Eine scheinbar harmlose Zigarettenpause kann nach hinten losgehen: Wer sich auf der Arbeit nicht abmeldet, um zu rauchen, begeht Arbeitszeitbetrug – und riskiert damit, gefeuert zu werden.

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In Deutschland rauchen rund 28 Prozent der Bevölkerung, teilt die Stiftung Gesundheitswissen mit (Stand 2020). Der Griff zum „Glimmstängel“ ist also keine Seltenheit, auch wenn die Zahl der rauchenden Jugendlichen seit einigen Jahren sinkt. In der Arbeitswelt ist Rauchen ein heikles Thema für Arbeitgeber: Sie müssen Nichtraucher am Arbeitsplatz schützen. Denn Arbeitnehmer genießen ein Recht auf einen rauchfreien Arbeitsplatz.

Das ohnehin umstrittene Thema wird noch heikler, wenn Raucher sich systematisch nicht abmelden, wenn sie sich eine Raucherpause gönnen. Das Thüringer Landesarbeitsgericht hat dazu im Mai 2022 ein Urteil in einem Fall veröffentlicht (Az.: 1 Sa 18/21), in dem eine Arbeitsvermittlerin der Bundesagentur für Arbeit gekündigt wurde, weil sie sich für ihre Raucherpausen nicht abgemeldet hat.

Auch die lange Betriebszugehörigkeit hat die Betroffene nicht geschützt. Bereits seit 1990 war die Jobvermittlerin für die Agentur tätig. Aufmerksam auf den Fall soll der Arbeitgeber während der standardisierten Kontrollen zur Erfassung der Arbeitszeiten geworden sein und die Raucherin anschließend zu einer Stellungnahme aufgefordert haben. Es soll sich herausgestellt haben: Die Arbeitnehmerin hat die Zeiten, in der sie ihr Verlangen nach einer Zigarette stillte, systematisch nicht erfasst.

Rauchen am Arbeitsplatz: Seit vielen Jahren eine eigene Kultur

Das Urteil macht deutlich, dass ein Arbeitszeitbetrug und eine Verletzung der Dokumentationspflicht vorliegt, wenn Arbeitnehmer mit dem Nicht-Ausstempeln die Erbringung der Arbeitsleistung vortäuschen, sofern sie zur Zigarette greifen, obwohl sie nicht abgemeldet sind.

Grundsätzlich dürfen Arbeitgeber das Rauchen während der Arbeitszeit untersagen, wenn ein Rauchverbot im Betrieb existiert. Für die Zusatzbestimmung gilt: Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern urteilte, dass Betriebsräte nicht zustimmen müssen, wenn Arbeitgeber die zusätzliche Regel für den Arbeitsplatz, während der Arbeitszeit nicht rauchen zu dürfen, festlegen (Az.: 5 TaBV 12/2).

Und doch ist es in Deutschland seit Jahrzehnten üblich, mal „eben schnell“ während der Arbeitszeit die Schmacht zu stillen, ohne auf die Zeiterfassung zu achten. Rauchen hat sich zu einer eigenständigen Kultur entwickelt. Ob aus Gewohnheit, gegen Stress, aus Langeweile oder weil eine Nikotinabhängigkeit vorliegt, Gründe für das „Qualmen“ in Gesellschaft oder alleine gibt es viele. Gerade deshalb sollten Arbeitnehmer sich nicht dazu verführen lassen, der Raucherkultur ganz ohne Regeln zu folgen. Denn im schlimmsten Fall droht eine Kündigung.

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Ärger vermeiden: Das sollten Raucher wissen

Beim Thema Rauchen scheiden sich in der Arbeitswelt seit jeher die Geister: Raucher diskutieren mit Nichtrauchern, denn die Bedürfnisse beider Gruppen unterscheiden sich erheblich. Beschäftigte, die sich eine Pause gönnen, stehen manchmal unter kritischer Beobachtung der Kollegen, weil der Chef beispielsweise Zusatzpausen für diejenigen ermöglicht, die eine Zigarette benötigen. In vielen Unternehmen ist es deshalb eine Herausforderung für Arbeitgeber, den Bedürfnissen aller nachzukommen und Arbeitnehmer zu schützen.

Grundsätzlich sollten rauchende Arbeitnehmer auf einige Punkte achten, wenn sie im Job häufiger zur Zigarette greifen und keine Kündigung riskieren möchten. Hier kommen die wichtigsten Reminder auf einen Blick:

#1: Raucherpausen sind „Privatvergnügen“ – austragen nicht vergessen!

Auch wenn es im Beitrag bereits deutlich wurde: Wer keine Kündigung riskieren will, sollte sich an die Regelung zur Zeiterfassung halten. Raucherpausen gelten offiziell als eine Art Privatvergnügen und gehören deshalb nicht zur eigentlichen Arbeitszeit. Wer sich austrägt und sich erst danach eine Zigarette gönnt, steht auf der sicheren Seite.

