Trotz der erhabenen Position von Führungskräften: Das Chef-Sein bedeutet nicht, sich bei Mitarbeitern alles erlauben zu können.

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Was darf mein Chef?

Dein Chef darf aus arbeitsrechtlicher Sicht alles, was in deinem Vertrag steht: Gegen eine Bezahlung stellst du dich als Arbeitskraft zur Verfügung. Deine Vorgesetzten verlangen deshalb von dir, dass du deinen Job erfüllst. Doch einige Führungskräfte nutzen ihre Machtposition, um Druck auszuüben oder Dinge von dir zu verlangen, die du nicht tun musst.

Lass dich keinesfalls einschüchtern: Auch wenn du auf deinen Job angewiesen bist, bedeutet dies nicht, dass du außervertragliche Punkte erfüllen musst, die gegen das Arbeitsgesetz verstoßen. Fachanwalt für Arbeitsrecht, Dr. Heiko Reiter von Grundwerk Legal, verweist in diesem Zusammenhang beispielsweise auf das Weisungsrecht deines Arbeitgebers. Zwar kann dieser dir demnach einige Vorgaben machen, um die Arbeitsqualität sicherzustellen. Trotzdem musst du – auch wenn dein Boss es verlangt – niemals gegen die Gesetzgebung verstoßen, weil diese eine größere Gewichtung als das Weisungsrecht deines Arbeitgebers hat.

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Ergo: Ob Arbeitgeber oder leitende Führungskraft, das, was sittenwidrig oder gesetzlich verboten ist, musst du keinesfalls machen.

Was darf mein Chef nicht?

Was Chefs dürfen und was nicht, verunsichert zahlreiche Arbeitnehmer. Wir konkretisieren, was dein Boss auf keinen Fall von dir verlangen darf. Aufgepasst – hier kommen die wichtigsten Punkte.

1. Dein Boss darf nicht verlangen, dass du trotz Erkrankung arbeitest

Das Arbeitshandy klingelt, obwohl du eine Krankschreibung eingereicht hast? Grundsätzlich dürfen dich deine Vorgesetzten auch im Krankheitsfall kontaktieren, sofern nur du über spezifische Informationen verfügst, die für die Arbeit wichtig sind.

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Krank zur Arbeit musst du aber nicht erscheinen: Dein Chef darf dich keinesfalls unter Druck setzen oder dir gar mit einer Kündigung drohen, wenn du bis zu einem bestimmten Datum nicht wieder auf die Beine kommst und eine Krankschreibung vorlegen kannst. Auch dienstliche Mails musst du nicht beantworten, wenn du – wie oben geschildert – nicht die einzige Person im Unternehmen bist, die in solchen Fällen mit spezifischen Informationen helfen kann.

Übrigens: Gleiches gilt für die Arbeit im Homeoffice. Wenn du ein ärztliches Attest vorlegen kannst, solltest du dich ebenfalls nicht unter Druck setzten lassen, von Zuhause aus deinen Job zu machen, obwohl du krank bist.

Lese-Tipp: Arbeiten trotz Krankschreibung – Erlaubt oder nicht?

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2. Dein Chef kann dir den Toilettengang nicht verbieten

Du darfst das stille Örtchen aufsuchen, ohne befürchten zu müssen, dass dein Boss dir den Toilettengang untersagt. Aus rein rechtlicher Sicht kann dein Chef diese Zeit nicht von deiner Arbeitszeit abziehen. Zudem darf dieser auch nicht bestimmen, wie oft du das Klo besuchst.

Trotzdem: Missbrauchen sollten Arbeitnehmer den Toilettenbesuch dennoch nicht, denn bei berechtigtem Verdacht können Arbeitgeber in schwierigen Fällen dagegen vorgehen. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn du insgesamt mehrere Stunden am Tag auf dem stillen Örtchen verbringst – und das regelmäßig. Dann könnte der Verdacht entstehen, dass du die Arbeit verweigerst und Lohn kassierst.

3. Dein Boss kann dich nicht dazu verdonnern, außerhalb der Arbeitszeit erreichbar zu sein

Du hast Feierabend, aber dein Chef zwingt dich dazu, dienstliche E-Mails und Anrufe während deiner Freizeit zu beantworten? Auch das dürfen Vorgesetzte nicht von dir verlangen. Sofern keine entsprechende Vereinbarung besteht, musst du also nicht reagieren. Dein Smartphone kannst du deshalb getrost ausschalten.

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Eine entsprechende Ruhezeit ist sogar Pflicht (Arbeitszeitgesetz (ArbZG) § 5 Ruhezeit). Bei einem Verstoß besteht die Möglichkeit, die Gesundheit von Arbeitnehmern zu gefährden. Und das kann Konsequenzen haben: Wer gegen die gesetzliche Ruhezeit von insgesamt elf Stunden verstößt, muss mit Strafen rechnen.

