Dein letzter Arbeitsplatz war toxisch? Dir sind Werte wie Offenheit, Wertschätzung und Respekt wichtig? Achte auf die Stellenbeschreibungen – sie liefern dir bereits im Vorfeld wichtige Warnsignale.

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Psychosoziale Risikofaktoren für Depressionen – zu denen eine hohe Arbeitsbelastung in Kombination mit wenig Entscheidungsspielraum gehört – machen Arbeitnehmer krank. Diesen Zusammenhang zwischen mentaler Belastung und dem Arbeitsplatz konnte unter anderem eine wissenschaftliche Untersuchung aus dem Jahr 2015 belegen.

Auch Psychologin und Forscherin Dr. Amy Zadow (University of South Australia) sieht den Zusammenhang:

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Wenn Arbeitgeber ihre Angestellten unangemessen fordern und zudem harte Arbeit nicht würdigen, so die Wissenschaftlerin, kann die seelische Belastung steigen.

Wenn der Arbeitsplatz toxisch ist, erleben Betroffene Tag für Tag, wie die giftige Atmosphäre auf Körper und Seele übergeht. Der Leidensdruck wächst. Die Folgen sind vielfältig:

  • Schmerzen und Verspannungen
  • Erschöpfung
  • Antriebslosigkeit
  • Ängste und Gedankenkarusselle
  • Probleme mit dem Selbstwertgefühl
  • Burnout

Toxischen Arbeitsplatz mit der Hilfe des Jobinserats erkennen

Eine distanzierte Kommunikation, Lästereien, unbezahlte Mehrarbeit, unrealistische Anforderungen, Machtspiele – ein toxischer Arbeitsplatz hat viele Gesichter. Wer bereits Erfahrung mit schwierigen Arbeitsbedingungen gemacht hat und nun auf der Suche nach einem neuen Job ist, der alles andere als „giftig“ ist, kann bereits aus der Stellenbeschreibung einige wichtige Informationen herausfiltern. Hier kommen aufschlussreiche Hinweise, auf die du achten solltest.

Wichtig: Die Hinweise geben eine Orientierung und sind keinesfalls eine Garantie. Achte deshalb auf mehrere Einflussfaktoren, sammle Informationen zum jeweiligen Arbeitgeber und mache dir so ein umfassendes Bild, bevor du dich bewirbst.

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Hinweis #1: Du findest keinen Ansprechpartner

Die Stellenanzeige wirkt distanziert und unpersönlich und du findest keine Angaben einer Kontaktperson, die du bei Fragen erreichen kannst. Sollten Bewerbungen lediglich über ein Bewerbermanagementsystem laufen, kann das natürlich einen praktischen Grund haben: Das Unternehmen kann Kandidaten und die benötigten Daten besser filtern.

Zugleich kann – muss aber nicht – der fehlende Ansprechpartner ein Warnsignal dafür sein, dass die Kommunikation zwischen (potenziellen) Angestellten und Entscheidungsträgern/Vorgesetzten eher distanziert ist. Im Zweifelsfall lohnt es sich, das Unternehmen über die allgemeine Kontaktnummer oder E-Mail-Adresse anzusprechen, um deinen ersten Eindruck vielleicht sogar zu revidieren und offene Fragen zu klären.

Hinweis #2: Es ist die Rede von einem „familiären“ Umfeld

Der Begriff „Familie“ weckt viele Assoziationen. Wer keine guten Erinnerungen an die eigene Kindheit hat, wird vielleicht bis heute auf der Suche nach einer Art Ersatzfamilie und Geborgenheit sein. Wer seine Familie hingegen zu schätzen weiß, genießt auch die Vorzüge einer heilen Familie. In beiden Fällen weckt der Begriff „familiär“ eine Sehnsucht nach dem, was wir uns wünschen oder was wir schon kennen und mögen.

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Aber: Unser Job ist keinesfalls ein Familienersatz. Familiäre Strukturen bedeuten auch, dass die Grenzen manchmal etwas „lockerer“ sind und keine professionelle Distanz gewahrt wird, was schnell in einer toxischen Arbeitsatmosphäre enden kann. Das passiert, wenn Erwartungen überzogen sind und es zu Enttäuschungen kommt.

Eine professionelle Abgrenzung ist unbedingt notwendig, um zwischen privaten Beziehungen und Arbeitsbeziehungen unterscheiden zu können. Deshalb kann eine Stellenbeschreibung, die ein „familiäres Umfeld“ erwähnt, ein Warnsignal sein.

Hinweis #3: Es wird eine „hohe Belastbarkeit“ erwartet

Flexibilität und ein gewisses Maß an Belastbarkeit gehören zu jedem Job dazu. Es gehört aber nicht zu deinem Job, dauerhaft Aufgaben zu erledigen, die nicht deiner Stellenbeschreibung entsprechen und auch nicht vertraglich geregelt sind. Manchmal werden solche Tätigkeiten und Erwartungshaltungen mit der Beschreibung „hohe Belastbarkeit“ umschrieben. Das ist ein Warnsignal – denn niemand muss mehr leisten, als er eigentlich kann. Sollte es sich um eine für dich wichtige Stelle handeln, empfehlen wir dir, freundlich nachzuhaken.

