Zu lange Arbeitswochen tun unserem Gehirn gar nicht gut – das haben Forscher der University of Melbourne herausgefunden. Doch wie viele Stunden Arbeit pro Woche sind noch ok?

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Denkfähigkeit, Probleme lösen, aufmerksam bleiben, kreativ sein: Schon im Kindesalter beginnen wir, kognitive Fähigkeiten zu entwickeln. Wird unsere Gehirnleistung beeinträchtigt, leiden wir unter Konzentrationsproblemen, Sprachstörungen oder gar unter Gedächtnisverlust im Zusammenhang mit einer Demenz. Dass zu lange Arbeitswochen unserem Gehirn schaden können, zumindest wenn wir schon über 40 Jahre alt sind, haben Wissenschaftler der University of Melbourne in einer Untersuchung belegt.

Oft hören wir, dass es schädlich für unser Gehirn sei, wenn wir gar keiner Beschäftigung nachgingen. Colin McKenzie gehört zu den australischen Studienautoren und erklärt: Es sei schlimmer für unser Gehirn, wenn wir es mit der Arbeit übertreiben – anstatt gänzlich darauf zu verzichten. Der Forscher geht außerdem davon aus, dass das Alter eine Rolle spielt, weshalb Menschen, die noch keine 40 sind, auch belastbarer seien. Je älter wir werden, desto wichtiger ist es deshalb, rücksichtsvoller mit unseren körperlichen Ressourcen umzugehen, um unsere geistige Leistungsfähigkeit zu erhalten. Doch einfach ist diese Aufgabe mit einem Vollzeitjob keinesfalls.

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Arbeiten wir zu viel?

Eine besonders schwer zu verdauende Erkenntnis für Arbeitnehmer dürfte sein, dass Teilnehmer des Experiments, die eine Wochenarbeitszeit von 55 Stunden gestemmt hatten, in den Intelligenztests im Vergleich schlecht abschnitten – denn diejenigen, die arbeitslos sind oder sich bereits in ihrer Rente befinden, konnten bessere Ergebnisse erzielen. Zugegeben: Nicht jeder muss wirklich 55 Stunden arbeiten. Schalten wir aber beispielsweise am Wochenende nicht ab und gehen einer arbeitsähnlichen Tätigkeit nach, kann man diese Stunden ebenfalls zählen.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) sei die Arbeitszeit seit dem Jahr 1991 zwar rückläufig, aber im Jahr 2021 hätten Vollzeitbeschäftigte dennoch um die 41 Stunden pro Woche gearbeitet. Werfen wir einen Blick auf die skandinavischen Länder, fällt auf, dass beispielsweise Schweden versucht, bessere Lösungen zu finden – etwa eine 30-Stunden-Woche. Experimente waren bereits erfolgreich und einige Unternehmen haben sich dazu entschieden, ihre Arbeitnehmer lediglich 6 Stunden pro Tag arbeiten zu lassen.

In Deutschland häufen sich die Krankmeldungen wegen psychischer Belastung, was ein Indikator dafür ist, dass hierzulande zu viel gearbeitet wird. Oder anders gesagt: Die Bedingungen, unter der Arbeitnehmer ihren Job erledigen müssen, führen regelmäßig zu einer hohen Überlastung. Dass kognitive Fähigkeiten negativ beeinflusst werden, ist auch für Arbeitgeber keine gute Nachricht. Denn: Konzentration, Aufmerksamkeit und damit auch die Produktivität leiden.

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25 Stunden pro Arbeitswoche sind okay – danach wird es kritisch

Dabei ist Arbeiten eigentlich sogar etwas, was uns geistig fit hält – laut Untersuchung der Forscher aber eben nur bis zu einem gewissen Grad. Bis zu 25 Stunden können wir demnach pro Woche arbeiten, um Höchstleistungen zu erreichen, aufmerksam zu bleiben und das Gehirn zu fördern.

Die australischen Wissenschaftler konnten beobachten, dass es danach aufgrund von Stress und Ermüdung zu einer Abnahme von Konzentration, Arbeitsfähigkeit und Leistung kam. McKenzie betont, dass es deshalb empfehlenswert sei, beispielsweise einer Teilzeittätigkeit nachzugehen, um kognitive Fähigkeiten nicht zu beeinträchtigen.

Für viele Arbeitnehmer reicht eine solche Beschäftigung jedoch nicht aus, um die Existenz ausreichend zu sichern – denn das Geld ist zu knapp. Auf Kosten der geistigen Gesundheit arbeiten wir deshalb oft viel mehr und viel länger, als wir sollten.

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Tipps: So kannst du dein Gehirn stärken und fördern

Trotz oder gerade aufgrund eines hohen Arbeitspensums und langen Arbeitswochen ist es wichtig, unser Gehirn aktiv zu stärken, damit wir auch mit 40, 60 oder 75 Jahren in der Lage sind, möglichst gesund und fit zu leben. Hier kommen unsere Tipps für dich, um deine geistige Leistungsfähigkeit zu fördern.

