Arbeitnehmern stockt der Atem, wenn eine Lohn- oder Gehaltskürzung angekündigt wird. Wann eine Kürzung des Gehalts rechtens ist und was Beschäftigte zu beachten haben.

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Darf mein Arbeitgeber Lohn- und Gehaltskürzungen vornehmen?

Angestellte eines Unternehmens sind bei ihrer Lohn- und Gehaltszahlung nicht der Willkür eines Arbeitgebers ausgesetzt. Dieser ist vertraglich dazu verpflichtet, dir das volle Arbeitsentgelt zu zahlen. Es gibt aber Ausnahmen. Unter Umständen ist eine Lohn- oder Gehaltskürzung durchsetzbar und auch rechtens. Damit dies nicht nach Belieben erfolgt, sollten Beschäftigte ihre eigenen Rechte und Pflichten kennen.

Gut zu wissen: Falls ein Betriebsrat existiert, muss dieser in der Regel beteiligt werden, wenn Arbeitgeber den Lohn oder das Gehalt von Beschäftigten kürzen wollen.

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Ist ein Lohnabzug erlaubt, wenn ich krank bin?

Wer trotz Krankheit freiwillig auf der Büromatte steht, zeigt Präsentismus – ein Phänomen, welches unter Beschäftigten keine Seltenheit ist, weil sie von Schuldgefühlen geplagt werden oder berufliche Nachteile erwarten, wenn sie krankgeschrieben von der Arbeit fernbleiben. Eine Kürzung des Arbeitsentgelts müssen sie aber nicht befürchten, denn Arbeitgeber sind per Gesetz zur Entgeltfortzahlung verpflichtet. Auch bei einer Erkrankung, die mehr als nur wenige Tage andauert, müssen unverschuldet kranke Beschäftigte nicht um ihren Lohn bangen, weil der Arbeitgeber nach wie vor zahlt. Nach sechs Wochen übernimmt die Krankenkasse.

Eine Ausnahme stellen sogenannte Sondervergütungen dar (§ 4a Entgeltfortzahlungsgesetz). Falls dein Arbeitgeber nicht nur dein dir regulär zustehendes Arbeitsentgelt, sondern unregelmäßige finanzielle Leistungen zahlt, etwa das 13. Monatsgehalt, Boni, Weihnachtsgeld oder Gratifikationen zum betrieblichen Jubiläum, darf dieser etwas davon kürzen, wenn du krankgeschrieben bist. Dein Grundlohn bleibt unberührt.

Kann mein Gehalt aus betrieblichen Gründen gekürzt werden?

Wenn es der Firma wirtschaftlich nicht gut geht, muss dein mit dem Arbeitgeber vereinbartes Arbeitsentgelt dennoch geschützt werden. Das bedeutet, dass auch in schwierigen Situationen, etwa beim Rückgang von Umsatzzahlen, Löhne und Gehälter nicht einseitig kürzbar sind.

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Anders sieht es aus, wenn ein Betrieb in Not gerät und etwa die Existenz auf dem Spiel steht. In solchen Fällen wird ein Arbeitgeber Lohnkürzungen für die gesamte Belegschaft ankündigen, benötigt aber auch die Zustimmung seiner Mitarbeiter. Es kann sich um eine vorübergehende Lösung handeln. Zu den gängigsten Maßnahmen zählt etwa die Kurzarbeit.

Falls es zu keiner Einigung kommt, bleibt oft nur der Weg der Trennung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sodass in der Praxis einer Arbeitsentgeltkürzung in solchen Ausnahmesituationen oft zugestimmt wird, auch wenn Beschäftigte nun Abstriche machen müssen. Eine Lohn- oder Gehaltskürzung ist hier oft die im Vergleich glimpfliche Lösung, da Arbeitnehmer ihren Job behalten.

Sind Kürzungen bei leistungsabhängigem Lohn rechtens?

Ein von der Leistung abhängiges Entgelt, welches oft zusätzlich zum Grundlohn bezahlt wird, darf durchaus gekürzt werden, wenn Arbeitnehmer vertraglich vereinbarte Leistungen nicht erbringen können. Bei einem solchen Modell existieren oft Lohnbestandteile, die von vorher festgelegten Zielen abhängen. Diese können also entfallen, sofern ein Mitarbeiter die Ziele nicht erreicht und es sich um eine Regelung handelt, welcher dieser zuvor zugestimmt hat, indem ein Vertrag unterschrieben worden ist.

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Was ist möglich bei Schäden, die ein Arbeitnehmer verantwortet?

Eine sogenannte Aufrechnung werden Arbeitgeber manchmal durchführen, wenn Beschäftigte schuld an einem Schaden sind und dadurch ein Zahlungsanspruch entsteht. Dabei muss es sich in der Regel um einen Schaden handeln, der vorsätzlich oder mindestens fahrlässig entstanden ist. Eine Aufrechnung mit dem Schadenswert bedeutet dann, dass Lohn oder Gehalt um den entsprechenden Wert gekürzt werden.

