Ein Wirtschaftssystem wie unseres führt automatisch zu Umweltschäden, Verkümmerung und hohem Ressourcenverbrauch. Die Gegenbewegung, der Megatrend „Neo-Ökologie“, wird wichtiger.

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Unternehmen werden Zukunft haben, wenn sie nachhaltige Konzepte in Bezug auf ihre Führungskultur, Mitarbeiter und Ressourcen entwickeln. Ob Klimakrise oder Energiekrise: Dass es so wie bisher nicht weitergehen kann, mit Ausbeutung von Arbeitnehmern, Natur und Ressourcen, ist in den letzten Jahren deutlicher geworden. Wie aber können Profit, Wachstum und Nachhaltigkeit vereint werden, wenn ein grundsätzlicher Konflikt vorhanden ist? Wie profitieren Unternehmen von der Umwelt, wenn sie sich an dieser bedienen und zugleich retten wollen? Holen wir zunächst etwas aus.

Der Mensch dominiert die Erde – ein Konzept

Längst befinden wir uns – einem zunächst von Naturwissenschaftlern diskutiertem Begriff nach – in einem sogenannten „Anthropozän“, dem Erdzeitalter des Homo sapiens: Der Mensch dominiert das Erdsystem und nimmt entscheidenden Einfluss darauf, wie sich der Planet in Zukunft entwickeln wird. Wenn wir uns den Ausbruch der weltweiten Pandemie anschauen, wird aber ganz schnell klar, dass der Mensch und auch größere Unternehmen „nur“ ein Teil des großen Ganzen sind und keine 100-prozentige Kontrolle haben; dass sie wichtige Einflussfaktoren sind, nicht aber Alleinherrscher über Natur und Erde.

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Und doch haben Verbraucher, Politik und Unternehmen sich in den letzten Jahrzehnten so verhalten, als würden sie den Planeten besitzen. Ein etwas übertrieben erschreckendes Szenario, das bereits vor etwa 50 Jahren zustande kam, heute aufgrund des technologischen Fortschritts aber nicht zu 100 Prozent zutrifft, lieferte bereits den Hinweis, dass das vorherrschende Wirtschaftssystem den Planeten zum Tode verurteilt. Denn 1972 machte eine in Buchform herausgegebene Studie auf sich aufmerksam, die genau das darstellt: „Die Grenzen des Wachstums“(Clube of Rome), veröffentlicht und übersetzt in fast 30 Sprachen, geehrt mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, aber auch von vielen Seiten kritisiert und bemängelt.

Studie: Die Grenzen des Wachstums

Es ging um globale Simulationen, die darstellen konnten, dass unser Planet durch die Art, wie wirtschaftliches Wachstum und Gewinnmaximierung erfolgt, nicht lange atmen wird. Umweltzerstörung, eine wachsende Weltbevölkerung, die nicht mehr ernährt werden könnte; die endgültige Erschöpfung von essenziellen Ressourcen. Das alles haben die Forscher prognostiziert. Die vorher erfolgte Industrialisierung hat unter anderem den Energieverbrauch erhöht und zu einer erhöhten Produktion von Konsumgütern und dem Verbrauch von Ressourcen geführt.

Ganz so düster, wie es die Autoren voraussagten, ist es heute nicht. Oder besser gesagt: Ressourcen gibt es noch. Sie sind nicht zur Neige gegangen. Es geht in eine andere Richtung, denn nicht unbedingt die Verknappung von Ressourcen, sondern der Klimawandel als Folge des hohen Rohstoffverbrauchs steht primär im Vordergrund. Technologisch haben wir uns fortschrittlich entwickelt. Die düstere Stimmung, welche von den Autoren kreiert worden ist, ist heute – unabhängig von der Richtigkeit oder Falschheit der Thesen – aber spürbar, weil die Umwelt leidet.

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Wirtschaftswachstum sollte Probleme lösen – und nicht erschaffen

So oder so hat die Veröffentlichung Aufmerksamkeit erregt und unter anderem dazu geführt, dass Menschen, Politik und Unternehmen bei ihren Entscheidungen die Auswirkungen auf Umwelt berücksichtigen. Eine erste Bewegung, die das Zusammenspiel von Wirtschaft und Umwelt betonte und auf die ökologischen Dimensionen aufmerksam machte, entstand bereits in den 70ern: Der Begriff „Ökologie“ wurde wichtiger, nachdem die Jahre des Wirtschaftswunders langsam verstrichen.

Aber: Noch gibt es ein System und zu viele Unternehmen, die keine Grenzen sehen, ihrer Wachstumsideologie folgen und ausschließlich Gewinnmaximierung aus sind. Und das zu Lasten von Beschäftigten und der Umwelt, von Kunden und Konsumenten und von Lieferanten.

Ob Leistungsdruck, billige Produktion oder unwürdige Arbeitsbedingungen: Der Kern des Problems liegt in der Maximierung von Gewinnen, um Investoren und Eigentümer von Unternehmen um jeden Preis zufriedenzustellen, oder aber um sich der seit jeher vorherrschenden politischen Lobeshymne zum Thema Wirtschaftswachstum in kapitalistischen Gesellschaften anzuschließen. Wachstum soll ja helfen, auch bei Armut und um die Weltbevölkerung zu ernähren. Eigentlich.