Lese-Tipp: Das Recht auf Nicht-Erreichbarkeit: Feierabend heißt Feierabend

4. Dein Chef darf dir deine Pausen nicht nehmen

Das Arbeitszeitgesetz regelt die jedem Arbeitnehmer zustehenden Pausen gesetzlich. Das bedeutet: Nur weil dein Chef es so möchte, kann er dir deine Pausen nicht beliebig verbieten, weil beispielsweise viel zu tun ist. Er ist sogar dazu verpflichtet, Pausenzeiten sicherzustellen. Andernfalls verstößt er gegen das Gesetz und begeht eine Ordnungswidrigkeit. Es ist also nicht nur in deinem Sinne, dich während der Arbeit erholen zu dürfen.

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5. Dein Chef darf dich nicht dazu zwingen, für ihn zu lügen

Den Kunden oder Lieferanten belügen oder Kollegen etwas vortäuschen, weil der Boss dich dazu zwingt? Lügen und Betrügen liegen dicht beieinander und es könnte sich um eine sittenwidrige Handlung oder gar um einen Gesetzesbruch handeln, wenn Führungskräfte von dir verlangen, deinen Kopf für sie hinzuhalten und andere zu belügen. Dein Chef darf dich nicht dazu drängen, für ihn zu lügen – so katastrophal die Konsequenzen auch wären, wenn die Wahrheit ans Licht kommt.

Lese-Tipp: Lügen, Täuschen, Vertuschen: Wie dreist Mitarbeiter wirklich sind

6. Dein Boss kann dich nicht dazu verpflichten, Privates zu erzählen

Wenn du dich mit deinem Chef gut verstehst, plauderst du möglicherweise über die eine oder andere private Angelegenheit mit ihm oder ihr. Das tust du freiwillig – und so soll es auch bleiben. Rein rechtlich kann dein Boss dich nicht dazu verpflichten, Details aus deinem Privatleben preiszugeben, auch wenn du dazu gedrängt wirst.

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7. Dein Boss darf dir deinen Urlaubsanspruch nicht absprechen

Es ist viel los und es fehlt Personal. Du rackerst dich bereits mit Überstunden ab und so geht es vielleicht auch deinen Kollegen. Nun kommt dein Chef auf die Idee, deinen Urlaub einfach zu kürzen oder verlangt von dir, dass du vielleicht sogar gänzlich auf ihn verzichtest?

Das funktioniert nicht. Verweigern darf dein Boss deinen Urlaub, der dir und jedem anderen Arbeitnehmer gesetzlich zusteht, nicht. So praktisch es auch wäre, um das Personaldefizit auszugleichen – dein Urlaubsanspruch bleibt bestehen.

8. Dein Chef darf nicht verlangen, dass du Betriebsmittel selbst finanzierst

Nach § 618 BGB ist es nicht deine eigene Pflicht, sondern die deines Arbeitgebers, alle Betriebsmittel bereitzustellen, welche du für die Ausführung deines Jobs benötigst. Wenn zum Beispiel ein Computer notwendig ist, kann dein Chef nicht verlangen, dass du deine privaten Geräte für die Arbeit nutzt. Gleiches gilt für strikte Kleidervorgaben: Sofern Mitarbeiter einheitliche Dienstkleidung zu tragen haben, darf weder Arbeitgeber noch Führungskraft verlangen, dass du diese aus eigenen Mitteln finanzierst.

Gut zu wissen: Solltest du selbst auf eine Homeoffice-Regelung bestehen, die dein Chef nicht verordnet hat, kann dieser hingegen verlangen, dass du selbst für deine Arbeitsmittel aufkommst, wenn du auch vor Ort arbeiten könntest und dein Arbeitgeber dort die benötigten Mittel zur Verfügung stellt. Nur wenn dein Arbeitgeber Homeoffice verordnet, muss dieser sich um alle notwendigen Arbeitsmittel kümmern.

Was kann ich tun, wenn mein Chef mich unter Druck setzt?

Nicht selten geben Arbeitnehmer nach, wenn ihr Chef sie zu Handlungen auffordert, denen sie im Grunde nicht nachkommen müssen. Sie tun es dennoch, etwa aus Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren.

Es ist wichtig, dein Anliegen deutlich zu machen: Wenn dein Chef Dinge von dir verlangt, zu denen du nicht verpflichtet bist, solltest du auf deine Rechte als Arbeitnehmer verweisen. Wenn du nicht weiter weißt, erpresst wirst und Sorge um deinen Arbeitsplatz hast, lohnt es sich, sich rechtlichen Beistand zu holen. In solch einer Situation solltest du außerdem darüber nachdenken, inwiefern du bereit bist, unter den gegebenen Umständen weiter für einen Arbeitgeber tätig zu sein. Denn langfristig kann ein toxischer Arbeitsplatz eine Gefahr für deine mentale Gesundheit darstellen.

Bild: Agung Setya Nugraha/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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