Das Klingeln eines Telefons – für die meisten Menschen eine vollkommen alltägliche Situation im Beruf. Doch während die einen ohne Zögern zum Hörer greifen, sorgt das Klingeln bei anderen für ein ungutes Gefühl, das bis zur Angst oder gar Panik anwachsen kann. 

Die Telefon-Phobie als Ausprägung der Sozial-Phobie

Zunächst einmal muss festgehalten werden, dass die Telefon-Phobie keine diagnostizierte Angststörung ist. Mit anderen Worten: Es handelt sich hierbei nicht um ein klinisch nachgewiesenes Problem. Das bedeutet jedoch keinesfalls, dass sich Betroffene ihre Angst vor dem Telefon bloß einbilden.

Die Telefon-Phobie wird als eine Form der Sozial-Phobie verstanden. Hierbei handelt es sich um die Angst vor sozialen, also zwischenmenschlichen Kontakten in den unterschiedlichsten Ausprägungen. Eine Sozial-Phobie tritt bei jedem Menschen anders auf. Nicht jeder, der unter dieser Angststörung leidet, hat auch automatisch eine Telefon-Phobie. Anders herum bedeutet das jedoch auch, dass eine Angst vor dem Telefonieren nicht bedeuten muss, dass die betroffene Person generell Probleme damit hat, mit anderen (fremden) Menschen zu kommunizieren.

Wie viele Menschen von einer Telefon-Phobie betroffen sind, kann nicht gesagt werden. Hierzu gibt noch keine eindeutigen Zahlen oder Studien. Eine allgemeine Sozialphobie liegt bei etwa 2 bis 3 % der deutschen Bevölkerung vor.

Wie äußert sich die Angst?

Die Angst vor dem Telefonieren kann grob in drei Kategorien unterteilt werden. Die Angst:

  1. davor, einen Anruf zu tätigen
  2. vor einem eingehenden Anruf
  3. vor dem Telefonieren generell (Mischform aus a. und b.)

Das bedeutet folgendes: Es ist durchaus möglich, dass ein Mensch große Angst davor hat, den Hörer selbst in die Hand zu nehmen und einen Anruf zu tätigen, es jedoch kein Problem ist, einen solchen entgegenzunehmen – und anders herum. Eine Telefon-Phobie hat viele verschiedene Gesichter und ist immer mit unterschiedlichen Ängsten verbunden. Diese können folgendermaßen zusammengefasst werden. Angst,:

  • vom Gesprächspartner nicht verstanden zu werden
  • zu stottern
  • sich zu verhaspeln
  • die wichtigen Infos nicht zu erfassen
  • sich nicht klar und deutlich auszudrücken
  • vor zu viel Nähe zwischen den Gesprächsteilnehmern
  • vor fremden Menschen
  • dass der Gesprächspartner schlecht über einen denkt
  • in einem störenden Moment anzurufen
  • nicht den richtigen Ansprechpartner am Apparat zu haben
  • sich (in irgendeiner Form) zu blamieren
  • abgelehnt („abgewimmelt“) zu werden
  • vor offenen Konfrontationen

Diese und ähnliche Ängste und Sorgen kommen dir bekannt vor? Dann kann es unter Umständen sein, dass du unter einer Telefon-Phobie (oder nicht ganz so dramatisch formuliert: unter einer Furcht vor dem Telefonieren) leidest.

10 Tipps gegen die Telefon-Phobie

Hört man sich einmal am Arbeitsplatz oder in den persönlichen Netzwerken um, so kann man schnell feststellen, dass die Abneigung gegenüber dem Telefonieren weit verbreitet ist. Es ist also nichts, wofür man sich schämen muss oder was man verschweigen sollte. Im Folgenden wollen wir dir eine Reihe von Tipps mit auf den Weg geben, die dich dabei unterstützen, deiner Angst vor dem Telefonieren den Kampf anzusagen.

Tipp #1: Feste Telefon-Zeiten

Wer weiß, dass ein wichtiges Telefonat bevorsteht, ist oftmals den ganzen Tag über wie gelähmt vor lauter Angst. Es erklärt sich von selbst, dass sich dieses ungute Gefühl auch automatisch auf all deine anderen Aufgaben auswirken und deine Produktivität stark ausgebremst wird. Lasse nicht zu, dass deine Angst vor dem Telefonieren deinen kompletten Arbeitsablauf blockiert. Das gelingt beispielsweise, indem du tägliche Telefonzeiten festlegst. Vor allem im Fall von Viel-Telefonierern ist es sinnvoll, Zeitfenster zu bestimmen, in denen alle anliegenden Telefonate erledigt werden. Das hat die folgenden Vorteile du:

  • unterbrichst nicht immer wieder deinen Workflow
  • kannst dich besser konzentrieren
  • schaffst eine (Telefon-)Routine
  • kannst dich besser auf deine Angst-Situation vorbereiten

