In nahezu jedem Unternehmen gibt es Mitarbeiter, welche gesundheitsbedingt über einen längeren Zeitraum von der Arbeit fernbleiben mussten. Die Wiedereingliederung soll diesen Menschen neue Möglichkeiten und Chancen eröffnen, um ihrem Beruf unbeschwert nachgehen zu können.

Anzeige

KURZFASSUNG

  • Bei einer Wiedereingliederung soll Arbeitnehmer unter Berücksichtigung seines Gesundheitszustands schrittweise ins Arbeitsleben zurückgeführt werden.
  • Vorsichtiges Handeln und bewusstes Vorgehen soll den Arbeitnehmer vor einer Überlastung schützen.
  • Arbeitnehmer ist während der Wiedereingliederungsmaßnahme weiterhin arbeitsunfähig geschrieben.
  • Dauer in der Regel zwischen sechs Wochen und sechs Monaten.

Was ist eine Wiedereingliederung?

Die Wiedereingliederung nach einer Krankheit (auch „Hamburger Modell“) soll Arbeitnehmern den stufenweisen Wiedereinstieg in den Job ermöglichen. Die rechtliche Grundlage für dieses Modell ist § 74 Sozialgesetzbuch V. Eine andere Art der Wiedereingliederung ist das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM). Zu diesem ist ein Unternehmen verpflichtet, sobald ein Mitarbeiter mehr als sechs Wochen ausfällt.

Mit einer Wiedereingliederung soll ein Arbeitnehmer unter Berücksichtigung seines Gesundheitszustands schrittweise ins Arbeitsleben zurückgeführt werden. Ein strukturiertes Vorgehen soll sicherstellen, dass der Gesundheitszustand durch den Arbeitsalltag stabilisiert und nicht negativ beeinträchtigt wird. Ein vorsichtiges Handeln und bewusstes Vorgehen soll den Arbeitnehmer vor einer Überlastung schützen. Aus diesem Grund ist der Arbeitnehmer während der Wiedereingliederungsmaßnahme weiterhin arbeitsunfähig geschrieben. Es soll klar geregelt sein, dass der jeweilige Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt noch keine volle Arbeitskraft darstellt.

Anzeige

Für Arbeitgeber ergeben sich durch diese Maßnahme wesentliche Vorteile. Da der Arbeitnehmer den Krankenstatus nicht verliert, wird der Arbeitgeber auch nicht finanziell belastet. Ein Lohnausgleich in Form von Krankengeld oder einer anderen Ersatzzahlung schützt den Arbeitgeber vor finanziellen Folgen.

Voraussetzung für eine Wiedereingliederung

An eine erfolgreiche Wiedereingliederung sind einige Voraussetzungen geknüpft, welche von beiden Parteien erfüllt werden müssen. Zunächst musst Du als Arbeitnehmer bereit und in der Lage sein, die Beschäftigung in einem gewissen Umfang wiederaufzunehmen. In der Regel wird diese Entscheidung gemeinsam mit dem behandelnden Arzt getroffen. Die Gesundheit der Arbeitnehmer steht hierbei an erster Stelle. Nachfolgend findest Du die wesentlichen Voraussetzungen, welche für eine Wiedereingliederung erfüllt sein müssen.

  • Es liegt nach wie vor eine Arbeitsunfähigkeit vor
  • Arbeitnehmer, Arbeitgeber sowie der Rehabilitationsträger haben der Maßnahme zugestimmt
  • Bescheinigung des Arztes über eine für die jeweilige Arbeit ausreichende Belastbarkeit liegt vor
  • Es besteht ein Geldleistungsanspruch gegenüber dem Rehabilitationsträger
  • Das Hamburger Modell wird grundsätzlich nur Mitarbeitern gewährt, welche bei einer gesetzlichen Krankenversicherung sind. Eine Ausnahme bildet beispielsweise die Heilfürsorge.

