Quälgeister, Miesepeter oder Egoman:innen – wir alle kennen sie. Und wir wissen, wie du mit ihnen zusammenarbeitest, auch wenn sie dich in den Wahnsinn treiben.

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Kolleg:innen, die so große Schleimspuren bei anderen hinterlassen, dass man auf ihnen bis nach Australien gleiten könnte. Unsympath:innen, die sich aufspielen. Oder der Kollege, dessen Frisur uns seltsamerweise triggert. Wir alle hegen Abneigungen gegen bestimmte Menschen, die uns wahnsinnig auf die Palme bringen.

Antipathie hat viele Gründe. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird darunter oft das Gegenteil der Sympathie verstanden: Der Begriff beschreibt eine Abneigung und eine abwertende Haltung einem Menschen gegenüber, um den wir am liebsten einen Bogen machen. Das können zum Beispiel bestimmte Kolleg:innen oder unsere Vorgesetzten sein, die wir nicht gut riechen können, den „Gestank“ aber ertragen müssen, weil so viel Nähe da ist.

Machen wir heute reinen Tisch: Wie wahrscheinlich ist es, dass diese Menschen, gegen die wir eine große Abneigung hegen, uns absichtlich ärgern wollen? Wir kennen die Antwort: Niemand macht sich so viele Gedanken um uns, als wir selbst.

Dennoch nehmen wir es persönlich. Schon Kleinigkeiten, die uns an unserem Gegenüber nerven, lassen die Gefühle überkochen. Deshalb ist diese Art von Abneigung auch so interessant: Sie hat mehr mit uns selbst zu tun, als wir zunächst annehmen – und das gibt dir die Kontrolle und die Möglichkeit, dich nicht weiter genervt, hilflos oder überfordert zu fühlen.

Wenn du verstehst, was hinter deiner Abneigung steckt, wird es dir leichtfallen, einen besseren Umgang mit unsympathischen Kolleg:innen zu finden.

Gründe, warum wir unsere Kolleg:innen nicht ausstehen können

#1: Ich will, was sie haben

Ja, Neid ist kein schönes Wort. Vor allem nicht, wenn wir uns selbst reflektieren müssen und feststellen, dass wir neidisch sind. Er ist aber auch so alt wie die Menschheit selbst. Schon seit der Kultur des Mittelalters gehört der Begriff Neid (lat. „invidia“) zu den sieben katholischen Todsünden. Der US-amerikanische Autor Joseph Epstein ist der Meinung, dass dieses Gefühl sogar das schlimmste ist, weil Vernichtungswünsche hochkommen könnten.

Wer eine Abneigung gegen einen Kollegen oder gegen eine Kollegin hegt, könnte deshalb schlicht und ergreifend das haben wollen, was dieser Mensch bereits hat. Das könnte die Anerkennung der Chefin, Geld, eine Familie oder einfach nur der schöne Arbeitsplatz direkt am Fenster sein. Deshalb kommen manchmal unerklärliche Gefühle hoch, die unser Herz rasen und uns innerlich toben lassen – auch wenn wir zunächst selbst nicht verstehen, warum unser Innenleben Achterbahn fährt und bei vermeintlichen Kleinigkeiten abgeht.

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#2: Ich sträube mich gegen mein „Spiegelbild“

Im 19. Jahrhundert hat Sigmund Freud die Psychoanalyse auf bedeutende Weise geprägt. Der Psychoanalyse haben wir heute auch den psychodynamischen Begriff der „Übertragung“ zu verdanken. Gemeint sind verdrängte, unbewusste Gefühle, die reaktiviert werden, wenn wir sie auf aktuelle Beziehungen schieben. Das kann auch die Beziehung zwischen dir und deiner Kollegin sein. Sehen wir nun etwas an diesem Menschen oder erkennen eine Verhaltensweise, die wir selbst an uns „hassen“ oder unsympathisch finden, entsteht der Theorie nach eine Abneigung. Wir sträuben uns also gegen das, was auch wir selbst sind und was wir nicht verarbeitet haben.

#3: Ich werde nicht gesehen oder anerkannt

Wut und Ärger können schnell aufkommen, wenn wir das Gefühl haben, dass uns jemand nicht so sieht, wie wir tatsächlich sind. Ignoranz und mangelnden Wertschätzung können Gründe dafür sein. Sobald wir uns von jemandem abgelehnt fühlen, zerrt das an unserem Selbstwertgefühl – und die Sympathie dieser Person gegenüber fällt in den Keller.

Übrigens: Die Abneigung kann auch entstehen, wenn wir uns für jemanden bemühen, nur um festzustellen, dass die Mühe nicht anerkannt wird.

#4: Unsere Werte unterscheiden sich und verursachen eine Kollision

Jemand kann anders sein als du – und auch deshalb kann es dazu kommen, dass wir bestimmte Kolleg:innen nicht mögen. Zumeist hat das mit der eigenen Wertvorstellung und der Art und Weise, die eigene Arbeit und das eigene Leben zu gestalten, zu tun. Wenn du Sicherheit liebst oder Wert darauf legst, dass Meetings pünktlich stattfinden, dein Kollege aber lieber ins Gym geht oder eine Runde zockt, bevor er mit Verspätung zum Treffen kommt, reagierst du mit Sicherheit genervt. Reibereien und lange Diskussionen inklusive.