Tipp #2: Gute Vorbereitung

Welches Ziel verfolgst du mit einem Telefonat? Welche Information benötigst du? Wer ist dein Ansprechpartner? Viele Menschen fürchten sich so sehr vor dem Telefonieren, weil sie schlecht (oder gar nicht) auf die Gespräche vorbereitet sind. Wenn du diese Angst teilst, ist es von Vorteil, systematisch an Telefonate heranzugehen. Das gelingt Ihnen beispielsweise, indem du dir eine Checkliste mit allen wichtigen Punkten anlegst. Diese könnte folgendermaßen aussehen:

  • Gesprächspartner
  • Anruf-Zeit und -Datum
  • Gesprächsthema
  • Offene Fragen
  • Absprachen

Zusatz-Tipp: Es ist sinnvoll, wenn du dir sowohl für eingehende als auch ausgehende Telefonate eine entsprechende Liste anfertigst. Jeden Anruf mit der gleichen Übersicht zu bearbeiten, funktioniert in der Praxis meist nicht. Außerdem ist es gut, wenn du deine Gedankenstütze individuell an deine Branche und deine Berufsposition anpasst.

Tipp #3: Der Einstiegssatz

„Aller Anfang ist schwer“ ist nicht nur ein beliebtes Sprichwort, sondern hat auch viel Wahres an sich. Viele Menschen mit einer Telefon-Phobie fürchten sich insbesondere vor dem Einstieg ins Gespräch und verhaspeln sich dabei nicht selten. Um diese unangenehme Situation zu umgehen, ist es sinnvoll, wenn du dir einen allgemeingültigen Einstiegssatz überlegst, den du bei jedem Anruf verwenden kannst. Dieser hilft dir dabei, dich zu fokussieren und eine Routine zu erschaffen. Der Satz kann ruhig auf einen Zettel geschrieben und gut sichtbar an deinem Arbeitsplatz angebracht werden. Dadurch hast du Ihn immer vor Augen und kannst ihn auch zwischen zwei Gesprächen üben. Irgendwann wird er dir ganz leicht und ohne Ablesen von den Lippen gehen.

Tipp #4: Nachfragen

Macht es dich nervös, dass ein Telefonat immer mit so vielen unbekannten Variablen verbunden ist? Dann wird dir unser nächster, überaus schlichter Tipp weiterhelfen: Frage einfach nach! Es ist ganz einfach. Ein freundliches „Guten Tag Herr X, ich hoffe ich störe gerade nicht?“ oder „Hallo Frau Y, sind Sie die richtige Ansprechperson, wenn es um Thema Z geht?“ lenken das Gespräch sofort in eine konstruktive Richtung und sparen Zeit – auf beiden Seiten der Leitung.

Wichtig ist außerdem, dass du Unklarheiten immer sofort aus dem Weg räumst. Du hast die Antwort deines Gesprächspartners nicht verstanden oder benötigst eine noch detaillierte Auskunft? Scheue dich nicht davor, noch einmal nachzuhaken. Das zeugt nicht nur von Interesse, sondern auch von einer gründlichen Arbeitsweise. Es hilft niemandem, wenn du nach dem Telefonat noch immer offene Punkte auf deiner Liste hast oder nicht alle Fragen eindeutig geklärt wurden.

Tipp #5: Der „Worst Case“

Wenn du Angst vor dem Telefonieren hast, dann fürchtest du dich eventuell vor ganz speziellen Situationen, die auch als „worst Case“-Szenario beschrieben werden könnten. Um welche „Horror-Szenarien“ handelt es sich hierbei konkret? Nehme dir einmal die Zeit, all deine Sorgen und Befürchtungen schriftlich festzuhalten, um sie anschließend zu reflektieren.

Indem du dich deinen konkreten Ängsten stellst, lernst du, besser mit diesen umzugehen. Außerdem ist diese Übung gut, um eventuell auch festzustellen, dass manche Szenarien, die in deinem Kopf herumgeistern, absolut abwegig sind.

Zusatz-Tipp: Das bloße Aufschreiben deiner Ängste reicht dir nicht aus? Dann überlege dir zusätzlich, wie du dich in diversen Worst Case-Szenarien verhalten würdest. Was erwiderst du auf bestimmte Aussagen? Wie reagierst du auf Ablehnung? Was tust du, wenn dein Gesprächspartner nicht versteht, was du von Ihm willst? Spiele verschiedene Situationen durch und erlange dadurch mehr Sicherheit beim Telefonieren.

Tipp #6: Belohnungen

Kommen wir nun zu einem Tipp, den du nicht nur beim Telefonieren, sondern in allen erdenklichen unangenehmen Situationen anwenden kannst. Belohnungen (egal in welcher Form) sind die einfachste Methode, um etwas mit positiven Gefühlen zu verknüpfen. In der Praxis könnte das so aussehen:

  • Tätige einen Anruf oder nehme einen entgegen
  • Beachte die vorherigen Tipps, um ein reibungsloses Gespräch zu führen
  • Beende das Gespräch
  • Spreche dir selbst (gedanklich oder auch laut) ein Lob für das gute Telefonat aus

Andere Belohnungen wie eine Süßigkeit oder ein Kaffee sind natürlich auch erlaubt, auf lange Sicht jedoch weniger sinnvoll – erst recht, wenn du mehrmals pro Tag oder gar Stunde telefonieren musst. In diesem Fall sind ermutigende Worte (die auch von den Kollegen kommen können, mehr dazu im nächsten Tipp) die bessere Wahl.

