Im Job sind es meist winzige Nichtigkeiten, die das Pulverfass zum Explodieren bringen. Nicht immer muss es der große Schicksalsschlag sein, der das Gemüt erhitzt.

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Inhalt:
1. Definition: Was bedeutet Mikrostress?
2. Wie sieht Mikrostress konkret aus?
3. Was sind die Folgen von Mikrostress?
4. Wie merke ich, dass ich unter Mikrobelastungen leide?
5. Warum leiden gerade Leistungsmenschen unter Mikrostress?
6. Was kann ich gegen Mikrostress unternehmen?

Definition: Was bedeutet Mikrostress?

Der Drucker fällt aus. Mittagessen und Geldbörse hast du vergessen. Unwetterwarnung. Auf dem Hemd ein Kaffeefleck: Es sind unscheinbare Aneinanderreihungen winziger Stressmomente, die wir im Joballtag gut bewältigen. Glauben wir zumindest. Denn in der nächsten Minute maulen wir einen Kollegen an oder wenden uns genervt ab.

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Schuld ist nicht der Kaffeefleck, sondern die vielen unterschätzten und sich summierenden Stressmomente, die als „Mikrostress“ bekannt sind. Donna Stambulich, Psychologin und Gründerin des North Perth Psychology Centre (NPPC) in Australien, hat es eigenen Aussagen nach häufiger mit Menschen zu tun, die selbst nicht sagen können, warum sie sich niedergeschlagen oder antriebslos fühlen. Denn häufig sei „nichts Großes los im Leben“, heißt es dann.

Mikro“, im Griechischen „klein“, ist an sich auch nicht groß. Das Tückische aber ist, dass es uns unangebracht erscheint, wegen scheinbarer Kleinigkeiten, den Mikrostress-Momenten, die Fassung zu verlieren. Deshalb schlucken wir das, was uns im Alltag nervt, explodieren dann aber in unpassenden Momenten.

Wie sieht Mikrostress konkret aus?

Mikrostress stellt eine besondere Form von Stress dar. Während es bei größeren Vorfällen offensichtlich ist, dass wir ins Schwitzen kommen, traurig werden oder wütend sind, etwa bei einer Entlassung oder bei einer Trennung vom Partner, sind Mikrobelastungen weniger präsent. Deshalb werden sie häufig unterschätzt, obwohl sie häufiger im Alltag vorkommen und angesammelt werden. Sie bringen das Fass schließlich zum Überlaufen. So können Mikrostress-Momente, die zunächst harmlos wirken, aussehen:

  • Wecker nicht gehört
  • keine Zeit für ein ordentliches Frühstück
  • Zahnpasta ist leer
  • vergessen, das Smartphone aufzuladen
  • Kind will nicht die rote, sondern die blaue Jacke, die aber in der Waschmaschine ist
  • Chef kommt mit vier Aufgaben auf einmal um die Ecke
  • Kollege hinterlässt deinen Bürotisch unaufgeräumt
  • unklare Anweisungen im Team

Was sind die Folgen von Mikrostress?

Sammeln wir Mikrostress an, wird Stress zum Dauerbegleiter. Der Job kann dann noch so toll, das neue Haus wunderschön und die Partnerschaft harmonisch sein: Wir fangen an, uns traurig, wütend, genervt und unausgeglichen zu fühlen.

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Mögliche Folgen, vor allem am Arbeitsplatz:

  • Probleme mit der Konzentration
  • fehlende Produktivität
  • wenig Motivation und fehlende Leistungsbereitschaft
  • schnelle und permanente Reizbarkeit
  • schlechte Stimmung im Team
  • innerer Rückzug bis hin zur inneren Kündigung
  • gesundheitliche Probleme

Wie merke ich, dass ich unter Mikrobelastungen leide?

Für Betroffene, die aufgrund von Mikrostress die Lust am Arbeiten verlieren und langsam ausbrennen, ist es oft das Schwierigste, die Ursache zu finden – weil sie sich im Verborgenen befindet und nicht zeigt. Wer zum Beispiel unter dem Verhalten des Bosses leidet oder unterbezahlt ist, kann gut ausmachen, wie der eigene Stress ausgelöst wird. Scheint aber alles in Ordnung zu sein und werfen wir keinen näheren Blick auf die winzigen Stressmomente, können sie bedrohlich werden und dennoch unsichtbar bleiben.

Woran du erkennen kannst, dass du vielleicht unter Mikrobelastungen leidest:

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  • Du schimpfst häufiger.
  • Kleinigkeiten, etwa die fehlende Milch im Supermarktregal, machen dich zornig.
  • Du reagierst eingeschnappt auf konstruktives Feedback.
  • Im privaten Umfeld (Familie, Partnerschaft, Freunde) ziehst du dich langsam zurück.
  • Einfach zu erledigende Aufgaben ruinieren dir den Tag.
  • Du fühlst dich (scheinbar grundlos) erschöpft und überfordert.

