Die Reputation von Managern ist angeknackst: Begriffe wie „machtbesessen“, „korrupt“ oder „manipulativ“ lauten einige der Attribute. Warum das Image ein schlechtes ist – eine Erklärung.

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Eine miese Entscheidung getroffen. Eine Schlagzeile in der Presse. Ein Shitstorm in den sozialen Medien – und schon ist die Reputation eines Managers meist dahin. Prominente Beispiele untermauern es. Zum Beispiel das des Martin Winterkorns, Ex-VW-Manager, welcher aufgrund des Dieselskandals von der Konzernspitze zurückgetreten ist. Oder der Skandal um den Leitzins Libor, welcher unter anderem das Spitzenmanagement in den Fokus rückte.

Es gibt sie überall: Entscheidungsträger, die häufig zum Mittelpunkt medialer Aufmerksamkeit werden. Vor allem Topmanager großer deutscher Unternehmen ziehen die Blicke auf sich. Sie stehen in vielerlei Hinsicht unter massivem Druck. Das Führungspersonal ist verantwortlich für strategische Entscheidungen, repräsentiert das Unternehmen als Galionsfigur, koordiniert, kontrolliert, verhandelt, vernetzt.

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Schlagzeilen, die deutlich suggerieren, dass Deutschland „miese“ Chefs hätte und unter schlechtem Management leiden würde, gibt es viele. Dabei ist es zunehmend die Reputation, die dafür sorgt, dass eben jene Chefs häufig scheitern – so das Ergebnis einer Untersuchung der international agierenden Unternehmensberatung und des Marktführers Roland Berger. Demnach scheitern 71 Prozent der Topmanager vor allem aufgrund ihres Images. Und nicht etwa wegen einer schlechten Performance, heißt es weiter im Bericht.

Die äußere Wahrnehmung wird wichtiger

Gerade wegen der Vernetzung und Digitalisierung unserer Welt nehmen öffentliche Interessengruppen in diesem Zusammenhang eine veränderte Rolle ein: Stakeholder (Anspruchsgruppen), zu denen allen voran Kunden und Lieferanten, der Staat, Verbraucherschützer oder medial präsente Meinungsmacher wie Blogger und Journalisten gehören, tragen entscheidend zur Imagebildung von Unternehmen sowie ihrer Manager bei.

Diese Dynamik ist nicht nur eine Chance für Betriebe, ihre Dienstleistungen und Produkte nach den Interessen der Anspruchsgruppen auszurichten. Sie beherbergt auch eine Gefahr: Die fairen, gewissenhaften, fleißigen Manager, die ihre Aufgabe gut machen, geraten ebenfalls unter Druck, weil sie in einem Topf mit den schwarzen Scharfen ihres Berufs landen. Sie werden vermischt. Heraus kommt ein eher faul riechendes Gemisch, weil der Geruch derer, die tatsächlich verantwortlich sind für das schlechte Image, dominiert.

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Was macht schlechtes Management tatsächlich aus?

Um Licht ins Dunkle zu bringen und das klebrige Gemisch von guten und schlechten Managern zu entwirren, lohnt sich ein näherer Blick auf das tatsächliche Geschehen im Arbeitsalltag sowie auf die dominierende Reputation, die in der Öffentlichkeit entsteht und in den Köpfen der Menschen hängenbleibt.

Was macht schlechtes Management aus? Hier einige Erklärungen:

#1: Unrealistische und überzogene Wachstumsziele

Unrealistische Wachstumsziele, die nicht jedes Quartal oder jedes Jahr erreicht werden können, wollen trotzdem erreicht werden – so zumindest das Ziel von wachstumsbesessenen Managern, die ihren Erfolg lediglich an entsprechenden Kennzahlen festmachen. Je größer die Besessenheit, desto größer die Gefahr bei der Trickserei von Umsatzzahlen. Es ist oft eine Frage der Zeit, bis eine solche Trickserei auffliegt – und Betroffene in den Ruin treibt, die wieder etwas zum schlechten Image der Führungspersonen eines Unternehmens beitragen.

#2: In der Öffentlichkeit charmant, in Wahrheit manipulativ

Dann gibt es die, die – um ihren eigenen Ruf zu wahren und auch das des Unternehmens – ihren Stakeholdern ins Gesicht lächeln, sie charmant umwerben und ihre Repräsentantenaufgaben brav wahrnehmen, um eine Fassade aufrechtzuerhalten.

