Die Berufskrankheit Nummer 1 unter der Erde war die sogenannte Staublunge. Auch wenn die Arbeitsbedingungen heutzutage weitaus besser sind, gibt es dennoch noch eine ganze Reihe von Krankheiten, die bei vielen Menschen beruflich bedingt auftreten. Das Thema Berufskrankheiten beschäftigt Arbeitgeber und -nehmer gleichermaßen.

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Kurzfassung

  • Eine Krankheit, die durch die Ausübung eines Berufes ausgelöst wird und erst dann als Berufskrankheit gilt, wenn das auch rechtlich so festgehalten wurde.
  • Berufskrankheiten-Verordnung listet auf, welche Krankheiten als Berufskrankheiten zu verstehen sind.
  • Wenn der Arbeitnehmer seinen Beruf infolge einer Berufskrankheit nicht mehr ausüben kann, stehen ihm diverse Unterstützungen und Entschädigungen zur Verfügung.

Was ist eine Berufskrankheit?

Zunächst einmal muss eines festgehalten werden: Der Terminus „Berufskrankheit“ ist nicht medizinischer, sondern rechtlicher Natur. Das bedeutet, dass eine Krankheit, die durch die Ausübung eines Berufes ausgelöst wird, erst dann als Berufskrankheit gilt, wenn das auch rechtlich so festgehalten wurde.

Tatsächlich gibt es eine sogenannten Berufskrankheiten-Verordnung (kurz: BKV), die genau auflistet, welche Krankheiten als Berufskrankheiten zu verstehen sind. Es handelt sich hierbei um eine Liste, die stetig an aktuelle berufliche sowie gesellschaftliche Entwicklungen und medizinische Erkenntnisse angepasst wird. Seit dem 1. Januar 2015 liegt die BKV in der dritten Fassung vor.

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Warum ist die Katalogisierung der Berufskrankheiten so wichtig?

Das Sozialgesetzbuch, in dem Berufskrankheiten definiert werden, gibt Aufschluss darüber, warum es überhaupt wichtig ist, sich so kleinlich mit der Thematik auseinanderzusetzen. Es geht hierbei um die gesetzliche Unfallversicherung und den Versicherungsschutz des Arbeitnehmers. Wenn dieser seinen Beruf infolge einer Berufskrankheit nicht mehr ausüben kann, stehen ihm diverse Unterstützungen und Entschädigungen zur Verfügung.

Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die gesetzlichen Unfallversicherungsträger (also die gewerblichen Berufsgenossenschaften, landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften und Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand) Erkrankung als Berufskrankheit anerkennt und darin keine sogenannte „Volkskrankheit“, die unabhängig von der beruflichen Tätigkeit auftritt, sieht. Bei der Prüfung spielen die folgenden drei Punkte eine wichtige Rolle:

  • Die beim Versicherten vorliegende Krankheit ist in der BKV aufgelistet
  • Die schädigenden Einwirkungen waren am Arbeitsplatz des Versicherten gegeben (dieser war ihnen ausgesetzt)
  • Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit am Arbeitsplatz und der Entstehung der Krankheit

Die lange Liste der Berufskrankheiten

Kommen wir nun nach der theoretischen Einführung zu den konkreten Fällen von Berufskrankheiten. Gleich vorweg: Hier alle Berufskrankheiten zu nennen, die in der BKV aufgeführt sind, würde den Rahmen des Beitrags eindeutig sprengen. Stattdessen möchten wir dir mit der folgenden Tabelle einen groben Überblick verschaffen. Alle 77 rechtlich anerkannten Berufskrankheiten kannst du in der Berufskrankheiten-Verordnung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin nachlesen.

