die Wirtschaftsleistung, auch wenn nur leicht, wieder ansteigt.

Fazit

Noch bleibt es ungewiss, wie sich die wirtschaftliche Lage entwickeln wird und wie hart eine Rezession, wenn sie kommt, den Arbeitsmarkt treffen wird. Nach schweren Krisen und gar ökonomischen Depressionen kann die Wirtschaft bekanntermaßen aber nicht noch „tiefer“ sinken, wenn sie bereits am Tiefpunkt war. Denn so laufen die Konjunkturphasen ab: Nach der Krise folgt der Aufschwung – und darauf hoffen aktuell viele deutsche Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Bildnachweis: NLshop/istockphoto.com

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