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Aber die rücksichtslose Gewinnmaximierung und Wachstumsideologie hatte und hat zur Folge, dass Bedürfnisse, etwa von Arbeitnehmern, aber auch die der Umwelt, untergehen. Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen und wirtschaftlich instabilen Ländern haben diese Folgen zu tragen – denn es soll immer schneller, immer günstiger produziert werden. Unternehmen profitieren. Dabei sollte Wirtschaftswachstum eigentlich das Gegenteil bewirken: Ein höheres Wohlstandsniveau, eine starke Wirtschaft können am ehesten für Umweltschutz und Innovation sorgen. Um die Wirtschaft wachsen zu lassen, wird aber die Umwelt und der Mensch ausgebeutet. Es ist eine widersprüchliche Beziehung.

Neo-Ökologie: Der Megatrend, der Profit und Nachhaltigkeit vereinen soll

Als Gegenbewegung und wichtigen Megatrend der 2020er Jahre wird die „Neo-Ökologie“ gewertet. Umweltbewusstsein ist nicht nur ein Phänomen, welches wenige Menschen in ihrem Privatleben wahrnehmen. Es haben sich große, grüne, bedeutsame Bewegungen und auch neue Märkte entwickelt, welche das Wirtschaftssystem prägen. Nachhaltigkeit ist zum Lifestyle und zum wichtigen Wert vieler Unternehmen geworden.

Ein Trend, welcher einen Veränderungsprozess darstellt. Wichtiger wird hierbei die Ressourceneffizienz. Dabei reicht die Veränderung bis in viele Bereiche unseres Lebens hinein: Wir entwickeln unsere Strategien für Unternehmen nach anderen Kriterien. Wir messen unser Handeln und unsere Entscheidungen an anderen moralischen Maßstäben. Wir treffen unsere Kaufentscheidungen anders. Wir verändern uns idealerweise als Verbraucher, Investoren und Profiteure.

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Es gilt, neue Reize für Investoren und Stakeholder zu schaffen, die sich mit dem Megatrend Neo-Ökologie vereinen lassen: Wer nicht mitzieht und weiter an Ausbeutung und rücksichtsloser Gewinnmaximierung festhält, verpasst einen wichtigen Zug, der überlebensnotwendig sein könnte. Denn der Fokus liegt längst nicht mehr nur auf Profit, sondern auf neuen Werten und Unternehmenswerten, welche die Zukunft der Erde, der Umwelt und des Menschen auf nachhaltige Weise sichern sollen. Heißt: Diese „Sinn-Ökonomie“, die für sozialen Mehrwert steht, hinterfragt wachstumsabhängige Geschäftsmodelle, die lediglich auf die Maximierung von Gewinnen aus sind.

Beispiel: Green Economy

2012 war der Begriff „Green Economy“ in aller Munde, als die UN-Konferenz stattfand. Es geht um ein neues, politisches und wirtschaftliches Leitbild, das ausgelegt ist auf eben jene Werte, die wichtiger werden: Nachhaltigkeit, gesellschaftliche Entwicklung und die Veränderung von Wertschöpfungsketten; Innovationen, welche die Umwelt in den Fokus stellen. Es ist auch die Rede von „grünen Zukunftsmärkten“. Wichtige Begriffe:

  • umweltfreundliche Erzeugung von Energie
  • Recycling
  • nachhaltiger Konsum
  • nachhaltige Mobilität, Energieeffizienz sowie Wasserwirtschaft
  • Umweltschutztechniken
  • intelligente Versorgungssysteme

Sicherlich hat auch dieses Konzept Lücken. Ein umwelt- und sozialverträgliches Wirtschaftssystem soll dennoch nicht nur Wachstum ermöglichen, sondern für soziale Gerechtigkeit sorgen, Hunger und Armut bekämpfen und generell die Wohlfahrt der Gesellschaft fördern. Was nach Idealvorstellung klingt, ist in der Realität auch noch ein Ideal. Damit Veränderungen stattfinden können, ist beispielsweise eine Umstrukturierung von Unternehmenswerten wichtig. Entscheidungsträger benötigen zudem Kennzahlen und Daten, die deutlich zeigen, welchen Einfluss ihre Entscheidungen und Prozesse auf Umwelt und Gesellschaft haben. Das bedeutet zugleich: Es ist noch ein langer Weg – ob aus politischer, gesellschaftlicher oder unternehmerischer Sicht. Noch befinden wir uns mitten im Prozess.

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Was aber feststeht, ist, dass die Unternehmen eine Zukunft haben werden, die schon heute kritisch sind und an die langfristigen Auswirkungen ihres Geschäftsmodells und ihrer Werte denken. Nicht nur an Profit und Ausbeutung, sondern an das, was um sie herum passiert, wenn sie sich der Ressourcen bedienen, Konsum ermöglichen und profitieren. Denn der Trend geht immer mehr in Richtung Nachhaltigkeit – und dieser Trend ersetzt Begriffe wie „Gewinnmaximierung“ und „dogmatische Wachstumsideologie“. Beides zusammen funktioniert nicht. Zumindest nicht so, dass Umweltschutz und Wachstum gemeinsam stattfinden können.

Bildnachweis: Unsplash+/Getty Images

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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