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Durch chemische Entwicklungen verursachte Krankheiten

  • Metalle und Metalloide
  • Erstickungsgase
  • Lösungsmittel und Pestizide

Durch physikalische Entwicklungen verursachte Krankheiten

  • Erkrankungen der Sehnenscheiden
  • Bandscheibenbedingte Erkrankungen
  • Druckschädigung der Nerven
  • Lärmschwerhörigkeit
  • Grauer Star

Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten

  • Von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten
  • Wurmkrankheit
  • Fleckfieber

Erkrankungen der Atemwege, der Lungen, des Rippenfells und des Bauchfells

  • Lungenkrebs
  • Chronische Bronchitis
  • Asbeststaublungenerkrankung

Hautkrankheiten

  • Hautkrebs
  • Erkrankung der Haut durch natürliche UV-Strahlung

Krankheiten sonstiger Ursache

  • Augenzittern der Bergleute

Immer wieder kommt es vor, dass Menschen beruflich bedingt erkranken, diese Krankheit aber nicht in der Liste der BKV aufgeführt wird. Das liegt dann daran, dass bisherige medizinische Erkenntnisse noch nicht ausgereicht haben, um einen eindeutigen Bezug zwischen Erkrankung und beruflicher Tätigkeit herzustellen.

Um diesen Menschen dennoch die Möglichkeit eines Versicherungsfalls zu bieten, gibt es die sogenannte Regelung zu den Wie-Berufskrankheiten. Das bedeutet, dass Krankheiten „wie Berufskrankheiten“ verstanden und dementsprechend auch rechtlich behandelt werden. Die Entscheidung hierüber wird vom Unfallversicherungsträger getroffen und kann gerichtlich nachgeprüft werden. Es ist festzuhalten, dass die Regelung der Wie-Berufskrankheiten ein Ausnahmefall ist.

Die Berufskrankheit beim Unfallversicherungsträger melden

Wenn du den Verdacht hegst, unter einer Berufskrankheit zu leiden, sollten die ersten beiden Schritte die folgenden sein:

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  • Untersuchung durch einen Arzt
  • Informieren des Arbeitgebers

Im Anschluss daran muss der Verdacht einer Berufskrankheit beim Unfallversicherungsträger gemeldet werden. Nicht nur du als Erkrankter, sondern auch dein Arbeitgeber, deine Krankenkasse, dein Arzt und Angehörige haben das Recht, eine Verdachtsanzeige einzureichen.

Wenn das geschehen ist, werden Fragebögen an den Versicherten und die Betriebe, in denen er gearbeitet hat, verschickt. Die gesammelten Informationen geben dem Unfallversicherungsträger Auskünfte über die Arbeitsvorgeschichte des Versicherten (im Fachjargon auch Arbeitsanamnese genannt) und helfen dabei, zu überprüfen, ob es einen direkten Zusammenhang zwischen Erkrankung und beruflicher Tätigkeit gibt. Darüber hinaus behält es sich der Unfallversicherungsträger vor, persönliche Befragungen und Untersuchungen am Arbeitsplatz durchzuführen. Bei letzterem handelt es sich unter anderem um Luft- und Schadstoffmessungen.

Konnte ermittelt werden, dass vorherige und aktuelle Arbeitssituationen den gesundheitlichen Zustand des Versicherten beeinflusst haben, ist es abschließend die Aufgabe eines Arztes, zu ermitteln, ob die vorliegende Erkrankung tatsächlich durch den Beruf hervorgerufen wurde. Die Gutachten werden von externen Ärzten vorgelegt, die vom Unfallversicherungsträger beauftragt werden.

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Hinweis: Das bedeutet keinesfalls, dass du dazu genötigt wirst, einen bestimmten  Arzt aufzusuchen. Der Unfallversicherungsträger ist dazu verpflichtet, dir drei verschiedene Ärzte zur Auswahl zu stellen. Außerdem hast du die Möglichkeit, selbst einen Gutachter vorzuschlagen, wenn dieser die nötige Fach-Expertise aufweist. Allgemeinärzte werden in der Regel nicht als Gutachter zugelassen.

