Berufstätige Frauen arbeiten hart und unter Benachteiligung. Sie verdienen mehr, als sie bekommen. Was sie sich wirklich wünschen – und woran es heute hakt.

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Die US-amerikanische Managerin Mary Teresa Barra ist 2014 CEO des weltweit erfolgreichen Autokonzerns General Motors (GM) geworden. Laut Forbes gehörte Barra 2016 sogar zu den international wirkungsstärksten weiblichen Führungspersönlichkeiten. Das, was die studierte Elektrotechnikerin geschafft hat, ist nicht vielen Frauen vergönnt, weil nur wenige von ihnen aufsteigen. Es ist bittere Realität, dass die meisten berufstätigen Frauen sich bis heute mit weniger zufriedengeben müssen, als sie eigentlich verdienen.

Die Studie „Women in Workplace 2022“ (McKinsey) zeigt: Immer mehr Frauen wechseln ihre Jobs und erwarten mehr von ihren Arbeitgebern. Vor allem Frauen in Führungspositionen, und sie sind bis heute unterrepräsentiert, stehen stärker für ihre eigenen Bedürfnisse ein, was dazu führt, dass Unternehmen sie reihenweise verlieren und versuchen müssen, sie zu binden.

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Vor allem fehlt die Anerkennung für ihre Arbeit: 37 Prozent der weiblichen Führungskräfte, die es immerhin in eine Führungsposition geschafft haben, haben schon einmal erlebt, dass andere Kollegen ungerechterweise die Lorbeeren für ihre eigenen Ideen geerntet haben. Männer sind nicht ganz so häufig von dieser Ungerechtigkeit betroffen.

Dass Frauen hart arbeiten und es dennoch schwer haben, ist keine neue Erkenntnis. Dennoch passiert zu wenig. Dabei ist die Forderung vieler Frauen im Grunde simpel, aber aufgrund von systematischen Problemen und Benachteiligungen bis heute nicht umgesetzt worden: Berufstätige Frauen wünschen sich Wertschätzung. Sie wollen endlich mit ihren Stärken, ihren Bedürfnissen und ihrem Mut gesehen werden.

Mehr Wertschätzung für Frauen in der Arbeitswelt: So kann sie aussehen

Wertschätzung in der Arbeitswelt steht heute für berufliche, monetäre und soziale Anerkennung. Während viele Männer in den Genuss einer Beförderung kommen, bleibt dies vergleichsweise vielen Frauen verwehrt. Auch haben weibliche Arbeitskräfte damit zu kämpfen, ihre Position zu verteidigen, wenn sie Mutter, im gebärfähigen Alter oder kinderlos sind.

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Der ständige Kampf um Anerkennung hinterlässt seine Spuren: Laut der McKinsey-Studie sind 43 Prozent der weiblichen Führungskräfte ausgebrannt, während nur knapp 30 Prozent ihrer männlichen Kollegen in gleicher Position es sind.

Folgendermaßen kann Wertschätzung, die Frauen sich in der Berufswelt wirklich wünschen, aussehen:

1. Realistische, umsetzbare Vorteile – nicht nur auf dem Papier

Es ist schön und gut, wenn Frauen zumindest laut Unternehmensrichtlinien von flexiblen Arbeitszeitmodellen und Homeoffice-Regelungen profitieren sollen. Es gibt aber ein bedeutendes Problem: Das, was auf dem Papier schön klingt, kann praktisch ein Problem sein.

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Beispiel: Nennen Arbeitgeber sich familienfreundlich und dürfen weibliche Erwerbspersonen Homeoffice-Tage oder speziellen Arbeitszeitregelungen nutzen, werden sie manchmal automatisch von Besprechungen oder Projekten ausgeschlossen. Manchmal wird Betroffenen sogar subtil vorgeworfen, selbst schuld zu sein. Wenn das der Preis für eine faire Behandlung ist, ist er zu hoch und nicht das, was unter einem wertschätzenden Verhalten berufstätigen Frauen gegenüber zu verstehen ist.

Benefits für Mitarbeiterinnen sollten nicht unter der Bedingung aufgestellt werden, dass sie auf dem Papier und für das Image der Arbeitgebermarke einladend klingen. Sie sollten vor allem mit keinem Nachteil einhergehen, wenn sie eigentlich ein Vorteil sein sollen. Wer weiblichen Berufstätigen die Vereinbarkeit von Job und Privatleben verspricht, sollte realistische Konzepte vorweisen, die praktisch umsetzbar sind für alle Beteiligten.

2. Mehr Möglichkeiten, Frauen beruflich zu fördern – und das mit hochqualitativen Programmen

Frauenfreundliche Arbeitgeber existieren bereits, aber es dürfte mehr von denen geben, die weibliche Erwerbspersonen tatkräftig bei der beruflichen Weiterentwicklung und Förderung unterstützen. Gerade Mütter, die nach ihrer Auszeit als frischgebackene Mamas zurückkehren oder Frauen, die wegen der Familienplanung manchmal kürzertreten mussten, haben in der heutigen Arbeitswelt, die sich schnell weiterentwickelt, Aufholbedarf. Damit sie echte Karrierechancen haben, sollten sie trotz ihrer Erwerbsbiografien realistische Möglichkeiten bekommen, im Job aufzusteigen.

