Ganz klar: Höflichkeit im Unternehmen zahlt sich für gewöhnlich aus und trägt zum harmonischen Miteinander bei. Das Problem: Wer es übertreibt, dem entgehen möglicherweise höhere Umsätze. Ein Beispiel des Gründers von Numerated, einem Unternehmen aus dem Bereich Business Banking, zeigt dies in Zahlen. Denn CEO Dan O’Malley stellt fest, wie sein Unternehmen fast 1.500 Prozent mehr Umsatz macht, als er eine vermeintlich kleine – und doch so bedeutende – Entscheidung trifft. Was es mit der Psychologie der Höflichkeit auf sich hat – lies es hier nach.

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Der französische Psychologe Jean-François Bonnefon vertritt die Auffassung, dass Menschen am ehesten zu Höflichkeit neigen, wenn sie in einer besonders unangenehmen Situation stecken. Um eine ohnehin heikle Situation nicht zuzuspitzen, entscheidest auch Du Dich vielleicht am ehesten für eine zurückhaltende, höfliche, unkonkrete Wortwahl. Schließlich gilt: Je unkonkreter wir sind, desto mehr Interpretationsfreiraum lassen wir zum Beispiel unseren Mitarbeitern, Freunden oder Kollegen. Das Ergebnis:

  • Wir vermeiden erfolgreich einen Konflikt, wenn wir höflich sind.
  • Wir müssen die Konsequenzen unserer Worte nicht tragen – schließlich waren sie nicht eindeutig oder zu einer Handlung auffordernd.
  • Wir bleiben weiterhin beliebt – denn wir waren ja nett.

CEO entscheidet sich für weniger Höflichkeit – und der Umsatz steigt

Dass zu viel Höflichkeit und Harmoniebedürftigkeit den Umsatzerfolg in einem Unternehmen eher ausbremst, zeigt die Story des Gründers von Numerated. Geschäftsführer Dan O’Malley, der seit vier Jahren CEO des Start-up-Unternehmens ist, gerät mit seinem Geschäft im Frühjahr 2020 in eine Krise. Die Zeit drängt – und der sonst so höfliche CEO hat nun wenig Zeit, um darüber nachzudenken, wie seine Rückmeldungen beim Team ankommen.

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In den Jahren zuvor hat O’Malley sich für die milde Variante entschieden: Mitarbeiter sagen, er haben Schwierigkeiten damit gehabt, auf den Punkt zu kommen. Demnach ist es ihm wohl wichtiger gewesen, sich für eine konfliktvermeidende Wortwahl zu entscheiden. Ganz nach dem Motto: Hauptsache, höflich.

Als die Krise kommt, arbeitet der CEO praktischer und im Vergleich direkter: Er schult seine Mitarbeiter in Gesprächen und motiviert sie dazu, deutlicher zu kommunizieren. So sollen diese beispielsweise auf eine missverständliche E-Mail verzichten und stattdessen lieber zum Hörer greifen, um Angelegenheiten direkt zu klären.

Das erfreuliche Ergebnis: Auch seine Mitarbeiter werden mutiger, arbeiten effizienter und kommunizieren klarer mit ihren Kunden. Der Jahresumsatz steigt – im Vergleich zum Vorjahr – um ganze 1.500 Prozent an.

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Was bedeutet Höflichkeit aus psychologischer Sicht?

Wer gemocht werden will, entscheidet sich in der Regel dazu, besonders zuvorkommend zu sein. Die Psychologie dahinter: Menschen möchten keine Ablehnung erfahren oder aus dem Rahmen der gesellschaftlichen Normen fallen. Sie sehnen sich nach Zugehörigkeit; es ist das emotionale Grundbedürfnis nach Bindung. Wer seine Position behauptet – und das mit klaren und nicht unbedingt rücksichtsvollen Worten – steht hingegen für das Autonomiebedürfnis ein. Selbstbehauptung kann in diesem Rahmen eine „trennende“ Eigenschaft sein, während Höflichkeit etwas Verbindendes hat.

Was die meisten Menschen unter Höflichkeit verstehen:

  • eine respektvolle Wortwahl
  • eine wertschätzende Haltung
  • rücksichtsvoll und einfühlsam zu agieren
  • sich an eine bestimmte Etikette halten

Für Unternehmen und vor allem für Menschen in leitenden Positionen kann ein höflicher Feedback-Stil deshalb von großer Bedeutung sein. Wenn Dein Chef Dir aber stets eine Rückmeldung gibt, mit der Intention, diese nicht zu grob zu formulieren, passieren oft zwei Dinge:

  • Du verstehst nicht eindeutig, was er oder sie von Dir möchte.
  • Du nimmst Deinen Chef nicht als „Autoritätsperson“ wahr.

Auch ein direkter Feedback-Stil kann wertschätzend sein

Aufgabe vieler Unternehmen ist es, die „goldene Mitte“ zu finden: Wer seine Mitarbeiter motivieren möchte, setzt auf eine Mischung aus Offenheit und Direktheit sowie eine persönliche Wortwahl.

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Denn: Auch wer einen sehr direkten Umgangston pflegt, kann gleichzeitig seine Wertschätzung zeigen. So helfen klare Worte zum Beispiel dabei, Missverständnisse zu vermeiden, der Mitarbeiter weiß, was zu tun ist – und muss keine negativen Konsequenzen fürchten.

Das Resultat: Menschen in leitenden Positionen übernehmen Verantwortung für ihre Worte und leben den Mitarbeitern vor, wie eine effiziente Kommunikation und ein gutes Miteinander funktioniert. Sie vermeiden Passivität. Bekanntlich führt mehr Zufriedenheit am Arbeitsplatz auch zu einer optimalen Arbeitsleistung – was wiederum höhere Umsätze verspricht.

Bildnachweis://Pressmaster/shutterstock.com

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Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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