Tipp: Muster-Vorlagen zur Anzeige über den Verdacht einer Berufskrankheit finden Sie hier.

Welche Ansprüche habe ich im Fall einer Berufskrankheit?

Wenn dein Unfallversicherungsträger beschlossen hat, dass du unter einer Berufskrankheit leidest, kannst du dich unter anderem auf die folgenden Leistungen einstellen:

  • Leistungen zur medizinischen Rehabilitation
  • Heilbehandlungen
  • Umgestaltung des Arbeitsplatzes
  • Aus- und Fortbildungen
  • Umschulgen
  • Leistungen bei Pflegebedürftigkeit
  • Kinderbetreuungskosten
  • Kraftfahrzeughilfe
  • Betriebs- und Haushaltshilfe
  • Wohnungshilfe
  • Geldleistungen

Die Diskrepanz zwischen Verdachtsanzeigen und Anerkennung der Berufskrankheit

Nicht jede Verdachtsanzeige, die in Deutschland eingereicht wird, ist auch die Grundlage für eine anerkannte Berufskrankheit. Tatsächlich ist die Diskrepanz in einigen Bereichen ausgesprochen hoch. Das beste Beispiel hierfür sind die Hautkrankheiten. Ein ähnliches, jedoch nicht ganz so krasses Bild zeigt sich im Bereich der Berufskrankheiten, die durch das Heben schwerer Gegenstände hervorgerufen werden. Hier kommen auf 5.410 Anzeigen 381 Anerkennungen. Eine verhältnismäßig gute Chance auf Anerkennung haben Menschen, die unter einer berufsbedingten Lärmschwerhörigkeit leiden. Hier wurde etwa jede zweite Verdachtsanzeige anerkannt. Mehr Informationen zu dieser Statistik finden Sie hier.

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Berufsgruppen, die besonders gefährdet sind

Selbstverständlich muss das Thema Berufskrankheiten immer differenziert betrachtet werden – vor allem im Hinblick auf die Gefährdung unterschiedlicher Berufsgruppen. Während die einen kaum Berufskrankheiten befürchten müssen, sind andere im hohen Maß betroffen. Als besonders gefährdet gelten Menschen, die

  • im Freien arbeiten (beispielsweise Bauarbeiter und Dachdecker)
  • mit chemischen und giftigen Substanzen in Kontakt kommen (zum Beispiel Laboranten und Maler)
  • schwer heben (zum Beispiel Pflegekräfte und Monteure)
  • unter starkem Lärmeinfluss arbeiten (zum Beispiel Metallbauer und Flughafenpersonal)
  • viel im Hocken oder Knien arbeiten (zum Beispiel Fliesenleger und Klempner)
  • viel mit Stäuben in Kontakt kommen (zum Beispiel Bergleute und Bäcker)

Die Verantwortung der Arbeitgeber

Als der weiße Hautkrebs in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen wurde, wurde wieder einmal eine Diskussion losgetreten, nämlich die über die Verantwortung des Arbeitgebers. Dieser kann nämlich durchaus etwas dazu beitragen, dass seine Angestellten besser vor Berufskrankheiten geschützt werden. Im Fall von Hauterkrankungen wie dem weißen Hautkrebs können das beispielsweise eine entsprechende Verlagerung der Arbeitszeiten und der Einsatz entsprechender Arbeitsbekleidung sein.

Wichtig ist, dass die Berufskrankheiten ganz bewusst thematisiert und nicht ignoriert werden. Nur so besteht die Möglichkeit, möglichst viele Menschen vor diesem gesundheitlichen Schicksal zu schützen.

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Wenn der Job krank macht, ist das nicht selten der Auslöser für eine Berufsunfähigkeit. Um das Schlimmste zu verhindern, ist es wichtig, dass du und dein Arbeitgeber schnell handelt.

Bildnachweis: PeopleImages/iStock.com

 
Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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