Wohl jeder Mensch hat sich in seinem Leben schon mindestens einmal unfair behandelt gefühlt – sei es bei Schulnoten oder Mitarbeiterbeurteilungen. Manchmal willst du den Tatsachen einfach nicht ins Auge sehen, doch ein andermal hast du vielleicht sogar Recht: Der „Horn Effekt“ kann sich nämlich negativ auf deine Beurteilung auswirken. Und dabei muss es der Personaler oder Vorgesetzte nicht einmal böse meinen, sondern sein Gehirn spielt ihm schlichtweg einen Streich. Wir möchten dir deshalb heute verraten, was es mit dem „Teufelshörner-Effekt“ auf sich hat.

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Der Horn Effekt

Der „Horn Effekt“ ist, ebenso wie sein Gegenspieler namens „Halo Effekt“, ein psychologischer Wahrnehmungsfehler. Das auch als „Teufelshörner Effekt“ bezeichnete Phänomen beschreibt die Tendenz der unbewussten Verallgemeinerung des Eindrucks, welchen wir von einer Person gewonnen haben. Einfach ausgedrückt bedeutet das: Hat ein Mensch einen schlechten (ersten) Eindruck bei uns hinterlassen, schätzen wir ihn allgemein eher negativ ein – hinsichtlich seiner Persönlichkeit, seines Knowhows & Co.

„Nimm den ersten Eindruck nie für die ganze Wahrheit.“
(Ursula Poznanski)

Durch den „Horn Effekt“ entsteht also eine Verzerrung der Wirklichkeit, die sich im Berufsleben in subjektiven und als „unfair“ empfundenen Leistungsbeurteilungen widerspiegeln kann. Auch im Vorstellungsgespräch hast du nach einem schlechten ersten Eindruck aufgrund des „Teufelshörner Effekts“ kaum noch eine Chance auf den Job.

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Das menschliche Gehirn neigt nämlich dazu, ein bei seinem Gegenüber wahrgenommenes Defizit zu verallgemeinern und dessen Kompetenz auch in anderen Bereichen anschließend schlechter einzuschätzen. Nur wer um den „Horn Effekt“ weiß, kann diesen hingegen bei sich selbst sowie im Außen wahrnehmen und aktiv dagegen vorgehen.

„Teufelshörner Effekt“: Ein falsches Wort kann ausreichend sein

Menschen sind tendenziell nachtragend und vergessen nur langsam ein falsches Wort oder ein in ihren Augen falsches Verhalten. Der „Horn Effekt“ kommt dir dabei nicht unbedingt zugute: Eine falsche Bemerkung kann ausreichen und du bist bei deinem Gegenüber für immer – oder zumindest für eine sehr lange Zeit – „unten durch“. Triffst du also im Job zum Beispiel auf den Personaler und sagst etwas, das er subjektiv als „dumm“ empfindet, wird er dich fortan solange für „dumm“ halten, bis du ihm das Gegenteil bewiesen hast. Und das kann mitunter sehr schwierig werden.

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Dass der erste Eindruck bleibend ist, wie so häufig behauptet wird, scheint also tatsächlich zu stimmen – bedingt durch den „Horn Effekt“ beziehungsweise sein Pendant, den „Halo Effekt“. Gerade im Job stufen Experten den Wahrnehmungsfehler deshalb als gefährlich ein, schließlich kann er Karrieren ruinieren. Aber wie heißt es so schön? „Irren ist menschlich“!

Fällst du auf den „Horn Effekt“ herein?

Bevor du nun nämlich gegen Kollegen, Personaler oder Vorgesetzte wetterst und ihnen den „Horn Effekt“ unterstellst, solltest du erst einmal einen ehrlichen Blick auf dich selbst werfen. Beinahe jeder Mensch fällt bei einer oder mehreren Personen in seinem Umfeld auf den „Teufelshörner Effekt“ herein. Frage dich daher, ob es bei deinen privaten oder beruflichen Kontakten jemanden gibt, bei dem du

  • jede Aussage kritisch hinterfragst
  • alles, was er sagt oder tut, negativ bewertest,
  • seit Anfang an „einen schlechten Eindruck“ hattest,
  • Defizite oder negative Eigenschaften ohne objektive Anhaltspunkte unterstellst,
  • jedes Wort auf die Goldwaage legst und selbst neutrale Aussagen tendenziell negativ auffasst,
  • dir nie ein eigenes Urteil gebildet, sondern stets auf das Getratsche Dritter verlassen hast?

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Das größte – oder sogar einzige – Problem mit den Wahrnehmungsfehlern ist nämlich, dass nur die wenigsten Menschen darüber Bescheid wissen. Sobald du aber ein Bewusstsein für den „Horn Effekt“ entwickelst, wirst du fortan jedes Urteil über deine Mitmenschen sorgfältiger überprüfen und dadurch das Risiko der Realitätsverzerrung mindern.

Drei typische Beispiele für den „Teufelshörner Effekt“

Das klingt für dich alles bislang noch sehr abstrakt? Oder du verstehst zwar theoretisch, was es mit dem „Horn Effekt“ auf sich hat, kannst ihn aber in der Praxis noch nicht erkennen? Dann möchten wir dir jetzt zum besseren Verständnis drei ganz typische Beispiele für das Phänomen geben, die du vielleicht sogar selbst aus dem Berufsalltag kennst:

Beispiel #1 Bewerbungsbild:

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Ein absolut klassisches Beispiel für den „Teufelshörner Effekt“ ist das Foto in deiner Bewerbung.

