Oft ist es komplizierter, es zurückzugewinnen, als es aufzubauen: Vertrauen. Wie es Führungskräften nach einem Vertrauensbruch dennoch gelingt – wir verraten es.

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Vertrauen zur Führungskraft aufzubauen, ist nicht immer leicht. Der Prozess kann Wochen, Monate oder gar länger dauern. Aber das aufgebaute Vertrauen kann binnen Sekunden dahinschmelzen. Schuld ist ein vertrauensschädigendes Erlebnis, das im Berufsleben keine Seltenheit darstellt. Ob Führungskräfte das Vertrauen eines Mitarbeiters zurückgewinnen können, kommt dann oft auf die Schwere des Vertrauensbruchs und auf das Verhalten unmittelbar nach dem Ereignis an. Was also können Führungskräfte tun?

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Verstehen, wie Vertrauen zwischen Mitarbeitern und Führungskräften entsteht

Wenn Mitarbeiter kontrolliert und dominiert werden, ist häufig Angst die treibende Kraft, um der eigenen Arbeit nachzugehen. Auf dieser Basis entsteht kein Vertrauen. Denn seinem Chef zu vertrauen, bedeutet vor allem, sich verletzlich zu machen. Ein Schritt, den Mitarbeiter nicht bereitwillig gehen, wenn sie bereits schlechte Erfahrungen gemacht haben.

So ist es mit jeder zwischenmenschlichen Beziehung: Menschen vertrauen, wenn sie positive Erfahrungen machen, weil Vertrauen zu schenken immer auch ein Risiko darstellt – und wir es nur bereit sind einzugehen, wenn wir eine große Wahrscheinlichkeit sehen, nicht enttäuscht zu werden. Demnach können Mitarbeiter nur vertrauen, wenn sie die Absichten ihres Chefs einschätzen können. Hat dieser sich in der Vergangenheit an sein Wort gehalten, Mitarbeiter respektiert und transparent über wichtige Angelegenheiten gesprochen, stehen die Chancen gut.

Eigene Fehler zugeben

Es sei in unserer Gesellschaft nicht selbstverständlich, so Psychologin und Sachbuchautorin Molly Howes („A Good Apology“), dass man konstruktiv mit Fehlern umginge. Man betrachte sie als „Schwäche“ und würde beim Zugeben eigene Mängel an der Person nur bestätigen – obwohl jeder Mensch, jeder Arbeiter, jeder Chef Fehler macht.

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Vor allem Führungskräfte in bedeutenden Positionen sehen es deshalb oft als besondere Herausforderung, Fehler offenzulegen, wenn sie beispielsweise Mitarbeitern oder Kollegen gegenüber unfair waren oder sie verletzt haben. Der Schritt des Zugebens wird übersprungen, wenn negative Konsequenzen gefürchtet werden, etwa für das eigene Image.

Wurde das Vertrauen eines Mitarbeiters durch die Führungskraft bereits verspielt, gibt es aber nur einen Weg der Wiedergutmachung: Fehler zugeben. Zu seinen Fehlern zu stehen, selbst dann, wenn keine Entschuldigung ausgesprochen wird, ist ein unerlässlicher Schritt zur Rückgewinnung des verspielten Vertrauens.

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Schon gewusst?

Vielen Menschen fällt es zum Beispiel aus Scham und Stolz schwer, Fehler zuzugeben – auch wenn sie dadurch Vertrauen verlieren. Im Jahre 1980 kam ein Künstler aus New York auf eine spannende Idee: Allan Bridge richtete eine sogenannte „Entschuldigungs-Hotline“ (Apology Line) ein. Und die Idee kam gut an – denn tausende Menschen sollen angerufen haben, um anonym Geständnisse zu machen und Fehler zuzugeben, um sich alles von der Seele zu reden. Er bekam den Namen „Mr. Apology“.

Lieber keine Versprechungen machen

Um Mitarbeiter zu beschwichtigen und zu motivieren, machen Führungskräfte Versprechungen. Vielleicht auch, um sich selbst zu beruhigen, den eigenen Ruf zu retten oder aus Hilflosigkeit. Schließlich tragen Menschen im Chefsessel eine große Verantwortung, die an vielen Tagen auch mit großem Erwartungsdruck einhergeht.

An dieser Stelle muss immer wieder daran erinnert werden: Auch Führungskräfte sind „nur“ Menschen. Zu große oder vor allem falsche Erwartungen, die mit der Rolle einer Führungskraft einhergehen, sollten deshalb nicht die gängige Praxis sein. Versprechungen, an die sich nicht gehalten werden kann, werden so nur zu einem weiteren Faktor für Misstrauen.

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Mitarbeitern gegenüber sollten falsche, unrealistische Versprechungen deshalb unterlassen werden, damit sie wieder Vertrauen fassen können. Besser ist es, Zuverlässigkeit zu demonstrieren, indem sich an realistische Abmachungen gehalten wird.

