Fakten reichen nicht aus. Wer über einen Jobwechsel entscheiden will, sollte die Kraft der Intuition nutzen und auf sein Bauchgefühl hören.

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Jobwechsel: Wie soll ich mich bloß festlegen?

Wir nennen es Erfahrung oder Intuition und beschreiben es als „so ein Gefühl“: Gemeint ist das berühmte Bauchgefühl, das uns bei schwierigen Entscheidungen den Weg weist.

Ignorieren wir unser Bauchgefühl bei der Entscheidungsfindung in Sachen Job, kann sich dieses Verhalten später rächen. Möglich ist, dass wir eine Stelle kündigen, um ein vermeintlich besseres Angebot anzunehmen, und dies hinterher bereuen. Oder wir schlagen ein Angebot aus, weil uns rationale Gründe zurückhalten.

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Gehirnforscher und Biologen, zu denen auch der im April 2023 verstorbene Gerhard Roth zählte, gehen davon aus, dass fast alle Entscheidungen grundsätzlich unterbewusst erfolgen. Bewusst sei uns demnach von dem, so Roth, was in unserem Hirn tatsächlich passiere, etwa 0,1 Prozent oder weniger.

Und das hat einen guten Grund. Denn unsere unterbewussten Entscheidungen, unsere Bauchentscheidungen, basieren auf einem natürlichen Prozess, der uns oft dazu verhilft, intuitiv gute Entscheidungen zu treffen.

Ratio vs. Bauch: Ein ewiger Konflikt

Täuschen lassen sollten wir uns dennoch nicht, weil unsere Ratio (Vernunft) ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Entscheidungsfindung einnimmt. Der Name ist Programm. Unsere Ratio steht für die rationalen Gedanken und hält uns zum Beispiel davon ab, übereilte Entscheidungen zu treffen.

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Warum das letzte Wort vor allem bei wichtigen Entscheidungen wie Kündigung, Jobwechsel oder Berufswahl dennoch das Bauchgefühl haben sollte, hängt unter anderem mit unserem Risikoverstand zusammen. Zu viel Ratio bedeutet, keine Risiken eingehen zu können und so vielleicht eine tolle Jobchance zu verpassen. Wer immer vorsichtig ist und lediglich auf die Vernunft hört, ignoriert und unterschätzt die feinen Antennen der Intuition. Diese kann kraftvoll sein, weil sie unsere bisherigen Erfahrungen bei der Suche nach einer Entscheidung automatisch berücksichtigt.

Beim ewigen Konflikt zwischen Bauch und Kopf gilt deshalb: Im Zweifelsfall solltest du gut abwägen und deinem Bauchgefühl lauschen. Damit liegen wir erfahrungsgemäß richtig, auch wenn Fehlentscheidungen nicht zu 100 Prozent ausgeschlossen werden können.

Bauchentscheidungen bei der Jobwahl: Was sagt die Wissenschaft?

Eine US-amerikanische Studie konnte belegen, dass im Prozess der Entscheidungsfindung unsere Intuition und damit unser Bauchgefühl häufig unsere Ratio schlägt.

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Entscheidend sind dabei auch die Mechanismen: Während Bauchentscheidung oft gefühlsbezogener sind und zudem häufig schneller getroffen werden, finden Kopfentscheidungen analytischer statt. Vernunftbasierte Entscheidungen nehmen nicht nur mehr Zeit, sondern auch mehr Kontrolle ein. Sie können deshalb, wenn es auf Mut ankommt, blockierend wirken, weil „vernünftige“ Entscheidungen sich auf Logik beziehen. Und Logik könnte eine mutige Entscheidung, die zum Beispiel mit dem Risiko einhergeht, einen sicheren Job aufzugeben, um die Traumstelle anzunehmen, nicht bieten.

Übrigens: Deine Jobentscheidung schlägt dir so richtig auf den Magen? Die sogenannte Neurogastroenterologie untersucht in der Medizin alles, was mit unserem Magen-Darm-Bereich zu tun hat. Mediziner sprechen, wenn es um das berühmte Bauchgefühl geht, auch von der Hirn-Bauch-Achse. Demnach kommt es zum Beispiel zu einem „schlechten Bauchgefühl“ oder Störungen im Magen-Darm-Bereich, wenn wir uns psychisch belastet fühlen. Es wird ein enger Zusammenhang zwischen unserem Wohlbefinden und unserem Magen-Darm-Trakt vermutet, was die Bedeutung unseres Bauchgefühls umso interessanter macht.

Wenn Bauch und Kopf uns verwirren

Nicht immer ist es möglich, zwischen Kopf- und Bauchgefühlen zu unterscheiden. So ist es denkbar, dass wir reine Bauchentscheidungen als Vernunft werten – oder umgekehrt. Wenn wir permanent ein „schlechtes Bauchgefühl“ in Bewerbungsgesprächen haben, ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass unser Verstand uns einen Streich spielt und sich einmischt.

