Leere Versprechungen, Eigenlob, hohe Fluktuation: Eine schwache Führung hat viele Gesichter. Diese Zeichen sprechen dafür, dass mit dem Führungsstil in der Chefetage etwas nicht stimmt.

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Jedes Unternehmen ist auf gute und gesunde Führung angewiesen. Eine Untersuchung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zeigt, welchen Einfluss das Verhalten von Führungskräften auf die Psyche von Angestellten nimmt. Demnach verbessere sich durch eine starke Führung das Arbeitsklima und die Gesundheit sowie das Wohlbefinden von Beschäftigten steigt.

Zeigen Anführer auffällige Verhaltensweisen, ist das ein Zeichen dafür, dass etwas nicht in Ordnung ist. Negative Anzeichen, etwa leere Versprechungen und fehlende Wertschätzung, können das emotionale Wohlbefinden des Teams gefährden.

Je früher „die Wurzel allen Übels“ erkannt wird, desto wahrscheinlicher ist die Rettung dessen, was noch gerettet werden kann. Schwierig wird es aber, wenn Teams das Verhalten ihrer Vorgesetzten nicht infrage stellen. Das ist keine Seltenheit: Von Natur aus neigt der Mensch dazu, Personen in Autoritätsstellung nicht zu hinterfragen, sondern sie zu idealisieren.

Anhand folgender Anzeichen kann jedoch objektiv beurteilt werden, ob eine schwache Führung vorliegt:

1. Anzeichen: Probleme mit Nähe und Distanz

Das Nähe-Distanz-Verhältnis zwischen Vorgesetzten und Angestellten wird häufig zu einer Herausforderung für Anführer eines Teams, die zum einen oder anderen Extrem neigen.

Eine professionelle Nähe zu Beschäftigten ist essenziell, um sich zugänglich zu zeigen, das Vertrauen der Mitarbeiter zu gewinnen und das Team zu stärken. Zu viel Nähe wirkt jedoch schnell kumpelhaft. Grenzen verschwimmen und die Ernsthaftigkeit geht verloren.

Auch die Sache mit der Distanz ist knifflig: Extreme Distanz wirkt kühl, unnahbar und auch unsympathisch.

Schwache Führung kann anhand eines ambivalenten Verhaltens in Bezug auf das Nähe-Distanz-Verhältnis festgemacht werden. Wenn Chefs sich an einem Tag extrem nahbar zeigen und am nächsten Tag „so tun“, als hätte es das emotionale Gespräch gestern nicht stattgefunden bzw. wird dieses etwa nonverbal durch eine distanzierte Körperhaltung geleugnet, spricht es dafür, dass sie nicht zu sich und auch nicht zu ihrer Belegschaft stehen.

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2. Anzeichen: Hohe Fluktuationsrate

Die Verantwortlichkeit, Mitarbeiter zu binden, liegt in allererster Linie bei den Führungskräften. Zahlen sprechen für sich – und bei diesem Punkt ist schwache Führung messbar. Verlassen viele Angestellte das Team über kurz oder lang, deutet die Mitarbeiterfluktuation darauf hin, dass etwas nicht in Ordnung ist.

Wichtig: Massenhafte Abgänge können auch betrieblich bedingt sein oder andere Gründe haben. Bei diesem Punkt sollte deshalb berücksichtigt werden, ob noch weitere Anzeichen einer schwachen Führung vorliegen.

3. Anzeichen: Viel Eigenlob

Sich selbst zu loben, das ist wichtig. Neigen Personen in Führungsposition zu einer übertriebenen Selbstverherrlichung, kann dies jedoch ein Zeichen für eine schwache Führung sein. Nutzen Chefs ihre Machtposition aus, um eigene emotionale Bedürfnisse am laufenden Band zu befriedigen, ist es ein sicheres Anzeichen dafür, dass der Führungsstil hinterfragt werden sollte.

4. Anzeichen: Leere Versprechen

Die Gehaltsverhandlung wird täglich verschoben, Termine platzen und das versprochene Dokument fehlt immer noch im E-Mail-Postfach.

Mitarbeiter verlassen sich auf Führungskräfte, wenn diese versichern, sich um eine bestimmte Angelegenheit zu kümmern. Werden Versprechungen und Abmachungen immer wieder ignoriert oder nicht eingehalten, deutet das Verhalten auf Führungsschwäche hin.