Ob du hier auf Anhieb einen guten oder schlechten Eindruck hinterlässt, kann über eine mögliche Einladung zum Vorstellungsgespräch sowie die Zu- oder Absage für den Job entscheiden. Auch, wenn die Auswahl eines Bewerbers eigentlich nach objektiven Kriterien wie seiner Qualifikation, der Berufserfahrung oder seinen Soft Skills erfolgen sollte, sieht die Realität leider anders aus: Attraktive Menschen sind bei Bewerbungen sowie allgemein im Beruf erfolgreicher – das wurde bereits in mehreren Studien bewiesen.

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Hinterlässt dein Bewerbungsbild also einen schlechten Eindruck, wird der Personaler auch deine restliche Bewerbung negativer bewerten und deine Chancen auf eine Einladung zum Bewerbungsgespräch sinken – und das passiert nicht aus Oberflächlichkeit oder böser Absicht, sondern völlig unbewusst aufgrund des „Teufelshörner Effekts“.

Beispiel #2 Tippfehler:

Kennst du die Situation, in welcher du eine E-Mail von einem Kunden, Geschäftspartner, Bewerber oder (noch) unbekannten Kollegen erhältst und es finden sich ein oder mehrere Tippfehler im Text? Unmittelbar schätzt du seine Kompetenzen als niedriger ein als sie vielleicht tatsächlich sind. Du zweifelst an seiner Professionalität und belächelst den Betroffenen vielleicht sogar ein wenig. In einer Bewerbung gelten Tippfehler deshalb ohnehin als absolutes No-Go. Und auch im Berufsleben solltest du jede E-Mail, jedes Schriftstück oder deine Bewerbung vor dem Versenden unbedingt noch einmal Korrekturlesen. Wieso? Klar: Wegen dem „Horn Effekt“!

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Beispiel #3 Kleidung:

Natürlich solltest du im Berufsleben vor allem durch Persönlichkeit und Kompetenz überzeugen, doch das Sprichwort

„Kleider machen Leute“
(Gottfried Keller)

hat durchaus einen wahren Kern. Ein Mensch, der dir im Job adrett gekleidet, selbstbewusst und mit teuren Schuhen gegenübertritt, wird bei dir gewiss einen besseren, professionelleren und kompetenteren Eindruck hinterlassen als der nervöse Mann in Freizeitkleidung.

Zwar mag die Kleiderwahl je nach Branche, Beruf und hierarchischer Position mehr oder weniger wichtig sein, doch beeinflussen sie maßgeblich den „Horn Effekt“ und damit auch dein Image am Arbeitsplatz. Und genau dieses Image kann wiederum das Zünglein an der Waage sein, wenn es um wichtige Entscheidungen wie eine Beförderung geht. Dein Image – welches eben durch den „Teufelshörner Effekt“ oder aber auch den „Halo Effekt“ geprägt sein kann – entscheidet also schlussendlich über das Gelingen oder Misslingen deiner Karriereziele.

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„Horn Effekt“ durch aktives Selbstmarketing in „Halo Effekt“ umwandeln!

Angesichts der Tatsache, wie wichtig dein Image für deinen beruflichen Erfolg ist, ist die Erkenntnis, dass dieses vor allem auf Zufällen und Wahrnehmungsverzerrungen wie dem „Horn Effekt“ basiert, erschreckend. Doch glücklicherweise bist du den „Teufelshörnern“ nicht machtlos ausgeliefert. Zwar lässt sich ein (schlechter) erster Eindruck später nur noch schwer verändern, unmöglich ist das allerdings nicht. Was du jetzt brauchst, ist ein aktives und bewusstes Selbstmarketing.

➡  Überlasse dein Image nicht dem Zufall, sondern nutze dein Wissen um den „Horn Effekt“ und den „Halo Effekt“, um deine Karriere anzukurbeln.

Denn wie bereits erwähnt, hat der „Horn Effekt“ einen mindestens ebenso mächtigen Gegenspieler, den sogenannten „Halo Effekt“. Das bedeutet: Ebenso, wie ein negativer Eindruck dich dauerhaft überschatten kann, bleibt auch ein positiver Eindruck langfristig bestehen und überstrahlt eventuelle Defizite.

Fazit

Noch besser wäre es aber natürlich, wenn wir Menschen lernen würden, Realitätsverzerrungen wahrzunehmen, zu vermeiden und Personen stattdessen in Ruhe kennenzulernen, um uns ein objektives Bild zu verschaffen. Leider wird das aber niemals in Gänze möglich sein, da das menschliche Gehirn nun einmal komplex ist, niemals zu 100 Prozent objektiv sein kann und zur Pauschalisierung neigt. Es wird dir daher immer und immer wieder einen Streich spielen. Je achtsamer du diesbezüglich aber bist und umso häufiger du deine Überzeugungen hinterfragst, desto besser wirst du in Zukunft den „Horn Effekt“ sowie „Halo Effekt“ durchschauen und vermeiden. Und wenn du dich wieder einmal ungerecht behandelt fühlst, zum Beispiel im Rahmen einer Leistungsbeurteilung, nutze dein neu gewonnenes Wissen, nehme den „Horn Effekt“ nicht persönlich, sondern wandle ihn durch aktives Selbstmarketing in den „Halo Effekt“ um.

Welche Erfahrungen hast du bereits mit dem „Teufelshörner Effekt“ oder auch dem „Halo Effekt“ gemacht? Und kannst du unseren Lesern weitere Tipps zum Thema mit auf den Weg geben? Wir bedanken uns für deinen Beitrag in den Kommentaren!

Bildnachweis: pathdoc/Shutterstock.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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