Warum leiden gerade Leistungsmenschen unter Mikrostress?

Häufig treffen Mikrostress-Momente Menschen, die sich selbst viel aufbürden. Dazu gehören beispielsweise High Performer, die alles geben und oft bis an ihre eigenen mentalen oder körperlichen Grenzen gehen, um etwas zu erreichen. Kleine Stressmomente können dann der Grund dafür sein, dass sie irgendwann unter einem Burnout leiden.

Leistungsträger haben daher oft ein höheres Risiko, ernsthafte Schäden davonzutragen. Dass sie irgendwann Feierabend machen müssen, um Kraft zu tanken, ist Betroffenen zum Beispiel nicht immer bewusst. Workaholics stürzen sich in ihre Arbeit und können sich dann nur schwer lösen.

Vor allem Führungskräfte sind dann gefragt: Wer einen guten Umgang mit Leistungsträgern findet, kann ihnen unter die Arme greifen, konsequent sein und klare Regelungen treffen, um Gesundheit und Kraft langfristig zu erhalten.

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Was kann ich gegen Mikrostress unternehmen?

1. Bewusst Zeit für „Kleinigkeiten“ einplanen

Auch wenn wir morgens lieber zehn Minuten länger im Bett liegenbleiben möchten, kann ein wenig mehr Zeit, die wir am Morgen zum Beispiel für das Frühstück haben, winzige Stressmomente überflüssig machen oder sie beseitigen. Wer sich dazu überwindet, pünktlich aus den Federn zu hüpfen, startet so gelassener in den Tag.

2. Menschen und Beziehungen

Aufgehoben, geborgen, missverstanden, verwirrt: Andere Menschen sind maßgeblich daran beteiligt, wie wir uns im Alltag innerlich fühlen und wie wir Beziehungen gestalten. Kleine Stressoren können sich deshalb auch durch scheinbar nette, aber eigentlich toxische Beziehungen, etwa am Arbeitsplatz oder im privaten Umfeld, ergeben.

Deshalb kann es hilfreich sein, sich seinen Beziehungen bewusst zu widmen und das soziale Netz, das wir haben, auch mal zu hinterfragen: Wer tut uns wirklich gut? Menschen können Energieräuber sein, aber die richtigen an unserer Seite werden uns Energie schenken.

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3. Routinen

Spontanität ist schön und gut, aber nicht in allen Lebenssituationen förderlich. Während wir uns gerne mal spontan dazu entschließen, einen Kinoabend mit dem Partner zu gestalten oder das Geschirr einfach mal liegenzulassen, kann es grundsätzlich hilfreich sein, Stressmomenten vorzubeugen, indem wir zumindest eine Basisroutine haben. Das bedeutet zum Beispiel: Wir legen die Kleidung für den nächsten Arbeitstag schon am Abend heraus. Oder wir nehmen uns vor, jeden Morgen einen kleinen Spaziergang zu unternehmen, bevor wir in den Tag starten.

4. Kommunikation und Absprachen

Im Berufsalltag kommt es zu Stressmomenten, wenn uns etwas tierisch auf die Palme bringt, wir die Situation aber trotzdem hinnehmen. Je häufiger, desto gefährlicher. Denn so sitzen wir auf einem Pulverfass. Umso wichtiger ist es, mit Arbeitskollegen oder dem Chef offen zu kommunizieren. So hart es auch sein mag: Überwindung ist der erste Schritt. Stört uns etwas, bedarf es der Klärung. Gerade Kleinigkeiten, etwa zeitliche Absprachen, die ein Kollege nicht immer einhält, können auf den Tisch gebracht werden, um kleine Stressmomente zu verhindern – und das für alle im Team.

5. Trigger identifizieren

Ja, es kann der Kaffeefleck auf dem Hemd sein, der uns nervt. Aber er ist nur ein Auslöser für das eigentliche Problem, dessen Ursache der sich ansammelnde Stress ist, den wir nicht lösen. Wer seine Trigger im Alltag identifizieren kann, kann sich selbst am besten helfen. Wenn wir wissen, welchen Mikrobelastungen wir ausgesetzt sind und wenn wir sie auch anerkennen können, anstatt sie herunterzuspielen und zu verharmlosen, sind wir ebenfalls einen Schritt weiter.

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Übrigens: Fast jeder Mitarbeiter hat mit Mikrobelastungen zu kämpfen. Nehmen wir diese bei anderen wahr, ohne uns jedoch einfühlen zu können, winken wir ihre Belastung häufig ab. „Ist doch gar nicht so schlimm“, und dass andere es viel schwerer hätten, bekommen Betroffene dann häufiger zu hören. Doch die Relativierung der individuellen Belastungsfaktoren kann den Stress erhöhen.

Bild: nattrass/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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