Tipp #1: Verbessere deinen Schlaf

Täglich verarbeitet unser Gehirn Informationen, Eindrücke und Bilder im Wachzustand. Deshalb ist ein guter Schlaf so wichtig. Denn während der Nachtruhe verarbeiten wir diese neuen Informationen. Das neuronale Netzwerk wird jetzt regeneriert. Wer unter Schlafproblemen leidet, muss damit rechnen, dass das Hirn die neuen Gedächtnisinhalte aber nicht korrekt abspeichern kann.

Wie du deinen Schlaf verbessern kannst:

  • Erschaffe dir einen ruhigen, sauberen Schlafplatz.
  • Lüfte deinen Schlafraum und dunkle diesen ab, bevor du dich hinlegst.
  • Grelles Licht kann uns vom Einschlafen abhalten. Lege dein Smartphone weg.
  • Powere dich körperlich aus, wenn du am Abend schlecht schläfst.
  • Genieße leichte Mahlzeiten vor dem Schlafen und verzichte auf fettiges, schweres Essen.

Übrigens: Ausreichend Schlaf wirkt sich nicht nur positiv auf deine geistige Leistungsfähigkeit aus. Er hilft uns auch dabei, unsere Immunabwehr zu stärken, Wachstumshormone auszuschütten und unsere Energiespeicher aufzufüllen.

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Tipp #2: Achte auf deine mentale Gesundheit

Psychische Erkrankungen, zu denen zum Beispiel die Depression gehört, können unsere geistige Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Bereits die einfachsten Dinge fallen dann schwer: Wir können uns schlechter konzentrieren und beginnen, Dinge zu vergessen. Betroffene leiden darunter, sich nicht entscheiden zu können, wenn es beispielsweise um die Auswahl der Kleidung oder des Frühstücks geht. Weil kleine Entscheidungen schon eine Herausforderung für unser Gehirn darstellen, sind größere Entscheidung kaum möglich.

Umso bedeutender ist es, dass du deiner mentalen Gesundheit Beachtung schenkst. Sie ist wichtig und Voraussetzung für Arbeitsfähigkeit – denn andernfalls sind wir wegen der kognitiven und psychischen Beeinträchtigungen nicht in der Lage, einem geregeltem Job nachzugehen. Deshalb:

  • Baue dir tägliche Routinen ein, um einen Tagesablauf zu haben.
  • Suche dir Gesprächspartner, um regelmäßig über deine Gefühle zu sprechen.
  • Verdränge deine Probleme nicht – auch wenn der Zustand schmerzt.
  • Setze Grenzen – du musst dich dafür nicht schuldig fühlen.

Tipp #3: Baue Sport und Bewegung in deinen Alltag ein

Wer regelmäßig Sport treibt und sich bewegt, tut nicht nur etwas Gutes für den Körper. Längst ist erwiesen, dass Sport sogar unsere kognitiven Fähigkeiten positiv beeinflusst, indem dieser beispielsweise dazu beiträgt, dass neue Synapsen gebildet werden. Bestehende Fähigkeiten werden gestärkt. Es lohnt sich also, den einen oder anderem Meter zu laufen, die Muskeln zu trainieren oder regelmäßig Spazieren zu gehen und so den Körper etwas auszupowern.

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Übertreiben sollten wir es als Anfänger aber nicht. Moderate Trainingseinheiten genügen am Anfang, um sich langsam zu steigern – denn alles andere führt eher dazu, schnell zu ermüden, sich zu verletzen oder Schmerzen zu erleiden.

Tipp #4: Entspanne dich regelmäßig

Dein Gehirn benötigt Ruhe und Zeit für den Regenerationsprozess nach einer langen, stressigen Arbeitswoche. Wichtig ist hier aber, dass du dich auch schon während der Arbeitswoche entspannst – und nicht wartest, bis du komplett ausgebrannt bist. Achte deshalb darauf, es mit Überstunden nicht zu übertreiben. Suche dir außerdem Aktivitäten, bei denen du entspannen kannst:

  • Gehe eine Runde gemächlich schwimmen oder gönne dir ein heißes Bad.
  • Tanke Kraft an der frischen Luft.
  • Höre Entspannungsmusik.
  • Schließe die Augen und führe Atemübungen durch.

Wichtig: Wenn du viel arbeitest, wird es höchste Zeit, über eine gesunde Work-Life-Balance nachzudenken. Pausen und Erholungszeiten sind wichtig, um noch viele weitere Jahre arbeiten zu können, Freude am Job zu empfinden und nicht auszubrennen. Sind körperliche und psychische Ressourcen dauerhaft überlastet, reichen kleine Pausen oft nicht mehr aus. Viele Arbeitnehmer sind deshalb aktiv auf der Suche nach Arbeitgebern mit realistischen Erwartungen, Gesundheitsangeboten und einer menschenzentrierten Arbeitskultur.

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Bildnachweis: Foto von Anna Shvets/Pexels.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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