Tipp #7: Problem offen thematisieren

Zeit, endlich Klartext zu reden: Wer in deinem Unternehmen weiß alles, dass du Probleme mit dem Telefonieren hast? Hast du darüber schon einmal offen mit Kollegen oder gar deinem Chef gesprochen? Ein offener Umgang mit deiner Angst ist wichtig, wenn du auf die Unterstützung anderer hoffen willst. Das bedeutet keinesfalls, dass du anstehende Telefonate auf die Kollegen abwälzen sollst, sondern vielmehr, dass du deine Phobie vor dem Telefonhörer im offenen und persönlichen Gespräch reflektierst. Oftmals zeigt sich dabei, dass du keinesfalls allein mit deinem Problem bist. Die wenigsten Menschen geben an, total gern und mit großer Freude im Beruf zu telefonieren.

Das offene Thematisieren deiner Angst in Kombination mit vertrauten Gesprächen stellt eine Art Selbst-Therapie dar, die dir dabei hilft, sich der Problematik zu stellen und diese auch zu akzeptieren.

Tipp #8: Bitte lächeln!

Nur weil du dein Gesprächspartner beim Telefonieren nicht sehen kannst, bedeutet das längst nicht, dass er keine nonverbalen Signale wahrnimmt. Es stimmt tatsächlich: Ein Lächeln am Telefon kann durchaus vom Gegenüber „gehört“ – oder zumindest wahrgenommen – werden. Gleiches gilt auch für genervtes Augenrollen. Wer also beispielsweise Angst vor Ablehnung oder harschen Antworten hat, tut gut daran, sein schönstes Lächeln an den Tag zu legen. Das hat den Effekt, dass deine positive Einstellung auf den Menschen am anderen Ende der Leitung übertragen wird. Ein Lächeln steckt auch via Telefon an, probiere es einfach mal aus. Du wirst schnell feststellen, dass das Telefonieren automatisch mehr Spaß macht, wenn du dabei ein Lächeln auf den Lippen trägst.

Tipp #9: Telefon-Trainings

Du fürchtest dich vor dem Telefonieren, weil du ganz allgemein der Meinung bist, nicht zu wissen, wie es richtig geht? Dann wird es höchste Zeit, deinen Chef nach einem professionellen Telefon-Training zu fragen. Dieses kann ruhig vom gesamten Team absolviert werden und stellt eine wahre Bereicherung für jedes Unternehmen dar. In Telefon-Trainings lernst du beispielsweise, wie du

  • effektiv und zielgerichtet telefonierst
  • dich klar und verständlich ausdrückst
  • wichtige Informationen schnell erfasst und erfragst

Tipp #10: Einfach machen

Ganz gleich ob du dich vor Spinnen, extremer Höhe oder Telefonaten fürchtest – wer eine Angst überwinden will, muss sich ihr stellen. Das bedeutet konkret: Nehme den Telefonhörer in die Hand und lege einfach los. Eine so schonungslose Konfrontation hat den positiven Effekt, dass du schnell merken wirst, dass alles nur halb so wild ist. Auch wenn dieser Schritt sehr viel Überwindung kostet, ist er überaus empfehlenswert. Indem du dich deiner Telefon-Angst stellst, baust du diese nicht nur ab, sondern stärkst auch dein Selbstbewusstsein.

Vorsicht vor Vermeidungsstrategien!

Die Kommunikation entwickelt sich stetig weiter. Während das Fax langsam aber sicher auf dem Abstellgleis landet, feiert die E-Mail Hochkonjunktur. Auch andere digitale Möglichkeiten, beispielsweise Chats oder Video-Dienste werden immer beliebter und sorgen dafür, dass der Telefonhörer seltener in die Hand genommen werden muss. Für Menschen, die unter einer Telefon-Phobie leiden, ist das ein Segen. Im Schutze der E-Mail kannst du umfangreich formulieren, was dein Anliegen ist und musst keine Missverständnisse befürchten – so zumindest die allgemeine Annahme. Das schafft kurzfristige Erleichterung und verringert den Druck im beruflichen Alltag.

Dennoch muss an dieser Stelle betont werden, dass das Ausweichen auf alternative Kommunikationswege keine Hilfe dabei ist, der Telefon-Angst den Kampf anzusagen. Die Phobie wird dadurch nämlich nur verdrängt und nicht wirklich beseitigt. Das Schreiben von E-Mails oder ein kurzer Chat mit Kollegen sind natürlich in Ordnung – sollten aber nie dazu dienen, das „gute alte“ Telefonat komplett zu verdrängen.

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