Mit vielen Millionen Aufrufen trendet „Lazy Girl Jobs“ auf TikTok. Neben Zuspruch gibt es viel Kritik für die Initiatorin.

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Was sind „Lazy Girl Jobs“?

Hohe Bezahlung, wenig zu tun und viele Pausen. Idealerweise Homeoffice. Ein einfacher, aber gut bezahlter Job mit entspannten Vorgesetzten und viel Flexibilität klingt zu gut, um wahr zu sein. Wer sagt dazu schon nein? In den USA schließen sich einige junge Menschen dem Trend des „Lazy Girl Jobs“ (#lazygirljobs) an und demonstrieren online stolz, wie sie Beruf und Privatleben unkompliziert unter einen Hut bringen, weil sie endlich den perfekten Job gefunden haben.

Die Bezeichnung „Lazy Girl Jobs“ führt in die Irre, das aber bewusst, so TikTokerin Gabrielle_Judge. Denn es handle sich beim Titel um Marketing, um auf das für sie wichtige Thema aufmerksam zu machen, sagt die Userin, die den Trend ins Leben gerufen haben soll. Gemeint seien damit keine „faulen Mädchenjobs“ oder dass Frauen grundsätzlich träge wären. Ihr ginge es um das Gegenteil zur weit verbreiteten Hustle-Kultur, betont Judge. Auch Männer könnten demnach einen lazy job machen, doch sie könne als Frau nur über Erfahrungen aus weiblicher Sicht sprechen.

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Ein „fauler Job“ soll je nach Auslegung folgende Kriterien erfüllen:

  • jährliches Einkommen von 60.000 bis 80.000 US-Dollar
  • entspannter Chef
  • viel Flexibilität
  • die Möglichkeit, remote zu arbeiten
  • Dienst nach Vorschrift
  • geregelte Arbeitszeiten und pünktlich Feierabend

Als Beispiel werden einfach auszuführende Büro- und Verwaltungsjobs genannt, die in der Regel auch von Zuhause aus erledigt werden können und so eine Homeoffice-Möglichkeit bieten.

Was ist problematisch an Lazy Girl Jobs?

Zusammenfassend bedeutet es, dass ein solcher Job mit minimalem Aufwand einen guten Verdienst einbringen soll. Er soll wenig herausfordernd und damit auch nicht überfordernd sein, was aber heißt, dass es möglicherweise zu Unterforderung kommt. Kritik erntet Judge deshalb nicht nur für den Ausdruck, der Frauen gegenüber diskriminierend wirkt, wie einige User in den sozialen Netzwerken kommentieren. Es sei auch ein Aufruf, sich bewusst eine langweilige Stelle zu suchen, was bedeute, wenig Sinnhaftigkeit und Arbeitsmoral im Leben erleben zu wollen.

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Gaby Wasensteiner, LinkedIn-Karriere-Expertin, verweist auf Umfragen, die belegen, dass die meisten jungen Leute sich gar keinen Faulenzer-Job wünschen, sondern bereit sind, sich ins Zeug zu legen, wenn die Bedingungen stimmen. Somit zeichnet der Trend Lazy Girl Jobs pauschal das Bild einer vermeintlich faulen Generation.

Doch die Meinungen sind geteilt. Einige Experten sind davon überzeugt, dass junge Menschen schwächer oder verzogener sind als andere Generationen, so zum Beispiel auch Wirtschaftswissenschaftlerin Suzy Welch. Junge Menschen seien aufgrund einer überbehüteten Kindheit nicht mehr in der Lage, so Welch, sich Problemen und Herausforderungen stellen zu können. Ihre Vermutung: Der Trend hänge nicht unbedingt damit zusammen, dass die Jüngeren faul seien, sondern damit, Dinge, die Auslöser für Ängste sein könnten, schlichtweg zu vermeiden – weil der Umgang damit nicht gelinge.

Ein Protest gegen die Hustle Culture

Befürworter zeigen sich begeistert vom neuen Trend und es ist die Rede von einem Protest gegen die bisher vorherrschende Hustle Culture. Stress, Burnout und Leistungsdruck sind nicht nur in den Staaten allgegenwärtig, sondern führen überall zu überarbeiteten, kranken Mitarbeitern. Problematisch ist aber auch hier wieder, dass die eine Extreme durch die andere ersetzt werden soll. Man könnte sagen: Es fehlt die Balance; eine Ausgeglichenheit, die weder ein zu hartes Arbeiten noch Unterforderung bedeutet.

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TikTokerin spricht Warnung aus: Arbeitgeber könnten Kündigung aussprechen

Arbeitgeber hätten mittlerweile Wind davon bekommen, dass ein solcher Trend die Runde macht. In ihren Posts warnt TikTokerin Judge ihre Follower, vorsichtig zu sein. Einige Beschäftigte hätten bereits ihre Stellen verloren, weil diese ihren eigenen Job als lazy beschrieben und einen dazugehörigen Post erstellt hätten, der die Aufmerksamkeit ihrer Arbeitgeber erregte. Man solle aufpassen.

Ein recht durchschaubares Unterfangen, um nicht nur ihre Fans zu schützen, sondern auch sich selbst, zumal Judge stolz ihr eigenes Online-Programm vermarktet und zeigt, wie junge Leute an sogenannte lazy jobs kommen, etwa mit der Hilfe von KI-Tools. Ob Marketing oder echte Überzeugung, die junge Frau trifft den Nerv der Zeit. Denn der Trend vereint oder wiederholt mehrere Entwicklungen der letzten Monate und Jahre, zu denen beispielsweise das Quiet Quitting, aber auch die Great Resignation zählen.

Unterforderung kann krank machen

So verführerisch das Konzept auch klingen mag, es besteht die Gefahr des Boreouts. Wer lediglich Stunden absitzt, gelegentlich eine E-Mail verschickt und viele Pausen einlegt, könnte sich schnell langweilen und unterfordert sein. Obwohl man zunächst annehmen könnte, dass das Ausbleiben von Stress ein gutes Zeichen ist, ist dem nicht unbedingt so. Folgende Gefühle könnten sich nun einstellen und im schlimmsten Fall sogar zu einer seelischen Erkrankung (Boreout-Syndrom) führen:

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Herausforderung: Nicht jeder kommt an einen Lazy Girl Job

Weitere Kritik erntet die TikTokerin dafür, dass das Konzept sich ausschließlich an eine bestimmte Frauengruppe richtet, weil nicht jeder an einen solch lukrativen Job kommen könne, der gut bezahlt und zugleich flexibel sei. Es seien Jobs für Privilegierte. So heißt es zum Beispiel, dass oft ein Uni-Abschluss Voraussetzung sei – und das kann nicht jeder, der sich für einen solchen Lebensstil und Posten interessiert, nachweisen. Ohne Abschluss oder Ausbildung landen viele Frauen und Mütter häufiger in einem Arbeitsverhältnis mit schlechten Verdienstaussichten und weniger Flexibilität.

Die Kritik tut Judge mit weiteren Statement-Videos ab: Wenn andere sich aufregen, dass sie Frauen beibringe, wie man mit wenig Aufwand Geld verdiene, sei dies lediglich eine Bestätigung, dass der Trend Lazy Girl Jobs funktioniere.

Bild: Unsplash+/Getty Images

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Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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