Weibliche Erwerbstätige zeigen hohe Wechselbereitschaft. Eine Forsa-Studie macht deutlich, dass Frauen unzufriedener mit ihrer Jobsituation sind als Männer. Hier kommt der wichtigste Grund.

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An jedem 8. März ist es so weit: Es ist wieder Weltfrauentag. Dieses Jahr fällt besonders auf, dass weibliche Beschäftigte nach der Pandemie noch immer auf der Suche nach Verdienstgleichheit und fairen Chancen sind. Denn Frauen haben es in der Arbeitswelt wegen der systematischen Benachteiligung oft nicht so einfach wie ihre männlichen Kollegen. Veraltete Rollenbilder, Gender-Pay-Gap und Betroffene, die aufgrund der „klassisch-weiblichen“ Erwerbsbiografien später eher in der Armut landen, machen die Schwere deutlich.

Die Unzufriedenheit ist spürbar. Eine Forsa-Umfrage, beauftragt von XING E-Recruiting, kommt jetzt zum Ergebnis: Fast 30 Prozent der weiblichen Erwerbstätigen sind mittlerweile – nach der globalen Pandemie – noch unzufriedener mit ihrer derzeitigen Jobsituation als zuvor. Mehr Frauen sind bereit, ihren Arbeitsplatz zu wechseln. Rund 38 Prozent gaben an, dass sie kündigen würden.

Das ist laut Umfrage der wichtigste Grund für die Wechselbereitschaft

Eine aktuelle Momentive/CNBC-Umfrage („Women at Work“) untermauert dies und macht auch den Grund für die hohe Wechselbereitschaft deutlich: 52 Prozent der Umfrageteilnehmerinnen sind bereit, ihre derzeitige Position aufzugeben, wenn sie einen Job finden, der besser bezahlt wird. Damit ist Geld zumindest dieser Umfrage nach der Nummer 1 Grund für die Bereitschaft weiblicher Erwerbstätiger, sich einen neuen Arbeitgeber zu suchen. Fast genauso wichtig ist Arbeitnehmerinnen, dass sie einen Job haben, der mit weniger Stress daherkommt (51 Prozent) und eine bessere Work-Life-Balance garantiert (48 Prozent).

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Verdienstungleichheit: 2022 haben Arbeitnehmerinnen 18 Prozent weniger verdient

Geld ist ein großes Thema – vor allem für Frauen, die selbstbestimmt leben möchten. Denn finanzielle Gleichberechtigung, die weiblichen Angestellten Unabhängigkeit, Entscheidungsfreiheit und Sicherheit bietet, ist bis heute ein Problem. Das Lohngefälle zwischen Frauen und Männern macht die Herausforderung sichtbar. Dass Frauen sich eine bessere Bezahlung wünschen und deshalb auch bereit wären, ihren derzeitigen Job aufzugeben, zeugt von Mut in einer männerdominierten Arbeitswelt. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) haben Frauen im Pandemiejahr 2022 durchschnittlich 18 Prozent weniger Lohn als ihre männlichen Kollegen erhalten.

„Paula-Prinzip“: Die Historie hat ihre Spuren hinterlassen

Traditionelle Rollenbilder und Muster, die sich bis heute abzeichnen, machen es beispielsweise für junge Frauen im gebärfähigen Alter nicht einfach, Führungspositionen zu übernehmen oder mehr Geld zu verdienen. Führungsetagen in Deutschland werden noch immer von männlichen Kollegen dominiert. Geschäftsführerinnen, die den Aufstieg geschafft haben, entscheiden sich oft gegen Kinder, um nicht am Spagat zwischen Familie und Beruf zu scheitern.

Erschreckend: Viele Frauen kommen erst gar nicht an höhere Positionen, obwohl sie das Zeug dazu hätten. Das entspricht dem „Paula-Prinzip“: Weibliche Angestellte werden unterschätzt, unterschätzten sich selbst, werden diskriminiert – und haben, so will es das berühmte „Peter-Prinzip“, eher inkompetente männliche Vorgesetzte, während sie selbst trotz Kompetenz auf der Strecke bleiben.

Gehen wir einen Schritt zurück: Erst 1949 war es möglich, der sozialen Ungerechtigkeit zu entgegnen. Zumindest in der Theorie. Denn in diesem Jahr kam es zur Gleichstellung von Mann und Frau in unserem Grundgesetz. Jahre später war es dann so weit, dass Frauen erstmals eigenständig ein Bankkonto für sich eröffnen und es führen durften. Heißt: Sie hatten die „Erlaubnis“, ihr eigenes Geld endlich auch verwalten zu können. Zuvor mussten Frauen sich die Erlaubnis ihrer Ehemänner holen, um überhaupt ihr eigenes Brot verdienen zu dürfen. Die Rollen waren klar verteilt.

