Sich eben ein Gläschen mit dem Kollegen genehmigen? Kein Problem. Alkohol aus arbeitsrechtlicher Sicht und Tücken, die lauern.

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Ist Alkohol im Job in Deutschland verboten?

Einen über den Durst trinken, dem Kollegen die Bierfahne ins Gesicht hauchen, dem Chef betrunken die Meinung geigen – alles eher weniger berauschend. Um solchen Situationen vorzubeugen und die Sicherheit von Beschäftigten zu gewährleisten, könnte man meinen, dass Alkohol am Arbeitsplatz und während der Arbeitszeit grundsätzlich verboten ist. Dem ist nicht so.

Nach Angaben der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS) konsumierten „zehn Prozent der Mitarbeitenden riskant“ und Probleme mit Alkohol seien ein häufiger Grund für fehlende Mitarbeiter, Leistungseinbußen und auch für Arbeitsunfälle, heißt es weiter.

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Auch wenn es den einen oder anderen überrascht oder gar schockiert: In Deutschland existiert keine gesetzliche Regelung, die Beschäftigten ein Alkoholverbot am Arbeitsplatz aufbrummt. Gegen ein Bier in der Mittagspause spricht aus rechtlicher Sicht zunächst nichts. Selbst im Staatsdienst dürfte ein Bier in der Mittagspause demnach kein Problem darstellen. Wollen wir uns nicht gerade volllaufen lassen, ist es demnach möglich, sich das eine oder andere Gläschen zu gönnen, etwa beim gemeinsamen Essen mit Kollegen oder wenn Teammitglieder auf ihren Geburtstag anstoßen.

Achtung: Trotzdem darf Alkohol am Arbeitsplatz nicht unterschätzt werden und kann bei regelmäßigem Konsum zu einer Abhängigkeit sowie zur Eigen- und Fremdgefährdung führen, wenn der Pegel steigt. Die Trinkgewohnheiten vieler Menschen hätten sich ohnehin während der Pandemie verschlechtert, so die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

Ausnahme: Für diese Berufe gilt eine strikte 0-Promille-Grenze

Ob Linienbusfahrer oder Reisebusfahrer: Wer als Busfahrer beruflich im Straßenverkehr unterwegs ist oder seine Dienstzeit antritt, muss sich an ein striktes Alkoholverbot halten. Auch Taxifahrern ist es per Gesetz strengstens untersagt, vor oder während der Arbeit Alkohol zu konsumieren, denn sie könnten nicht nur sich selbst, sondern auch Fahrgäste sowie andere Straßenverkehrsteilnehmer ernsthaft gefährden.

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Toleranz gibt es keine, denn es gilt die Null-Promille-Grenze. Beschäftigte, die sich nicht an das Verbot halten, werden für eine Ordnungswidrigkeit belangt. Es droht hohes Bußgeld, welches bis zu 10.000 Euro betragen kann.

Kann man Beschäftigten das Trinken am Arbeitsplatz grundsätzlich verbieten?

Ein Bier in der Mittagspause ist also für alle, die keine Personen in öffentlichen Verkehrsmitteln von A nach B befördern, durchaus drin. Trotzdem ist der Alkoholkonsum am Arbeitsplatz nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Deshalb können Arbeitgeber das Trinken am Arbeitsplatz vertraglich untersagen. So kann es zu einer Regelung im Arbeitsvertrag kommen und auch in Betriebsvereinbarungen kann der Genuss von Alkohol verboten werden.

Das bedeutet: Obwohl der Gesetzgeber streng genommen kein Verbot ausspricht, können es Unternehmen dennoch tun. Mit einem Verbot schützen Arbeitgeber nicht nur ihre Beschäftigten, sondern auch sich selbst. Denn Arbeitgeber unterstehen grundsätzlich ihrer Fürsorgepflicht, die zum Beispiel dazu führt, dass der Chef alkoholisierten Mitarbeitern untersagt, ihrer Tätigkeit weiterhin nachzugehen. Bekäme der Arbeitgeber Wind davon und ließe dieser den entsprechenden Mitarbeiter dennoch seine Arbeit ausführen, käme es zu einem Verstoß der Fürsorgepflicht.

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Ist Alkohol am Arbeitsplatz ein Kündigungsgrund?

Wenn im Unternehmen ein Alkoholverbot herrscht, welches der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag festgelegt hat, kann der Genuss von Alkohol zunächst zu einer Abmahnung und dann zu einer Kündigung führen, sofern der abgemahnte Arbeitnehmer noch einmal gegen das Verbot verstößt.

Ist der Konsum von Alkohol vertraglich nicht eindeutig geregelt, gilt in jedem Fall, dass Arbeitgeber eine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers beweisen müssen, wenn dieser wegen Alkoholmissbrauchs nicht richtig arbeiten kann. Das bedeutet zum Beispiel für eine verhaltensbedingte Kündigung:

  • Der Arbeitnehmer zeigt ein schlechtes Reaktionsvermögen.
  • Die Leistung des Arbeitnehmers verschlechtert sich sichtlich.
  • Der Arbeitnehmer ist nicht in der Lage, seinen Job auszuführen.