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Lese-Tipp: „Ich kann nicht mehr“ – Wie sage ich es meinem Chef?

Hinweis #4: Das Unternehmen wirbt mit zweifelhaften Versprechungen

Dein potenzieller Arbeitgeber hat „immer ein offenes Ohr“ und wirbt damit, dass Mitarbeiter ein „attraktives Gehalt“ erhalten? Das ist schön und gut – aber etwas vage. Achte deshalb auf pauschale, unseriöse Aussagen, wenn du sie in großer Menge findest. Es kommt nicht auf eine oder auf zwei Formulierungen an, wohl aber auf auffällige Übertreibungen, die sich aneinanderreihen. Auch das ist ein Hinweis darauf, dass möglicherweise etwas verschleiert wird.

Es ist völlig in Ordnung, Arbeitnehmer mit Versprechungen zu locken, die auch erfüllt werden. Das ist schließlich der Deal zwischen Angestellten und Unternehmen: Beide wollen etwas. Versprechungen, die lediglich zum Ködern dienen und ansonsten leer sind, weisen auf giftige Arbeitsbedingungen hin.

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Hinweis #5: Die Stellenbeschreibung ist lückenhaft

Arbeitgeber, die ihre Angestellten ausnutzen, schlecht behandeln und auch schlecht bezahlen, werden das niemals offen in einer Stellenbeschreibung zugeben. Stattdessen fällt auf, dass die Inserate etwas lückenhaft sind. Vielleicht fehlt die konkrete Beschreibung der Tätigkeit. Arbeitsort sowie Arbeitszeiten werden nicht erwähnt und auch sonst hast du ein schlechtes Gefühl. Achtung: Das sind meist konkrete Hinweise darauf, dass etwas nicht in Ordnung ist.

Hinweis #6: Es werden Mitarbeiter „dringend“ und „sofort“ gesucht

Klar – es gibt Stellen, die chronisch unterbesetzt sind. Das steht außer Frage, weil Fachkräfte fehlen. Und generell herrscht Personalnot. Trotzdem solltest du aufhorchen, wenn die Rede von „dringend“ und „sofort“ ist. Möglicherweise wird die Stelle häufiger neu besetzt, die Aufgaben sind belastend oder das Arbeitsumfeld schlicht und ergreifend toxisch.

Hinweis #7: Es heißt, dass „flache Hierarchien“ vorhanden sind

Wenn es wirklich so ist und das Unternehmen gut läuft – klasse. Berücksichtige aber, dass die Erwähnung von „flachen Hierarchien“ manchmal auch ein falsches Signal sendet. Möglicherweise fehlt es an Personen und Führungskräften, die Verantwortung übernehmen.

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Vielleicht ist die Atmosphäre locker, aber auch unprofessionell, weil es an konkreten Dienstanweisungen mangelt und Mitarbeiter sich darin verlieren, Aufgaben zu übernehmen und zu koordinieren, die nicht zu ihrem Verantwortungsbereich gehören. Das kann alles schnell giftig werden – denn du fühlst dich irgendwann überfordert, überlastest und ausgebrannt. Überlege dir deshalb gut, ob du nicht noch weitere Informationen über das Unternehmen einholen möchtest, bevor du dich dort bewirbst.

Hinweis #8: Es kann „bequem“ viel Geld von zu Hause aus verdient werden

In einer solchen Formulierung wird gleich mit mehreren Vorzügen gelockt: Die Arbeit kann ganz unkompliziert vom heimischen Office aus erfolgen, sodass der Arbeitsweg entfällt. Das ist okay und gar nicht so unüblich. Aber „viel Geld“ und „bequem“ passt nicht unbedingt zusammen, sofern es keine konkreten Hinweise darauf gibt, was damit gemeint ist. Die Formulierung wirkt unseriös und lässt Bewerber im Dunkeln tappen.

Was du machen kannst: Hole dir auch in solchen Fällen zusätzliche Informationen zum Unternehmen und genieße solche Art von Versprechungen mit Vorsicht. Denn manchmal sind diese nichts anderes als ein Deckmantel für ein suspektes Geschäftsmodell, bei dem es nicht um das Wohlbefinden von Beschäftigten geht, sondern die Interessen des Unternehmens im Vordergrund stehen.

Hinweis #9: Es werden „Anfänger“ ohne Qualifikation gesucht

Gerade Menschen, die sich in einer schwierigen finanziellen Lage befinden, werden auf solche Anzeigen anspringen, wenn sie dringend einen Job suchen. Wenn lediglich Jobanfänger ohne Qualifikation erwünscht sind, ist das aber ein heißes Warnsignal dafür, dass eher gefügige Menschen ohne Ansprüche gesucht werden. Sie sind, so erhoffen es sich Unternehmen mit toxischen Strukturen zumindest, besser „formbar“. Bleibe deshalb wachsam – und höre auf dein Gefühl, wenn du vermutest, dass das hier etwas dubios wirkt. Denn das ist es mit großer Wahrscheinlichkeit.

Bildnachweis: DNY59/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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