Unerwartete Kündigungen von Arbeitgebern reißen uns den Boden unter den Füßen weg. Vielleicht warst du vorbereitet oder hast zumindest etwas geahnt. Falls nicht, rattern die Gedanken und Panik macht sich breit. Was du bei einer Kündigung jetzt tun kannst, verrät unser 6-Schritte Notfallplan.

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Nach dem Erhalt der Kündigung solltest du das tun

1. „Hilfe, ich wurde gekündigt!“: Schockmoment verarbeiten

Dein Herz pocht, du schwitzt, deine Stimme zittert: Eine plötzliche Kündigung kann uns in einen Schockzustand versetzen. Dieser Schock kann sich über Tage erstrecken. So menschlich er auch sein mag, er kommt leider zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt, zumindest aus rein juristischer Sicht. Nach einer Kündigung ist es wichtig, schnell zu handeln. Rechtsanwalt für Arbeitsrecht Thorsten Frühmark rät deshalb dazu, diesen so schnell wie möglich zu überwinden. Denn Schock kann manchmal lähmend sein und handlungsunfähig machen, sodass wir wichtige Fristen verpassen oder unsere Situation ungewollt verschlechtern.

Nach deiner Kündigung kannst du deshalb in der „Akutphase“ folgende Schritte unternehmen:

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  • Sprich mit jemandem (Freund, Familie, Partner) über deine Kündigung – und verschweige sie nicht, denn andernfalls fällt es oft schwer, den Schock zu überwinden.
  • Beruhige dich: Es klingt leichter, als es tatsächlich ist. Auch wenn uns unzählige Worst-Case-Szenario-Bilder durch den Kopf fliegen, wie wir auf der Straße sitzen, der Kühlschrank leer ist, die Kinder nicht versorgt werden können oder du von Bewerbungsgespräch zu Bewerbungsgespräch hetzt – das ist zunächst nicht real, sondern eine natürliche Panikreaktion.
  • Plane zeitnah deine nächsten Schritte: Planen und Organisieren gibt uns Struktur, Sicherheit und Gewissheit. Ein Plan kann dir dabei helfen, dich zu ordnen und dich nicht völlig hilflos zu fühlen, wenn du gerade frisch gekündigt worden bist.

2. Gültigkeit der Kündigung: Überprüfe, ob die richtige Person unterschrieben hat

Im nächsten Schritt solltest du die Wirksamkeit der Kündigung überprüfen. Manchmal schleichen sich Fehler ein. Anwalt Frühmark verweist zum Beispiel darauf, dass die Kündigung deines Arbeitgebers unwirksam ist, wenn eine unberechtigte Person sie unterschreibt. Wurde die Kündigung beispielsweise nicht vom Personalmanager oder Chef persönlich unterzeichnet, sondern von Mitarbeitern ohne Vollmacht oder Befugnis, greift sie nicht. Man solle sie dann schnellstmöglich zurückweisen, so der Experte. Dies könne auch mit der Unterstützung eines Anwalts geschehen.

Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht, macht ebenfalls speziell auf die Unterschrift in einer Kündigung aufmerksam: Wenn sie gänzlich fehlt, kann ein Arbeitgeber deine Entlassung nicht für wirksam erklären. Nach § 623 BGB bedarf sie immer der Schriftform. Man könne als Beschäftigter Kündigungsschutzklage erheben, so der Jurist. Das gelte zum Beispiel für Kündigungen, die ohne eigenhändige Unterschrift auf digitalem Wege übermittelt werden – wenn dein Chef dir etwa eine WhatsApp-Nachricht schreibt, eine E-Mail verfasst oder andere Wege wählt, die ungültig sind.

Übrigens: Falls du mehrere (ungültige) Kündigungen in elektronischer Form oder etwa per Fax erhalten haben solltest, ermutigt der Experte auch dazu, gegen jede einzelne vorzugehen, wenn du dich für eine Klage entscheidest. Bei Unsicherheiten ist es der sicherste Weg, sich rechtliche Hilfe zu holen.

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3. Kündigungsfrist: Wurde sie eingehalten?

Ob gesetzlich, vertraglich oder auch tarifvertraglich: Wichtig ist, dass dein Arbeitgeber die geltenden Kündigungsfristen nicht zu seinem eigenen Vorteil umgeht. Auch das solltest du laut Fachanwalt Frühmark genauestens überprüfen.

Tipp: Achte auf den Tag der Zustellung deiner Kündigung, weil ab diesem Tag die Frist zu laufen beginnt.