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Aber auch das Bauchgefühl kann manchmal irreführend sein. Psychologin Marie Juanchich (University of Essex, GB), die sich mit menschlichen Verhaltensweisen und unserer Kognition beschäftigt, weist in diesem Zusammenhang auf sogenannte Wahrnehmungsverzerrungen hin. Aufgrund von Logikfehlern entscheiden wir dann, dass unser Bauch uns schon den korrekten Weg weist, obwohl logische Gründe dagegen sprechen.

Ein Beispiel ist hier das Lottospielen: Haben wir immer wieder Pech, gehen wir manchmal davon aus, dass bei vielen Niederlagen irgendwann das Glück folgen muss. Ein Trugschluss – denn schließlich handelt es sich immer noch um ein reines Glücksspiel, welches auf Zufällen beruht.

Bessere Entscheidungen beim Jobwechsel treffen: Das hilft dir

Überlegst du, deinen Job aufzugeben, um etwas Neues zu wagen, schließt du dich damit vielen Arbeitnehmern an. Die Wechselbereitschaft hat zugenommen.

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Macht dir deine Vernunftstimme aber einen Strich durch die Rechnung, weil du den Absprung einfach nicht wagen kannst oder dich nicht traust, ein Stellenangebot anzunehmen oder abzulehnen, werden dir unsere folgenden Tipps weiterhelfen.

Tipp #1: Sei achtsam: In Stresssituationen übernimmt der Kopf

Weil wir in stressigen Situationen logischerweise dazu tendieren, weitere Stressfaktoren eliminieren zu wollen, treffen wir in hektischen Zeiten oft eine vernunftbasierte Entscheidung oder schlagen komplett über die Stränge. In solchen Situationen gewinnt unser Kopf – oder die Verzweiflung.

Solltest du über eine Jobentscheidung nachdenken, ist es deshalb wichtig, dich nicht unter Druck setzen zu lassen. Triff deine Entscheidung in Ruhe und nicht, wenn der Chef meckert, der Kollege nörgelt oder das Telefon klingelt.

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Tipp #2: Dein Körper spielt eine Rolle: Nimm die Signale wahr

Dir wird ganz mulmig, wenn du über die neue Stelle nachdenkst? Oder spürst du ein freudiges Kribbeln im Körper, wenn du an dein neues Jobangebot denkst?

Unser Körper signalisiert uns häufig, wie wir uns tatsächlich fühlen. Können wir uns nicht entscheiden, kann dieser eine Hilfe sein. Ignoriere deine Körpersignale deshalb nicht und nutze sie als zusätzliche Entscheidungshilfe.

Tipp #3: Dein Bauchgefühl „spricht“? Bitte nicht ignorieren

Der Mensch ist ein Künstler darin, sich Dinge in den schlimmsten Situationen „schön“ zu malen. Wir lieben es, Ängste durch Verdrängung zu bekämpfen oder Negatives durch übertriebenen Optimismus zu ersetzen.

Dein Bauchgefühl solltest du aber keinesfalls außer Acht lassen, wenn es mit dir spricht. So schön ein Job auch klingen mag: Wenn du beim Bewerbungsgespräch kein gutes Gefühl hattest, wird es einen Grund geben, warum du dich so fühlst. Und wenn du nicht weißt, was es ist, wird deine Intuition es wissen, auf die du vertrauen kannst.

Tipp #4: Überprüfe deine Ängste: Sind sie berechtigt?

Mit rationalen Entscheidungen wollen wir nicht nur die richtige Entscheidung treffen, sondern uns vor allem vor Enttäuschungen und Verletzungen schützen. Nehmen wir als Beispiel das Verliebtsein. Wer vernunftbasiert handeln will, nimmt sich eher zurück und wartet mit dem Liebesgeständnis, um keinen Korb zu kassieren.

Lassen wir jedoch unseren Bauch sprechen, plädiert dieser mutig dafür, die drei magischen Worte doch auszusprechen – obwohl damit das Risiko einhergeht, zurückgewiesen zu werden.

Geht es um deine Jobentscheidung, solltest du deshalb deine Ängste einmal genauer unter die Lupe nehmen:

  • Welche Sorgen hast du?
  • Welche Angst ist real – und welche eine „alte“ Angst, die dich bei aktuellen Entscheidungen immer noch blockiert?
  • Was könnte im schlimmsten Fall passieren?

Tipp #5: Werde dir über das bewusst, was deine Entscheidungen beeinflusst

Ob gefühlsbezogen oder vernunftbasiert: Manchmal kündigen wir einen Job, um eine neue Stelle anzunehmen, weil wir uns haben beeinflussen lassen – von äußeren Umständen, Menschen oder eigenen Gefühls- und Stimmungsschwankungen. Bist du dir deiner Motive bewusst?

Obwohl der Rat von Freunden oder Kollegen hilfreich sein kann, ist es wichtig, am Ende deinem eigene Bauchgefühl zu vertrauen. Es täuscht uns selten.

Bild: Delmaine Donson/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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