Alles über die stufenweise Wiedereingliederung

Mit der stufenweisen Wiedereingliederung soll der Arbeitnehmer Schritt für Schritt in den beruflichen Alltag zurückgeführt werden. Der Beginn dieser Maßnahme ist meist der Zeitpunkt, zu dem Du als Arbeitnehmer noch arbeitsunfähig bist. Ein sehr genauer Wiedereingliederungsplan soll das Grundgerüst für die Wiedereingliederung bilden und den Rahmen der Arbeitszeit sowie der zumutbaren Leistung bestimmen. Durch das sukzessive Aufstocken der zu erbringenden Arbeitszeit kann der Mitarbeiter schnell und dennoch vorsichtig zurück ins Berufsleben geführt werden. Die stufenweise Wiedereingliederung ist eine freiwillige Maßnahme, welche Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern anbieten können. Sie sind jedoch nicht wie bei einem betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) zu einem Angebot verpflichtet.

Anzeige

Wie lange dauert eine Wiedereingliederung?

Die Dauer einer Wiedereingliederung bestimmt sich nach den individuellen Gegebenheiten des Einzelfalls. Wird das Hamburger Modell betrachtet, liegt die Dauer in der Regel zwischen sechs Wochen und sechs Monaten. Wie lange die Wiedereingliederung in einem speziellen Fall dauert, hängt insbesondere von der festgelegten täglichen Arbeitszeit ab. Möglich ist auch ein schrittweiser Ausbau der Arbeitszeit, welche sich an der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers orientiert. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können individuelle Regelungen treffen, um die Dauer der Wiedereingliederung optimal an die Bedürfnisse beider Parteien anzupassen.

Je nach Fortschritt kann die festgelegte Dauer auch verkürzt oder entsprechend verlängert werden. Eine Verlängerung kann beispielsweise dann angestrebt werden, wenn die vereinbarte Zeit zu kurz ist. Dies ist grundsätzlich bei einer Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell möglich. Eine Verlängerung der Maßnahme ist nach Rücksprache auf bis zu 12 Monate möglich. Hierzu muss jedoch die Bestätigung der Krankenkasse eingeholt werden. An dieser Stelle soll vorwiegend die Gesundheit von Dir als Arbeitnehmer geschützt werden.

In diesem Zeitraum werden Arbeitnehmer Schritt für Schritt ins Arbeitsleben zurückgeführt. Hierbei kann beispielsweise mit einer täglichen Arbeitszeit von zwei Stunden gestartet werden. Nach etwa zwei bis vier Wochen lässt sich diese Arbeitszeit entsprechend der Leistungsfähigkeit ausbauen.

Anzeige

Ablauf einer Wiedereingliederung

Die Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell ist nach einem längeren Krankheitsausfall ein beliebter Schritt zur Rückführung ins Berufsleben. Sie kann vom Arbeitnehmer selbst oder auch vom Arbeitgeber vorgeschlagen werden. Die Voraussetzungen für eine solche Maßnahme müssen jedoch vorliegen. Hierzu gehört eine ärztliche Bescheinigung, dass der Arbeitnehmer die Tätigkeit auf geringfügiger Basis wiederaufnehmen kann. Mit einem Wiedereingliederungsplan wird der Fortschritt der Genesung in Zusammenhang mit der durchgeführten Tätigkeit dokumentiert.

Auch nach dem Ende der Maßnahme gibt es noch einige wesentliche Punkte zu beachten. Lag der Grund der Krankheit in der ausgeübten Tätigkeit, muss das Risiko erneuter gesundheitsbedingter Ausfälle minimiert werden. Dadurch soll langfristig für die Gesundheit des Arbeitnehmers gesorgt werden. Oftmals ist es daher notwendig, den Tätigkeitsbereich oder Arbeitsplatz neu zu strukturieren und auf den Arbeitnehmer anzupassen. Zur Umsetzung kann der Betriebsart hinzugezogen werden, um die Interessen beider Parteien optimal zu vereinen. Wird das Betriebliche Eingliederungsmanagement genutzt, kann von begleitenden Hilfen im Arbeitsleben profitiert werden. Weiterhin werden dem jeweiligen Arbeitnehmer Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsplatz sowie zur medizinischen Rehabilitation geboten. Insgesamt ist die Wiedereingliederung eine effektive Methode, um Langzeitkranke unter Berücksichtigung ihrer Gesundheit wieder zurück ins Berufsleben zu führen.