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Doch Image entsteht stets im Kopf der Menschen und muss nicht unbedingt der Realität entsprechen. Das bedeutet: Es existieren schwarze Schafe unter den Managern, die in der Öffentlichkeit souverän wirken, während im Inneren des Unternehmens Chaos herrscht, Manipulationen stattfinden und Druck auf die Angestellten ausgeübt wird. Die intransparenten Machenschaften kommen ebenfalls ans Licht, vor allem in Zeiten, in denen Beschäftigte besser vernetzt sind und eher die Chance haben, Missstände aufzuklären.

#3: Ziel bleibt Ziel

Nicht nur der Ruf in der Öffentlichkeit ist wichtig – auch der, der unter den Managementkollegen herrscht, kann bedeutend sein, um nicht das Gesicht zu verlieren. Vereinbarte Ziele, die einmal auf den Tisch gekommen sind, wollen deshalb erreicht werden. Ein Scheitern kommt nicht in die Kiste – koste es, was es wolle. Und das ist wirklich so gemeint: Ob Manipulationen notwendig sind oder hirnrissige Entscheidungen getroffen werden müssen, damit das Ziel erreicht wird, ist egal. Das Eingeständnis, dass es sich um utopische Ziele handelt, die überdacht werden müssen, wäre zu bitter.

Übrigens: Utopische Ziele sind auch das, woran Manager häufig gemessen werden. Die Definition ihres Erfolgs erfolgt über Kennzahlen. Sehen diese schlecht aus, sieht es auch für ihren Job schlecht aus.

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#4: Festhalten an falschen Entscheidungen

Die Investition war eine falsche Entscheidung? Eine geplante Strategie ist nicht aufgegangen? Der Launch eines Produktes ist gescheitert? Kein Problem: Machen wir weiter so und erhöhen sogar den Einsatz.

Manager, die eindeutiges Scheitern nicht als Scheitern einordnen, sondern riskantes Fehlverhalten an den Tag legen, ob bewusst oder unbewusst, sei dahingestellt, tragen ebenfalls zum Image der schwarzen Schafe bei. Sie lernen nicht aus ihren Fehlern, sondern wiederholen diese – in der starren Hoffnung, dass die Sturheit sich lohnt und es die äußeren Umstände, nicht aber ihre Entscheidung ist, die falsch sein könnte.

#5: Überheblichkeit und Selbstüberschätzung

Sie befinden sich in einer Führungsposition, sie haben Macht, sie treffen Entscheidungen und sie werden gesehen: Es gibt sie – Manager, die nicht abheben, weil sie etwas geleistet haben, sondern weil sie sich aufgrund ihrer Position selbst auf ein Podest stellen, der höher ist, als ihre tatsächlichen Leistungen.

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Keine Frage: Mit Sicherheit gibt es Topmanager, die zurecht dort stehen, wo sie heute sind. Doch bekanntlich kommt Hochmut, so sagt der Volksmund, vor dem Fall. Eine zu stolze, überhebliche Einstellung kann dazu führen, dass die Selbstüberschätzung in einem miserablen Desaster endet. Etwa wenn Kollegen zur Selbstverständlichkeit werden, Abmachungen nicht mehr eingehalten werden müssen und eine große Blasiertheit an den Tag gelegt wird, die dazu führt, von oben auf andere herabzuschauen.

#6: Mikromanagement

Schlechtes Management bedeutet auch, an seiner Kontrolle festhalten zu wollen – um jeden Preis. Es gibt Manager, die nicht loslassen können und Aufgaben übernehmen, die sie delegieren und an Angestellte abgeben könnten, ihre Zeit aber damit aufwenden, diese in Eigenregie auszuführen. Die Kontrollsucht lässt keine oder nur widerwillig gemeinsame Entscheidungen zu. Manager mischen sich in jede einzelne Entscheidung ein und tragen zum allgemein bekannten Image bei, dass sie herrschen wollen.

Die schwarzen Schafe existieren – und überschatten das Gute

Auch wenn nicht alle Mythen und Klischees, die über Topmanager vorherrschen, der Wahrheit entsprechen, haben viele Entscheidungsträger eines Unternehmens doch unter einem schlechten Ruf zu leiden. Es ist jedoch wie mit vielen anderen Dingen: Das Negative überschattet das Positive – und die, die einen wirklich guten Job machen, bleiben unerwähnt.

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Ob Deutschland per se „schlechte Manager“ hat, ist deshalb auch eine Frage der Wahrnehmung – vor allen in Zeiten, in denen die Imagebildung durch den Einfluss von Stakeholdern an Bedeutung gewinnt. Und die Medienberichterstattung ihren Fokus auf eben jene Topmanager von Großunternehmen legt, die immer wieder für Skandale und Aufsehen sorgen.

Bildnachweis: Halfpoint/istockphoto.com