Eine Vorstellung, die heute fast absurd erscheint – denn heute ist der eigene Verdienst und ein eigenes Konto eine Selbstverständlichkeit für die meisten Frauen. Und doch ist es ein Stück Geschichte, welches zu Deutschland gehört und die weibliche Emanzipation erheblich beeinflusst hat.

Neben besser bezahlten Jobs wünschen Frauen sich weniger Stress

Erwähnenswert ist, dass Frauen sich laut Momentive/CNBC-Umfrage am Arbeitsplatz gestresst fühlen. Rund 56 Prozent leiden demnach psychisch; Burnout ist ein Thema. Das überrascht wenig, sind die Krankentage in den letzten Jahren allen voran wegen Depressionen als Hauptgrund angestiegen.

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Eine faire Bezahlung würde es für viele Betroffene ermöglichen, sich beispielsweise auch mehr leisten zu können und weniger zu arbeiten – oder sich zumindest weniger Sorgen wegen der finanziellen Absicherung zu machen. Kommen Kinder ins Spiel, und davon sind insbesondere Alleinerziehende betroffen, spitzt sich die Lage zu. Die mangelnde Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die finanziellen Herausforderungen tragen dazu bei, dass Stress zum loyalen Dauerbegleiter für Frauen in der Berufswelt wird.

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie eine bessere Work-Life-Balance – davon würden nicht nur Frauen profitieren. Paare, die sich mit Kinderbetreuung und Haushalt abwechseln können und sich zugleich beruflich verwirklichen, das ist heute die Idealvorstellung vieler. Ganz einfach ist es bisher nicht: Arbeitgeber mit prähistorischen Unternehmensstrukturen gibt es zuhauf.

Karriereplanung für Frauen: Neue Unternehmenskulturen und Umdenken notwendig

Eine frauenfreundliche Unternehmenskultur würde in vielen Branchen einen Unterschied machen. Vor allem in Berufen und Positionen, die „typisch männlich“ und damit noch immer klischeebehaftet sind, ist dies notwendig. Eine bessere Karriereplanung für Frauen, die ebenfalls gutes Geld verdienen und sich selbst verwirklichen möchten, scheitert oft auch an der fehlenden Kita-Betreuung. Hier ist hoher Veränderungsbedarf.

Hinzu kommt: Da es sich um ein systematisches Problem handelt, ist ein Umdenken nicht nur in Führungsetagen notwendig, wenn es beispielsweise um die Beförderung weiblicher Mitarbeiter geht. Auch Frauen selbst haben es in der Hand, Empowerment zu leben. Denn die häufige Selbstunterschätzung, unter der weibliche Erwerbstätige leiden, wird einerseits durch die männerdominierte Arbeitswelt fast vorgegeben. Andererseits müssen wir stets bei uns selbst anfangen: Ein selbstbewusstes Mindset, mutige Schritte nach vorne und der Kampf und Fairness können sich im wahrsten Sinne des Wortes „auszahlen“.

Mehr Geld verlangen als Frau – so schaffst du es

Du hast nach einer Gehaltsverhandlung gefragt oder planst, mehr Geld zu verlangen? Sehr gut. Hier kommen einige Tipps für dich:

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Tipp #1: Nutze das Entgelttransparenzgesetz

Wenn ein Arbeitgeber mehr als 200 Angestellte beschäftigt, hast du laut Entgelttransparenzgesetz einen Auskunftsanspruch, um zu erfahren, wie viel männliche Angestellte in gleicher Position verdienen. Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, gleiche Löhne zu zahlen, wenn es bei Qualifikation und Voraussetzung zwischen den Geschlechtern keinen Unterschied gibt.

Tipp #2: Trainiere dein Selbstbewusstsein

Es ist wichtig, selbstsicher und dennoch freundlich aufzutreten, damit du mit Erfolg das einfordern kannst, was dir zusteht. Haltung, Stimme und Auftreten hinterlassen Eindruck – fange deshalb an, an deinem eigenen Selbstbewusstsein zu arbeiten.

Tipp #3: Bereite sachliche Argumente vor

… denn es kann schnell emotional werden, wenn es um Geld und Fairness gegenüber Frauen geht. Bleibe bei starken, objektiv nachvollziehbaren Argumenten.

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Tipp #4: Informiere dich über deinen Marktwert

Löhne und Gehälter unterscheiden sich abhängig von Branche, Berufserfahrung und Qualifikation. Berücksichtige diese Einflussfaktoren bei deiner Gehaltsverhandlung und mache dich schlau über deinen aktuellen Marktwert. So erfährst du, ob du fair bezahlt wirst – oder ob es Zeit für einen neuen Arbeitsplatz wird, wenn sich nichts ändert.

Bildnachweis: Foto von Cortney White/Unsplash

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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