„Karoshi“, der Tod durch Überarbeitung. Karoshi ist nämlich keineswegs nur ein japanisches Phänomen, sondern leider nur eine erste Welle, die mittlerweile auch über Europa und die gesamten westlichen Industrienationen zu schwappen droht.

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Definition: Was ist „Karoshi“?

„Karoshi“ ist ein aus dem Japanischen stammender Begriff, welcher als „Tod durch Überarbeitung“ übersetzt werden kann. Er beschreibt Todesfälle, welche unmittelbar mit der Arbeit zusammenhängen. Ein solch berufsbezogener Tod ist aber nicht durch Arbeitsunfälle verursacht. Vielmehr handelt es sich um stressbedingte Hirnschläge, Herzinfarkte oder auch Suizide.

Die Geschichte des Todes durch Überarbeitung

Die traurige Geschichte des Karoshi beginnt im Jahr 1969, als ein damals gerade erst 29 Jahre alter Angestellter plötzlich aufgrund eines Schlaganfalls bei der Arbeit stirbt. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt er als völlig gesund. Und er soll leider kein Einzelfall bleiben. In den 1980er Jahren häufen sich Todesfälle dieser Art, vor allem bei Männern mittleren Alters in Führungspositionen. Langsam werden auch die Medien auf das Phänomen aufmerksam und ab sofort werden regelmäßig die sogenannten Karoshi-Statistiken erhoben sowie veröffentlicht. Mit erschreckenden Zahlen…

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Karoshi fordert jährlich tausende Todesopfer – Tendenz steigend

Sehr hoch sind die Karoshi-Zahlen im Bereich der Schlaganfälle und Herzinfarkte. Zwar sind konkrete Werte hierbei schwierig zu erfassen, da sich die Ursachen für einen solchen Todesfall nur schwer konkret definieren lassen, sondern oft mehrere Faktoren mit reinspielen. Experten schätzen diese aber auf über 20.000 Fälle pro Jahr (Quelle: ABC). Um welche Menge an Betroffenen es sich hierbei handelt, lässt sich zudem durch eine weitere Zahl erahnen: Rund 40 Kliniken gibt es mittlerweile in Japan, welche sich ausschließlich auf von Karoshi gefährdete Patienten spezialisiert haben. Und diese sind leider äußerst ausgebucht. Das Fazit zu Karoshi in Japan lautet daher: Tendenz steigend.

Kommt der gefährliche Trend auch nach Deutschland?

Angesichts dieser Zahlen brennt eine Frage auf der Zunge: Ist Karoshi ein rein japanisches Problem oder könnte der gefährliche Trend vielleicht auch in Deutschland um sich greifen? Die Antwort wird dir nicht gefallen: Der Trend wird nicht nur hierzulande ankommen, er ist es bereits. Auch, wenn es in Deutschland vielleicht noch keine konkreten Karoshi-Statistiken gibt und sich die Zahlen daher nur schwer schätzen lassen, gehören arbeitsbedingte Erkrankungen sowie Suizide leider in allen westlichen Industrienationen zum Alltag.

Aber keine Panik: In Deutschland ist das Karoshi-Risiko trotzdem deutlich geringer als zum Beispiel in Japan oder auch den USA. Das liegt an den strengen Arbeitszeitenregelungen sowie dem Arbeitnehmerschutz, welchen wir hierzulande genießen. Denn trotz, dass laut einer auf Statista veröffentlichten Umfrage in Deutschland mehr Überstunden gemacht werden als bei den europäischen Nachbarn, ist ihre Gesamtzahl ebenso wie die durchschnittliche Wochenstundenzahl in Arbeitsverträgen rückläufig und von japanischen Zahlen weit entfernt.

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Dass Karoshi in Deutschland daher kein ganz so großes Problem ist wie in Japan und voraussichtlich auch in absehbarer Zukunft nicht sein wird, haben wir also vor allem unserem arbeitnehmerfreundlichen Rechtsstaat zu verdanken.

Japan handelt zu spät…

Auch in Japan wächst dieses Bewusstsein mehr und mehr. Der Staat hat erste Gesetze für einen verbesserten Arbeitnehmerschutz verabschiedet. Experten bleiben aber skeptisch: Es sei zu wenig und zu spät. Außerdem läge das wahre Problem in der japanischen Arbeitskultur. Der Glaube, die Wirtschaft könne in Japan nur stabil bleiben, wenn jeder Einzelne lang und hart arbeitet, sei weit verbreitet. Solange ein Umdenken nicht stattfindet, ist auch das Ende von Karoshi noch lange nicht absehbar. Ob die Experten Recht behalten, wird sich zeigen.

…und Deutschland sollte aus diesen Fehlern lernen

Doch auch hierzulande sollten wir uns nicht in trügerischer Sicherheit wähnen. Schließlich sind lange Arbeitszeiten und Überstunden nicht die einzigen Karoshi-Auslöser. Vielmehr können ein schlechtes Arbeitsklima bis hin zum Mobbing, ständiger Zeitdruck oder Überforderung durch die wachsende Komplexität der Geschäftswelt zur lebensbedrohlichen Belastung werden. Ebenso Ängste durch die immer unsicherer werdenden Arbeitsplätze oder auch eine Disbalance zwischen „Work“ und „Life“. Steigende Burnout-Zahlen geben auch in Deutschland Anlass zur Sorge. An diesen möglichen Karoshi-Auslösern sollten wir daher präventiv arbeiten, bevor wir es dem (Anti-) Vorbild Japan irgendwann gleichtun und der Problematik hinterherrennen, statt ihr weiterhin einen Schritt voraus zu sein.

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Bildnachweis: Foto von Robin Mitchell von Pexels

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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