Stress im Job, Spannungen mit Vorgesetzten oder Kollegen, Unzufriedenheit mit den zugeteilten Aufgaben – ein alltägliches Szenario in Unternehmen. Aber was, wenn ihr in einem impulsiven Moment kündigt und es später bereut? Ist es möglich, die Kündigung einfach zurückzuziehen?

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Kurz und knackig zusammengefasst:

Ist es rechtlich möglich, eine Kündigung zurückzuziehen?

Ja, es ist möglich, aber abhängig von der Situation. Ein zeitgleicher Widerruf ist nötig, bevor die Kündigung beim Arbeitgeber eintrifft. Ist die Kündigung bereits eingegangen, muss eine einvernehmliche Einigung gefunden werden. In bestimmten Fällen ist auch eine Anfechtung möglich.

Welche Rolle spielen emotionale und psychologische Aspekte?

Emotionale und psychologische Faktoren sind zentral. Es erfordert Mut, eine Kündigung zu überdenken und das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen. Die Rücknahme kann das Arbeitsklima und die Beziehungen zu Kolleg*innen sowie Vorgesetzten beeinflussen.

Welche Konsequenzen sollte man bedenken?

Mögliche Konsequenzen umfassen Vertrauensverlust beim Arbeitgeber, Veränderungen in der Arbeitsbeziehung, Auswirkungen auf die Karriereentwicklung, rechtliche und administrative Herausforderungen sowie emotionale Belastung. Es ist wichtig, diese Aspekte vor einer Entscheidung zu bedenken.

Rechtliche Perspektive: Eine Kündigung zurückziehen

Eine Kündigung ist ein formeller Schritt, der rechtlichen Anforderungen genügen muss. Laut § 623 BGB muss sie schriftlich erfolgen. Der Rückzug einer Kündigung ist jedoch rechtlich weniger klar geregelt, was Spielraum, aber auch Unsicherheiten schafft.

a. Zeitgleicher Widerruf und Anfechtung

Ihr könnt eine Kündigung durch einen zeitgleichen Widerruf zurücknehmen (§ 130 Abs. 1 BGB), was rasches Handeln voraussetzt. Ist das nicht machbar, kommt unter bestimmten Bedingungen eine Anfechtung in Frage, etwa bei geistiger oder emotionaler Verwirrung beim Aussprechen der Kündigung (§ 119 Abs. 1 BGB).

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b. Einvernehmliche Lösung mit dem Arbeitgeber suchen

Der beste Weg ist wie immer eine einvernehmliche Lösung mit dem Arbeitgeber. Das Arbeitsverhältnis wird dann fortgesetzt, als hätte es praktisch keine Kündigung gegeben. Dies erfordert eine offene, ehrliche Kommunikation und die Bereitschaft, auf die Bedürfnisse des Arbeitgebers einzugehen.

Emotionale und psychologische Aspekte

Die Entscheidung, eine Kündigung zurückzuziehen, ist oft emotional belastet. Sie verlangt Selbstreflexion und den Mut, sich mit den Gründen für die ursprüngliche Entscheidung auseinanderzusetzen. Zudem ist die Bereitschaft für möglicherweise unangenehme Gespräche und die Klärung von Missverständnissen oder Konflikten ist gefragt.

Kommunikation und Verhandlung mit dem Arbeitgeber

Entscheidend ist die Kommunikation mit dem Arbeitgeber. Wichtig ist, die Gründe für die Kündigung und den Wunsch, sie zurückzuziehen, klar und überzeugend zu vermitteln. Dabei müssen sowohl eure Bedürfnisse als auch die des Arbeitgebers beachtet werden. Dies erfordert Fingerspitzengefühl, um die eigene Position darzulegen, ohne den Arbeitgeber vor den Kopf zu stoßen oder Misstrauen zu erwecken.

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Die Rolle von HR und dem Betriebsrat

HR-Abteilungen und Betriebsräte können beratend und vermittelnd wirken, die Kommunikation erleichtern und sicherstellen, dass alles rechtens und im Einklang mit Unternehmensrichtlinien abläuft. Ihre Wissen und Einsatz ist oft unverzichtbar, um Missverständnisse zu vermeiden und eine faire Lösung für beide Seiten zu finden.

Die Zukunft des Arbeitsverhältnisses – wie geht es dann weiter?

Wichtig ist auch, wie sich das Zurückziehen der Kündigung auf das zukünftige Arbeitsverhältnis auswirken könnte. Die Dynamik zwischen Arbeitnehmer*in und Arbeitgeber könnte sich ändern, was sowohl Chancen als auch Risiken birgt.

Alternativen zur Kündigungsrücknahme

Manchmal sind andere Lösungen sinnvoller, wie eine einvernehmliche Vertragsauflösung oder eine Auszeit. Diese Optionen ermöglichen ein Ende des Arbeitsverhältnisses, das für beide Seiten akzeptabel ist, ohne die Brücken komplett abzubrechen.

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Hürden und Fallstricke bei einem Kündigungsrückzug

Folgende potenzielle Fallstricke sollten Arbeitnehmer beachten:

    • Arbeitsklima: Die Rücknahme einer Kündigung kann das Verhältnis zu Kollegen und Vorgesetzten beeinflussen. Lästerreichen und Tratsch können den Arbeitsalltag erschweren.
    • Vertrauensverlust: Der Arbeitgeber könnte an eurer Loyalität zweifeln. Vertrauen ist wichtig, das gilt auch für das Arbeitsleben.
    • Verhandlungsposition: Zukünftige Verhandlungen z. B. über das Gehalt und Benefits und könnten erschwert werden.
    • Karriereentwicklung: Die Karrierechancen im Unternehmen könnten sich verschlechtern und oder ihr werdet für bestimmte Positionen im Unternehmen nicht in Betracht gezogen..
    • Rechtliche Komplikationen: Es könnten rechtliche Schwierigkeiten entstehen, besonders wenn der Arbeitsplatz bereits neu besetzt wurde.

Ein klärendes Gespräch kann Wunder wirken

Das Zurückziehen einer Kündigung ist ein Prozess, der rechtliche, emotionale und zwischenmenschliche Aspekte berücksichtigen muss. Offene Kommunikation, Verhandlungsgeschick und die Bereitschaft, auf die Bedürfnisse des Arbeitgebers einzugehen, sind entscheidend. Wer seine Kündigung zurückziehen möchte, sollte daher schnell und besonnen handeln, ein klärendes und aufrichtiges Gespräch mit dem Vorgesetzten suchen und alle Absprachen schriftlich festhalten.

Eine einmal getroffene Entscheidung kann vielleicht doch noch rückgängig gemacht werden. Allerdings ist es wichtig, sich der möglichen Konsequenzen bewusst zu sein und diese in die Entscheidung einzubeziehen. Eine Beratung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht kann sehr hilfreich sein.

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Bild: BartekSzewczyk/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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