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Ob Mentoring-Programme, Coaching für Frauen oder auch Führungstrainings sowie die Chance, sich mit anderen in der Branche zu vernetzten: Es gibt viele Wege, Frauen besser einzubinden und sie auch dazu zu ermutigen, sich zu zeigen. Denn noch immer sitzen vor allem in den Führungsetagen viele Männer – und entsprechend schwer haben es Frauen, sich zu beweisen.

Ganz wichtig: Programme sollten nicht einfach nur als „erledigt“ abgehakt werden, wenn sie ins Leben gerufen werden. Laut McKinsey sollte es sich vor allem um hochqualitative Konzepte und Programme handeln, deren Qualität und Wirksamkeit regelmäßig bewertet wird. Denn im schlimmsten Fall können solche Programme, die wenig Mehrwert bringen, auch Schaden anrichten, indem sie fälschlicherweise Hoffnungs- und Sinnlosigkeit suggerieren.

3. Mehr Geld: Monetäre Wertschätzung ist besonders wichtig

Die Lohnlücke, die bis heute zwischen Frauen und Männern existiert, verstärkt die Benachteiligung von Frauen. Auch monetäre Wertschätzung sollten Arbeitgeber sich deshalb groß auf die eigene Fahne schreiben. Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG; Urteil vom 16. Februar 2023, 8 AZR 450/21) hat der Bedeutung des Themas Ausdruck verliehen. Die 44-jährige Klägerin aus Dresden, die in gleicher Position wie ihr Kollege arbeitete, musste Lohndiskriminierung erleiden und bekommt jetzt Gehaltszahlungen nachgezahlt. Auch eine Entschädigung sprang dabei heraus.

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Um mehr Lohngerechtigkeit zu garantieren, sollten Arbeitgeber Folgendes beachten:

  • Up to date bleiben: Vor allem in größeren Unternehmen, in denen Arbeitgeber schneller mal den Überblick verlieren, lohnt sich die regelmäßige Aktualisierung der Lohn- und Gehaltslisten, um Ungerechtigkeiten und Diskriminierung vorzubeugen. Arbeitgeber sollten wissen, wer was verdient – und wo es Lücken gibt. Dort, wo Anpassungen überfällig oder möglich sind, sollten sie erfolgen.
  • Argumentation für mehr Geld beachten: Verhandlungsgeschick ist laut Bundesgerichtshof nun kein legitimes Argument mehr, um Männern einen höheren Lohn zu zahlen, wenn Frauen bei gleicher Qualifikation und in gleicher Position weniger verdienen.

Wertschätzung für weibliche Berufstätige bedeutet, eine frauenfreundliche Arbeitskultur zu bieten

In vielerlei Hinsicht ist die Berufswelt für Frauen ein Fluch und zugleich ein Segen. Während immer mehr weibliche Berufstätige neue Chancen ergreifen und ihre Jobs wechseln, stehen sie auch bei neuen Arbeitgebern oft vor einer systematischen Benachteiligung. Was Frauen brauchen und was Frauen sich wünschen, ist weit entfernt von dem, was die Arbeitswelt zu bieten hat – auch wenn wir auf einem guten Weg sind. Es braucht eine frauenfreundliche Arbeitskultur.

Immerhin: Mehr Frauen genießen heute eine gute Bildung und Berufsqualifikation, was sie unter anderem der Verbesserung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen der vergangenen Jahre zu verdanken haben. Was bis jetzt fehlt, ist in vielen Berufen und bei vielen Arbeitgebern die echte Wertschätzung Frauen gegenüber, die es aufgrund ihrer Erwerbsbiografien, ihrer Rolle als arbeitende Mutter oder ihrer Rolle als (künftige) Führungskraft in männerdominierten Führungsetagen nicht einfach haben.

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Was Arbeitgeber und Unternehmen nicht außer Acht lassen sollten, ist die Tatsache, dass Wertschätzung nicht einfach nur ein „Danke“ ist. Echte Wertschätzung Frauen gegenüber bedeutet, sich für die Belange der eigenen Mitarbeiterinnen sowie für die der künftigen Arbeitskräfte einzusetzen, sie zu verstehen und strukturelle Veränderungen anzustreben. Es ist ein langer Prozess. Aber er wird sich auch für Arbeitgeber auszahlen, wenn er umgesetzt wird: Zukünftig wird der Personalmangel weiter zunehmen und jede Arbeitskraft wird gebraucht. Auch deshalb werden Frauen eine noch wichtigere Rolle in der Arbeitswelt einnehmen.

Bildnachweis: Foto von Godisable Jacob/Pexels.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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