Für den Fall, dass dein Arbeitgeber dir kündigt, ohne sich an die Frist zu halten, musst du dagegen vorgehen, um dir dein restliches Gehalt zu sichern. Das bedeutet: Du reichst nun eine Kündigungsschutzklage ein, um von deinem Recht als Arbeitnehmer zu profitieren. Dieser Schritt ist übrigens nicht nur deine „Wahl“, sondern auch unbedingt durchzuführen, wenn du Arbeitslosengeld beantragst und es auch beziehen willst. Auf die Notwendigkeit wird dich die Bundesagentur für Arbeit nach Prüfung deines Falls hinweisen, sobald eine solche Situation eintritt.

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Gut zu wissen: Falls die Frist nicht eingehalten wird und du aber eine Abfindung bekommst, wird dein Arbeitslosengeldanspruch für diese Zeit ruhen (§ 158 SGB III).

4. Kündigungsschutz: Besonderer Fälle berücksichtigen

Ob ein Behinderungsgrad von mindestens 30 vorliegt oder ob du schwanger bist und dein Arbeitgeber Kenntnis von deiner Schwangerschaft hat: In beiden Fällen genießen Beschäftigte einen besonderen Kündigungsschutz und können nicht ohne Weiteres entlassen werden. Wenn etwas davon auf dich zutrifft, kannst du die Kündigung zurückweisen.

Das Mutterschutzgesetz greift allerdings nicht, wenn du es versäumt oder es bewusst unterlassen hast, deinen Arbeitgeber über deine bestehende Schwangerschaft in Kenntnis zu setzen. Deshalb sollten werdende Mütter nicht zu lange damit warten.

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Beachte: Eine betriebs- oder verhaltensbedingte Kündigung von Schwangeren oder Menschen mit Behinderung kann – in äußerst seltenen Fällen – durchgesetzt werden. Deshalb ist es wichtig, dass du dir in solchen Fällen professionelle Unterstützung holst.

5. Abfindung: Manchmal ist sie möglich

Fachanwalt Frühmark rät dazu, die Möglichkeit einer Abfindung zu überprüfen. Hier sollte beachtet werden, dass wir als Beschäftigte nicht automatisch einen Anspruch darauf haben, denn so sieht es das Arbeitsrecht nicht vor.

Dirk Vossen, Anwalt für Arbeitsrecht mit Kanzlei für Arbeitnehmer, verweist auf drei Fälle, in denen eine Abfindung für dich aus rein rechtlicher Sicht sicher wäre:

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  1. Die Abfindung ist (in sehr seltenen Fällen) im Arbeitsvertrag geregelt, sodass Beschäftigte sie erhalten werden.
  2. Es existiert ein Tarifsozialplan in Tarifverträgen, der die Abfindung regelt.
  3. Es liegt ein zwischen dem Betriebsrat und Arbeitgeber ausgehandelter Sozialplan vor, der regelt, dass Arbeitnehmer eine Abfindung erhalten.

6. Arbeitslosengeld: Melde dich bei der Bundesagentur für Arbeit

Wegen des Kündigungsschocks kann es sein, dass wir uns nicht rechtzeitig um unser Arbeitslosengeld kümmern und ein Meldeversäumnis riskieren. Dies schadet aber nur uns selbst, weshalb du dir die Meldung auf deine To-do-Liste nach einer Kündigung schreiben solltest. Auf diese Weise umgehst du auch eine unnötige Sperrfrist des Arbeitslosengeldes, die sonst oft nur droht, wenn wir selbst gekündigt haben.

Unser Zusatztipp für dich

Verständlicherweise wirst du nach einer plötzlichen Kündigung aufgebracht sein. Dennoch empfehlen wir dir jetzt, einen kühlen Kopf zu bewahren und dich zunächst darum zu kümmern, deine dir zustehenden Rechte als Arbeitnehmer wahrzunehmen. Vorwürfe und Auseinandersetzungen mit deinem Arbeitgeber, aber auch außergerichtliche, intransparente Einigungen, die eine Klage deinerseits verhindern sollen oder dir nicht ganz unproblematisch erscheinen, sind mit Vorsicht zu betrachten.

Unterschreibe nichts, wenn du Zweifel hast. Bei offenen Fragen und Unsicherheiten raten wir dir dazu, dich zuerst um juristische Unterstützung zu bemühen und einen Fachanwalt für Arbeitsrecht aufzusuchen.

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Gekündigt: Prüfe Fehler und nimm deine Rechte wahr

Ob nach kurzer Beschäftigungsdauer oder nach mehrjähriger Betriebszugehörigkeit: Manchmal trifft uns eine Kündigung unerwartet und wirbelt unsere Karriere- und Lebenspläne durcheinander. Wenn du eine Kündigung seitens des Arbeitgebers in den Händen hältst, ist es zusammenfassend wichtig, sie genauestens zu überprüfen oder sie im Zweifelsfalls einem Anwalt vorzulegen. Zu viel Zeit solltest du allerdings nicht verstreichen lassen: Je früher du handelst, desto besser.

Bild: BartekSzewczyk/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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