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5. Anzeichen: Toxisches Verhalten (z. B. Lügen)

Ein eindeutiges Anzeichen, welches auf schwache Führung hinweist, ist das toxische Verhalten von Personen, welche sich in einer Machtposition befinden. Zu einem typisch toxischem Auftreten gehören folgende Auffälligkeiten:

  • passiv-aggressives Verhalten
  • Unaufrichtigkeit und Lügen
  • kein Mitspracherecht für Mitarbeiter
  • erniedrigende Wortwahl
  • sich über andere lustig machen, um selbst zu glänzen

6. Anzeichen: Fehlende Wertschätzung

Frust, Konflikte oder gar innere Kündigungen sind vorprogrammiert, wenn Teamleader nicht in der Lage sind, Wertschätzung zu kommunizieren. Denn: Ehrliche Anerkennung und Wertschätzung wirken wie Treibstoff für Beschäftigte. Fehlt dieser, zeigen sich früher oder später die Resultate der schwachen Führung: Mitarbeiter ziehen sich zurück, melden sich krank oder verlassen die Firma.

„Cheffing“: Wie weit sollten Mitarbeiter gehen, um ihre Chefs zu unterstützen?

Fakt ist, dass perfekte Führungskräfte bis heute nicht vom Himmel gefallen sind. Anstatt in die Regression zu gehen, die Firma zu verlassen oder Probleme zu unterdrücken, können Teams das Ruder selbst in die Hand nehmen.

Führung von unten oder „Cheffing“ – so nennt sich das Modell, welches auf subtile Weise Einfluss auf den eigenen Boss nehmen soll:

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  • Mitarbeiter sollten zunächst genau herausfinden, wie der eigene Chef wirklich tickt.
  • Typische Verhaltensweisen, etwa das Konfliktverhalten, werden analysiert.
  • Wirkt die Führungskraft eher distanziert, und das ist keine Seltenheit, da Führung manchmal auch einsam machen kann, hilft es, gezielt Interesse zu zeigen – etwa in Gesprächen, bei Team-Events etc.
  • Um sich bereitwillig vom Personal beeinflussen zu lassen, müssen Vorgesetzte zunächst die Bereitschaft zeigen, zu vertrauen. Fehlt das Vertrauen zur Belegschaft, ist Führung von unten schwierig.

No-Gos: Was sollten Mitarbeiter besser unterlassen?

Es gibt Grenzen, auf die Beschäftigte Rücksicht nehmen sollten, auch wenn sie den Führungsstil ihrer Vorgesetzten bemängeln. Dazu gehören folgende Punkte:

Keine Bloßstellung riskieren:

Möglicherweise besitzen Teammitglieder selbst Skills, die sie zu einer guten Führungskraft machen. Auch wenn wir es vermeintlich besser wissen: Vorgesetzte zu blamieren, weil diese nicht ganz perfekt sind, Fehler machen oder noch an sich arbeiten müssen – davon ist eindeutig abzuraten.

Tipp: Besser ist es, Stärken hervorzuheben, Fehler zuzulassen und gemeinsam zu lernen. Bekanntlich ist niemand vollkommen – auch unsere Chefs können so täglich wachsen.

Fehlende Kommunikation verhindern:

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Werden Probleme nur im Team und unter Ausschluss der Person besprochen, um die es eigentlich geht, kann die Herausforderung sich vergrößern. Um Loyalität und Integrität zu beweisen, sollten Mitarbeiter ihre Vorgesetzten ins Boot holen, wenn sie ernsthafte Schwierigkeiten erkennen.

Direkte Kommunikation ist immer noch der effektivste Weg, um Konflikte zu lösen sowie über Erwartungen zu sprechen und realistische Forderungen zu stellen.

Führungskräften nicht die Position indirekt absprechen:

Auch wenn eine Einflussnahme stattfindet, sind unsere Chefs immer noch unsere Chefs. Zwar tragen flache Hierarchien dazu bei, auf Augenhöhe zu kommunizieren. Dennoch kämpfen sie mit einer anderen Verantwortung als Teammitglieder. Es wäre fatal, ihnen die eigene Position indirekt – etwa durch persönliches Aufspielen, Übertreibungen oder Machtdemonstration – abzusprechen.

Fazit: Schwache Führung kann nur bis zu einem gewissen Grad geduldet werden

Fehlende Kommunikation, zu viel Eigenlob oder hohe Fluktuationsraten: Ist die Rede von einer „schwachen Führung“, kann die Definition unterschiedlich ausfallen. Unternehmen und Teams sollten diese differenziert betrachten: Was kann geduldet werden – und welches Verhalten überschreitet eindeutig eine Grenze?

Trägt das Führungsverhalten dazu bei, dass das Unternehmen Mitarbeiter verliert und das Arbeitsklima vergiftet wird, gilt es, als Team zu reagieren. Der wichtigste Schritt hierbei ist, die Verantwortlichkeiten korrekt zuzuordnen und das Gespräch mit Vorgesetzten zu suchen.

Besonders wichtig: Eine Einflussnahme auf den eigenen Chef sollte niemals aus dem „Hinterhalt“ oder in böswilliger Absicht geplant werden, etwa um dem Boss für sein Verhalten eins auszuwischen. Das kann dazu führen, dass das bisherige Verhalten sich zusätzlich verstärkt und Vorgesetzte das Vertrauen verlieren.

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Bildnachweis: SvetaZi/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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