Können alkoholkranke Mitarbeiter gekündigt werden?

Dann und wann ein Schluck Alkohol – grundsätzlich kein Problem. Und auch kein Grund, einem Arbeitnehmer zu kündigen, sofern keine Pflichtverletzung nachweisbar ist.

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Schwieriger wird es, wenn nicht nur ein gelegentlicher Alkoholmissbrauch, sondern eine ernsthafte Alkoholsucht vorliegt. Denn bei einer Sucht handelt es sich offiziell um eine Erkrankung, die Arbeitnehmer nicht willentlich steuern können. Die Alkoholabhängigkeit ist deshalb kein ausreichender Grund, um einen Mitarbeiter zu kündigen, kann aber, wenn keine Bereitschaft für eine Therapie vorliegt, eine personenbedingte Kündigung rechtfertigen.

Bei einer Alkoholsucht sollten Arbeitgeber ihren Mitarbeitern deshalb zunächst die Chance einräumen, ihre Krankheit therapieren zu lassen. Dennoch kann es vermehrt zu krankheitsbedingten Fehlzeiten kommen, was für eine negative Gesundheitsprognose spricht. Höhere Fehlzeiten können aus rechtlicher Sicht betriebliche Interessen beeinträchtigen. Auch das muss ein Arbeitgeber darlegen können, um schließlich eine Kündigung zu rechtfertigen.

Laut DHS: Arbeitgeber sollten folgende Fehler unbedingt vermeiden

Um Sicherheit und Gesundheit gewährleisten zu können, sind Führungskräfte dazu verpflichtet, Alkoholmissbrauch und Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Alkoholkonsum im Betrieb zu thematisieren. Wohlwollende Ratschläge oder eine direkte Konfrontation sind jedoch schwierig.

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Laut DHS sei es dennoch wichtig, dass Führungskräfte keine Unterlassungshaltung zeigen, sondern das Thema aktiv angehen, um ernsthafte Folgen zu verhindern. Dabei sollten Chefs folgende Fehler vermeiden:

1. Keine Panikmache

Keinesfalls sollte eine Führungskraft angesichts der ernsten Lage selbst in Panik verfallen und/oder dem Arbeitnehmer Panik und Angst vermitteln. Wichtig sei es demnach, so sachlich wie möglich über eigene Beobachtungen zu sprechen, heißt es weiter. Hierbei sei es von großer Bedeutung, stets einen Bezug zur Arbeit herzustellen.

2. Falsches Timing verhindern

Es sei kein guter Zeitpunkt, ein Alkoholproblem kurz vor Arbeitsende anzusprechen, denn es sei sicherzustellen, dass der Betroffene einen Zusammenhang zu seinem Job herstellen könne, um die Wichtigkeit zu betonen. Auch ein Gespräch vor dem Wochenende sei deshalb nicht sinnvoll. Hilfreich kann es sein, wenn Arbeitgeber oder Chefs sich einen ruhigen Moment im Arbeitsalltag suchen und für eine private Atmosphäre sorgen, um ein solch heikles Thema anzusprechen.

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3. Wegschauen? Auf keinen Fall

Wer sich hilflos oder gar überfordert fühlt, neigt vielleicht dazu, ein Alkoholproblem, welches bei Mitarbeitern beobachtet wird, zu verheimlichen oder so zu tun, als existiere es gar nicht. Ein wissentliches Wegschauen kann aber nicht nur gegen die Fürsorgepflicht verstoßen, sondern ein problematisches Verhalten auch fördern. Daher ist es wichtig, Führungskräfte entsprechend zu schulen, damit diese kompetent reagieren können.

4. Belehrungen lieber unterlassen

Medizinische Tipps, Belehrungen und Ratschläge können bei Mitarbeitern mit problematischem Alkoholkonsum dazu führen, sich zurückzuziehen. Auch wenn das Verhalten aufgrund von Sicherheitsbedenken nicht tolerierbar ist, liegt vor allem bei einer Erkrankung keine Schuld, sondern eine Sucht vor. Verständnis, Einfühlungsvermögen sowie ein offenes Ohr sind zumeist eher gefragt, um eine gemeinsame Lösung zu finden und auf ein Ziel hinzuarbeiten.

5. Medizinische Diagnosen nicht selbstständig stellen

Ob Kollegen, Chefs oder Mitarbeiter aus der Personalabteilung: Niemand sei qualifiziert, eine medizinische Diagnose zu stellen, so die DSH. Es müsse sich um medizinische Fachkräfte und Ärzte handeln, die eine Alkoholabhängigkeit feststellen können.

Führungskräften wird deshalb empfohlen, keine eigenständigen medizinischen Diagnosen vorzunehmen, sondern sich auf die Ansprache der Sorge, auf mögliche Folgen und auf Hilfsangebote zu fokussieren.

Bild: Foto von Fábio Alves/Unsplash

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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