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Was kann ich tun, um mit diesen Kolleg:innen erfolgreich zusammenzuarbeiten?

Manchmal wird die Begegnung mit Menschen, die wir nicht mögen, zur Qual. Eine Zusammenarbeit ist eine Steigerung dieser Qual. Obwohl wir sie um jeden Preis meiden möchten, müssen wir versuchen, uns irgendwie zu arrangieren. Es geht schließlich um den Job, der wir so wichtig ist. Welche Möglichkeit hast du?

Vorschlag #1: Kenne dich selbst am besten

Wenn du merkst, dass in Anwesenheit oder beim Gedanken an bestimmte Kolleg:innen oder Chef:innen Wut oder abwertende Gefühle in dir hochkommen, hat das Gründe. Kennst du sie? Halte inne, bevor du dich weiter hineinsteigerst und wechsle die Richtung. Manchmal erinnert uns ein bestimmtes Gesicht, ein Geruch, eine Stimme oder eine ganz bestimmte Verhaltensweise an etwas, das wir negativ in Erinnerung haben. Erinnerungen, die beispielsweise unserer Kindheit oder Jugend entstammen.

Deshalb ist es wichtig, dass du deine eigene Biografie reflektierst und weißt, was dich triggert. Die Zusammenarbeit mit dieser Person wird die einfacher von der Hand gehen, wenn du weißt, dass du dich nicht mehr in einer hilflosen Situation wie „damals“ befindest.

Vorschlag #2: Baue deine Empathie aus – so hart es auch sein mag:

Wenn wir jemanden nicht ausstehen können, bauen wir automatisch eine Distanz auf. Sie lässt nicht zu, Sympathie zu empfinden. Das verwehrt uns die Möglichkeit, eine kollegiale Beziehung aufzubauen. Es muss keine Freundschaft werden, wohl aber eine solide Basis für eine unkomplizierte Zusammenarbeit.

Tipp: Lade deine „Feinde“ doch einfach mal zu einem gemeinsamen Mittagessen in der Kantine oder im Restaurant ein. Manchmal genügen kleine Gesten, um Interesse zu signalisieren – und auch sich selbst zu beweisen, dass es auch anders geht.

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Vorschlag #3: Entwickle deine Toleranz

Auch dieser Schritt ist wichtig, um mit unsympathischen Kolleg:innen besser harmonieren zu können. Vielleicht hattest du das große Glück, bisher nur mit dir sympathischen Menschen mit ähnlichen Werten und Verhaltensweisen zusammenzuarbeiten. Nun bringt dich die Andersartigkeit dieser bestimmten Person in Rage.

Erweitere deine Toleranzgrenze. Nicht jeder denkt und handelt wie wir. Das ist auch gut so, denn andernfalls würden uns großartige Perspektiven und kreative Lösungen fehlen, von denen wir profitieren, wenn nicht alles gleich ist.

Vorschlag #4: Konzentriere dich auf die Stärken deines Gegenübers

Nur Schwächen aufzuzählen, das ist leicht und keine Kunst. Aber wir alle tendieren dazu, Menschen zu verurteilen. Um dir die Zusammenarbeit mit einem Menschen zu erleichtern, hilft es, ehrlich zuzugeben, was diese Person besonders gut beherrscht und was sie auch sympathisch machen könnte.

Strenge dich an, aber erwarte keine Wunder: Menschen, die uns am Herzen liegen, kennen wir zumeist besser. Bei ihnen fällt es uns einfacher, ihre positiven Eigenschaften aufzuzählen. Kolleg:innen, mit denen du nicht viel zu tun hast, weil du oft das Weite suchst, kannst du gar nicht zu 100 Prozent beurteilen.

Vorschlag #5: Dein erster Eindruck wird nicht in Stein gemeißelt

Wenn du schon bei der ersten Begegnung mit einem Menschen merkst, dass dich etwas stört, solltest du nicht zu schnell mit der Kategorisierung beginnen. Lerne sie kennen, um deinen ersten Eindruck möglicherweise zu revidieren.

Merke dir: Du bist selbst in der Lage, aktiv etwas zu tun, um mit unsympathischen Kollegen klarzukommen. Zumeist lösen sich einige Missverständnisse auf, wenn das gegenseitige Verständnis wächst.

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Tipp zum Schluss: Kündigung nur eine Notlösung

Dich quält die Zusammenarbeit mit einer speziellen Person so sehr, dass du darüber nachdenkst, das Unternehmen zu wechseln? Kündigen solltest du nur im äußersten Notfall. Denn: Ein ähnliches Problem wird dir auch in Zukunft weiterhin begegnen, wenn du nicht bereit bist, es jetzt zu lösen.

Bevor du flüchtest, ist es deshalb wichtig, zu bleiben, zu reden, zu lösen oder dich mit dem zu arrangieren, was ist – und das ist oft die Andersartigkeit, der persönliche Struggle dieser Kolleg:innen, die es nicht unbedingt „auf dich abgesehen“ haben, wenn sie wieder einmal ein tierisch nerviges Verhalten an den Tag legen. Hole dich gedanklich selbst aus ihrer der Schusslinie.

Bildnachweis: grinvalds/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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