Weniger Schuldzuweisungen, größere Fehlertoleranz

Ein weiterer wesentlicher Schritt, um Vertrauen zurückgewinnen, ist, Schuldzuweisungen zu unterlassen. Mit dem Finger ständig auf Mitarbeiter zu zeigen, treibt sie nur in die Ecke. Stress und Angst sind jedoch keine gute Basis für eine vertrauensvolle Arbeitsbeziehung. Anstatt Negatives zu suchen und ständige Kontrolle auszuüben, ist es wichtig, Mitarbeitern Raum und Verantwortung zu geben – und auch die Sicherheit, dass diese bei Rückschlägen keine Beschämung oder Strafen fürchten müssen. Ein angstfreies Miteinander stellt deshalb einen Grundpfeiler für Vertrauen dar.

Mitarbeiter unterstützen

Ob ein offenes Ohr anbieten oder andere Ressourcen zur Verfügung zu stellen, die Mitarbeitern dabei helfen, ihrer Arbeit nachzukommen und sich wohlzufühlen: Es kostet Mühe, um verlorenes Vertrauen aufzubauen – und Unterstützung durch die Führungskraft ist hierbei ein wesentlicher Aspekt. Sobald Mitarbeiter spüren, dass sie Unterstützung erhalten und alles daran gesetzt wird, damit sie ein Teil des Unternehmens bleiben, ist ein weiterer wichtiger Schritt getan.

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Nicht drängen, sondern Zeit geben

Verlorenes Vertrauen bleibt zunächst verloren. Dies zu akzeptieren, ist bedeutend für Führungskräfte. Deshalb ist es wichtig, Mitarbeiter nicht zu drängen oder Vertrauen zu erzwingen, etwa mit Gesprächen und Taten, die sie unter Druck setzen. Viel sinnvoller ist es, jetzt Geduld zu beweisen.

Mitarbeiter unter Druck zu setzen, kann sogar das Gegenteil herbeiführen: Wer den Druck spürt, wird sich womöglich noch weiter entfernen wollen und größeres Misstrauen entwickeln. Denn aufdringlich und ungeduldig zu sein, beweist lediglich, dass nur eigene Interessen im Spiel sind und dass auf das Tempo des Mitarbeiters keine Rücksicht genommen wird. Wer als Führungskraft Geduld beweist, ist auf dem richtigen Schritt.

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Reden hilft, Umsetzung noch mehr

Die Kunst, Vertrauen zurückgewinnen, besteht immer darin, anders als bisher zu handeln. Damit sind keine überschwänglichen Gesten gemeint, die – wie beschrieben – Mitarbeiter unter Druck setzen. Sondern vielmehr dazu beitragen, dass die eigene Veränderung sichtbar wird. Wurde ein Mitarbeiter zum Beispiel bisher wiederholt vor dem ganzen Team auf etwas angesprochen, obwohl vonseiten der Führungskraft in gewissen Angelegenheiten Diskretion gefragt ist, sollten solche Gespräche künftig unter vier Augen stattfinden. Denn die Verletzung der Privatsphäre von Mitarbeitern stellt einen Vertrauensbruch dar.

Schaffe Transparenz in unsicheren Zeiten

Die geplanten Veränderungen finden doch nicht statt? Oder es gibt ein Thema, über das Führungskräfte selbst noch nicht sprechen dürfen, weil dies beispielsweise laufende Verhandlungen in Gefahr bringen würde? Um was auch immer es sich handelt: Wenn Mitarbeitern das Vertrauen ohnehin schon fehlt, gießen verschlossene Türen noch mehr Öl ins Feuer. Dass Führungskräfte gewissen Informationen noch nicht teilen dürfen, ist vollkommen in Ordnung.

Doch genau an dieser Stelle sollte angesetzt werden: Wichtig ist, den Mitarbeitern diese Information zu geben – dass es sich um ein Thema handelt, über das noch nicht gesprochen werden darf und dass die Führungskraft hier explizit um das Vertrauen seiner Mitarbeiter bittet.

Keine Willkür, sondern Verlässlichkeit

Misstrauen nährt sich vom willkürlichen Verhalten einer Führungskraft. Mitarbeiter, die ihrem Chef nicht vertrauen, haben so keine Sicherheit. Sie wissen nicht, mit welchem und ob sie erneut mit einem Vertrauensbruch rechnen müssen, und das führt oft zum Rückzug. Ob es sich um einen Rückruf handelt, auf den Mitarbeiter sich verlassen oder um ein Gespräch, um das gebeten wurde: Sich pünktlich und zuverlässig zu melden oder zu erscheinen, ist von essenzieller Bedeutung für den erneuten Vertrauensaufbau. Mit jedem Schritt, der Verlässlichkeit beweist, rücken Mitarbeiter und Führungskraft wieder näher zusammen.

Bild: pixelfit/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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