Wiedereingliederung in ein Teilzeit-Modell

Bei einigen Arbeitgebern und Arbeitnehmern entsteht die Idee, für die Wiedereingliederung das bekannte Teilzeit-Modell anzuwenden. Doch dieses Teilzeit-Modell entspricht im Allgemeinen nicht dem Gedanken der Wiedereingliederung. Während sich bei einer Teilzeitstelle lediglich der zeitliche Umfang der Beschäftigung verringert, wird bei der Wiedereingliederung zudem die Leistungsanforderung an den Arbeitnehmer reduziert. Hierdurch ergibt sich eine deutliche Entlastung, welche auf völlig anderen Strukturen basiert.

Anzeige

Eine Wiedereingliederung ist demnach nicht gleichbedeutend mit einer Teilzeit-Anstellung. Dennoch können sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf ein solches Modell einigen, wenn es in beiderseitigem Interesse ist.

Wiedereingliederungsplan für reibungslose Prozesse

Um den Ablauf der Maßnahme für alle Parteien strukturiert und klar zu definieren, wird ein Wiedereingliederungsplan erstellt. Dieser wird vom behandelnden Arzt erstellt und an Dich als Arbeitnehmer ausgehändigt. Grundsätzlich muss sich der Arbeitgeber ohne einen solchen Plan nicht auf eine Wiedereingliederung einlassen. Auch er muss die Besetzung der Arbeitsstellen planen und wissen, welche Verantwortungen und notwendigen Schritte auf ihn zukommen.

Ein Wiedereingliederungsplan enthält grundsätzlich folgende Punkte:

Anzeige
  • Beginn und Ende des Stufenplans
  • nähere Informationen zu den einzelnen Stufen (beispielsweise Art und Dauer)
  • Tätigkeiten und Belastungen, welche vermieden werden sollen
  • Begleitende Maßnahmen am Arbeitsplatz
  • voraussichtlicher Zeitpunkt der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit
  • Rücktrittsrechte im Hinblick auf die Maßnahme

Nur wenn sich alle Parteien auf einen Wiedereingliederungsplan einigen, kann der Prozess in Kraft treten. Die Maßnahme kann jederzeit abgebrochen werden, wenn sich die Voraussetzungen geändert haben. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer zu der Arbeitsleistung gesundheitlich noch nicht in der Lage ist. Hierbei ist die Rücksprache mit dem Rehabilitationsträger notwendig.

Die stufenweise Wiedereingliederung schwerbehinderter und gleichgestellter Kollegen ist an besondere Regelungen geknüpft. Auch hier wird dem Arbeitgeber ein vom Arzt ausgestellter Plan ausgehändigt. Dieser enthält die Bedingungen und andere Informationen über die Wiedereingliederung. Der Arbeitgeber kann auf Grundlage dieser Angaben entscheiden, ob er einer Wiedereingliederung zustimmen möchte oder nicht.

Bezahlung bei einer Wiedereingliederung

Eine wichtige Frage für Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist die der Bezahlung bei einer Wiedereingliederung. Grundsätzlich erhält der Arbeitnehmer während dieser Zeit kein reguläres Arbeitsentgelt. Vielmehr erhält er eine Lohnersatzleistung, welche in Form eines Krankengelds, Verletztengelds oder Übergangsgeld gezahlt wird. Für die Lohnersatzleistung muss in der Regel nicht der Arbeitgeber aufkommen. Sie wird vom jeweiligen Rehabilitationsträger getragen, welche meist die Kranken- oder Rentenversicherung des Arbeitnehmers ist. Die Zuständigkeit hängt von der Ursache der Arbeitsunfähigkeit ab.

Anzeige

Alternativ können Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch individuelle Abreden treffen, welche die Bezahlung bei der Wiedereingliederung betrifft. Grundsätzlich sollte der Arbeitnehmer hierbei jedoch nicht schlechter gestellt werden. Als Arbeitnehmer kannst Du Dir daher sicher sein, dass Du bei einer Wiedereingliederung finanziell abgesichert bist.

Bildnachweis: Foto von Michael Dam auf Unsplash

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

Mach mit und diskutiere mit uns in unserer Skool Community!

Egal, ob du Fragen hast, Antworten suchst oder einfach nur deine Erfahrungen zu diesem oder anderen Themen teilen möchtest, du bist herzlich willkommen. Diskutiere mit, erweitere dein Wissen und werde Teil einer inspirierenden Gemeinschaft. Zur Arbeits-ABC Community