#2: Arbeitgeber müssen den Schutz von Nichtrauchern priorisieren

Laut § 5 Abs. 1 der ArbStättVO müssen Arbeitgeber sicherstellen, dass sie ihren Arbeitnehmern stets einen rauchfreien Arbeitsplatz ermöglichen. Der Schutz von Nichtrauchern vor dem Tabakrauch geht im Job deshalb per Gesetz vor. Treffen Vorgesetzte entsprechende Maßnahmen, um die Vorgaben umzusetzen, sollten Raucher deshalb Rücksicht darauf nehmen.

Möglich ist, dass Arbeitgeber separate Raucherräume zur Verfügung stellen. Dennoch ist es wichtig, dass der Schutz von Nichtrauchern geregelt ist und die Interessen dieser Gruppe in Deutschland wegen der rechtlichen Lage im Fokus stehen.

Die gute Nachricht: Nicht nur bei Jugendlichen, sondern auch bei Erwachsenen sind Zigaretten nicht mehr ganz so beliebt. Wie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZGA) mitteilte, ist der Anteil der rauchenden Menschen seit 2000 um über 13,5 Prozent gesunken. Es zeichnet sich also ein positiver Trend ab, welcher die Debatte um das Rauchen etwas entschärfen dürfte.

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#3: Arbeitnehmer sind während Raucherpause nicht versichert

Fälschlicherweise wird oft angenommen, dass Raucher während ihrer Zigarettenpause versichert sind. Dem ist nicht so. Die gesetzliche Unfallversicherung greift nicht, wenn wir als Arbeitnehmer entscheiden, eine Raucherpause einzulegen und dann beispielsweise ein Missgeschick passiert, welches zu einem Unfall führt. Bereits 2013 entschied das Sozialgericht Berlin in einem Fall (Az.: S 68 U 577/12), in dem eine Beschäftigte sich während der Raucherpause verletzte, dass kein Versicherungsfall vorlag.

Begründet wird dies damit, dass es sich bei der Raucherpause um eine persönliche Angelegenheit hat. Streng genommen hat eine Zigarettenpause deshalb keinerlei Bezug zum Job – auch wenn wir uns eben durch den Job gestresst fühlen und das Verlangen spüren, rauchen zu wollen, um zu entspannen und Stress abbauen zu können.

Was fällt unter Arbeitszeitbetrug?

Auch wenn es zunächst harmlos klingt und bisher gar nicht so unüblich war, kurz mal eben zu rauchen: Arbeitszeitbetrug ist in Deutschland keine Lappalie. Es handelt sich tatsächlich um eine Straftat, gegen die Arbeitgeber Anzeige erstatten können. Das Vertrauensverhältnis zwischen Unternehmern und Beschäftigten wird zerstört, sodass auch ein Grund für eine außerordentliche Kündigung vorliegen kann.

Was aber bedeutet es genau, den Arbeitgeber um die Arbeitszeit zu betrügen? Arbeitnehmer und Arbeitgeber gehen einen Vertrag ein und einigen sich darauf, dass Arbeitsleistung gegen Geld „getauscht“ wird. Wer beispielsweise vereinbart, 35 Stunden pro Woche zu arbeiten und diese Stundenanzahl nicht einhält, weil während dieser Zeit beispielsweise Privatangelegenheiten erledigt werden, anstatt dem Job nachzugehen, betrügt den Arbeitgeber.

Auch wer sich absichtlich und systematisch später ausstempelt, begeht Arbeitszeitbetrug – denn möglicherweise steckt dahinter die Absicht, mehr Stunden zu erschleichen. Zusammenfassend lässt sich deshalb über Arbeitszeitbetrug sagen, dass es sich um eine „Erschleichung“ von Jobzeit handelt, die wir eigentlich gar nicht abgeleistet haben und dennoch bezahlt bekommen.

Ergo: Auch Fälle, in denen die Abmeldung für eine Raucherpause versehentlich nicht erfolgt, können zum Verhängnis für Arbeitnehmer werden. Schließlich können Beschäftigte schlecht nachweisen, dass sie schlicht und ergreifend vergessen haben, die Pause zu erfassen.

Zusatztipp

Wichtig für Arbeitnehmer kann es sein, mit Arbeitgebern offen über das Abmelden der Raucherpausen zu sprechen. Nicht selten kommt es zu Missverständnissen und Schwierigkeiten, wenn Zeiterfassungssysteme beispielsweise von selbst eine spezielle Pausenzeitspanne abziehen, wenn wir uns ausstempeln.

Grundsätzlich gilt: Wenn die Zeiten sich häufen und es auffällt, dass Arbeitnehmer immer wieder Raucherpausen machen und diese zum Zeiträuber werden, weil die Zigarettenpause auf die Arbeitszeit geht, werden Arbeitgeber oft hellhörig. Umso wichtiger ist es, einen Nachweis zu haben, wann und wie oft eine Pause eingelegt wird. Mit der Dokumentation der Pausen stehen Arbeitnehmer deshalb in vielerlei Hinsicht auf der sicheren Seite – vor allem aber im Streitfall.

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Bildnachweis: Foto von Catarina Carvalho/Unsplash

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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