In der Praxis passieren auf Arbeitgeberseite manchmal Fehler bei der Aufrechnung, sodass es nicht selten zu einem gerichtlichen Streitfall kommt. Arbeitnehmer, die einen Schaden verursachen, sollten deshalb nicht zögern, sich rechtzeitig um Hilfe zu kümmern, um die Kürzungen prüfen zu lassen.

Lohn- und Gehaltskürzung bei Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten

Du hast Privates zu erledigen oder entscheidest dich eigenständig, den Job für eine Weile links liegenzulassen, weil der Chef so locker ist? Vorsicht: Lohn oder Gehalt erhalten Arbeitnehmer eines Unternehmens nur als Gegenleistung für ihre Tätigkeit, die sie im Rahmen des Arbeitsvertrages erbringen. Wenn sie diese also absichtlich unterlassen, verletzen sie ihre Pflichten als Arbeitnehmer. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Beschäftigte – unentschuldigt, etwa ohne Krankmeldung – nicht zur Arbeit kommen. Wer sein volles Gehalt oder seinen kompletten Lohn auf dem Konto sehen will, sollte seinen Job deshalb ordnungsgemäß erledigen.

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Führen Minusstunden zu einer Lohn- oder Gehaltskürzung?

Minusstunden gleichst du üblicherweise so aus, dass du die Stunden später – im vertraglich vereinbarten Rahmen – nachholst. Die Regelungen können von Firma zu Firma variieren. Was sich oft nicht unterscheidet, ist aber die Regel, dass Lohn oder Gehalt sich schmälern, sofern die vereinbarten Arbeitsstunden nicht nachgearbeitet werden. Dann muss dein Arbeitgeber die nicht erbrachte Arbeitsleistung streng genommen nicht vergüten.

Tipp: Dies sollte auch beachtet werden, wenn du gekündigt hast oder vom Arbeitgeber gekündigt worden bist. Falls Minusstunden existieren, empfiehlt sich das rasche Nacharbeiten, bevor dein Vertrag beendet ist – denn nur auf diese Weise stellst du sicher, dass du dein vollständiges Arbeitsentgelt erhältst.

Arbeitgeber können Änderungskündigung anstreben, um Arbeitsentgelt zu kürzen

Weil Arbeitgeber nicht einseitig oder willkürlich über vertraglich vereinbarte Zahlungen bestimmen können, entscheiden sie sich manchmal dafür, ihren Beschäftigten eine Änderungskündigung anzubieten: Sie kündigen ihnen, bieten aber die Chance, das Arbeitsverhältnis mit einem neuen (veränderten) Arbeitsvertrag fortzusetzen – denn einzelne Bestandteile deines Arbeitsvertrages können Arbeitgeber, auch wenn sie es sich wünschen oder eigentlich aus wirtschaftlicher Sicht nicht anders können, nicht ohne Weiteres kündigen.

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Zumeist wird es sich praktisch um einen Arbeitsvertrag mit schlechteren Konditionen handeln, weil hier beispielsweise eine Lohnkürzung erreicht werden sollte. Wenn gekündigte Arbeitnehmer dem Vertrag nicht zustimmen, bedeutet dies automatisch, dass sie keinen Arbeitsplatz mehr beim entsprechenden Arbeitgeber haben. Stimmen sie zu, werden sie unter veränderten Bedingungen weiterhin beschäftigt.

Was können Arbeitnehmer gegen eine Lohnkürzung unternehmen?

Zunächst solltest du sicherstellen, dass dein Arbeitgeber dein Arbeitsentgelt nicht willkürlich kürzen möchte. Grundsätzlich bedürfen Änderungen im Arbeitsvertrag deiner eigenen Zustimmung als Arbeitnehmer. Falls es dennoch passiert, kannst du rechtlich dagegen vorgehen, denn das beliebige Einbehalten oder das eigenmächtige Kürzen deines dir zustehenden Entgeltes ist nicht erlaubt, wenn du deine vertraglichen Pflichten erfüllst.

Ob bei unentschuldigtem Fehlen, einem Schaden oder bei betrieblicher Not: In Ausnahmefällen kann dein Arbeitgeber Kürzungen vornehmen. Ob diese wirksam und begründet sind, sollten Arbeitnehmer im Zweifelsfall vom Anwalt ihres Vertrauens prüfen lassen. Denn nicht jede Kürzung ist rechtens oder muss automatisch hingenommen werden.

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Falls Arbeitgeber tatsächlich Gehalt oder Lohn kürzen wollen, gilt zunächst außerdem, eine einvernehmliche Lösung mit ihnen zu finden. Manchmal können Missverständnisse auf diese Weise beseitigt werden. Aber nicht immer ist dies der Fall, sodass Beschäftigte in Situationen, die nicht eindeutig sind, auf Hilfe angewiesen sind.

Zusammenfassend heißt das: Einfach so dein Arbeitsentgelt kürzen – das kann dein Arbeitgeber nicht. Vor allem darf die Kürzung nicht willkürlich oder ohne deine Zustimmung erfolgen. Liegt aber eine der oben genannten Fälle vor, etwa eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung, kann es unter den Umständen dazu kommen, dass am Ende des Monats weniger auf deinem Gehaltszettel steht.

Bild: BreakingTheWalls/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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