Dass Kaffee besser als sein Ruf ist, konnten zahlreichen Studien belegen. Jetzt zeigen Forschungen: Richtig dosiert, soll das Heißgetränk Depressionen mildern.

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Kaffeestudien gibt es wie Sand am Meer. Denn das populäre Heißgetränk gehört zum Arbeitsalltag vieler Menschen, die auf ihren Americano, Espresso oder Latte Macchiato nicht verzichten möchten, weshalb es immer wieder zum Forschungsgegenstand wird. Als Stimmungsaufheller wird Kaffee in Zusammenhang mit Depressionen untersucht.

Der Spruch, dass die Dosis das Gift macht, könnte nun besser nicht passen: US-amerikanische und chinesische Forscher haben in einer aktuellen Studie Daten einer größeren Forschung (National Health and Nutrition Examination Survey, NHANES; 2017 bis 2018) herangezogen, um herauszufinden, wann Koffein sich negativ auf Depressionen auswirkt – und ab welcher Dosis es bei Depressionen unbedenklich ist und helfen kann. Es wurden Daten von insgesamt 3.263 Menschen ab einem Alter von 20 Jahren berücksichtigt.

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Das erstaunliche Ergebnis: Zwar wird Koffein grundsätzlich negativ mit Depressionen assoziiert, was auch die Studiendaten zeigen. Wurde jedoch eine bestimmte Mindestmenge aufgenommen, gab es diesen Zusammenhang nicht mehr. Erst ab einem Koffeinkonsum von mindestens 90 Milligramm – das entspricht etwa einer großen Tasse Kaffee pro Tag – hat das Getränk keinen negativen Effekt auf bestehende Depressionen und kann als zusätzliches Linderungsmittel dienen.

Die Autoren weisen gleichzeitig darauf hin, dass noch mehr Untersuchungen notwendig sein werden, um den Effekt von Kaffee auf Depressionen besser zu analysieren. Es ist deshalb kein endgültiges Ergebnis, wohl aber eine nennenswerte Erkenntnis.

Wirkung: Was trägt dazu bei, dass Kaffee bei Depressionen helfen kann?

Nach Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) zählen Depressionen heute zu den Erkrankungen, deren „Schwere“ am häufigsten unterbewertet wird. Bis zu 20 von 100 Menschen können den Informationen des BMG nach im Laufe ihres Lebens unter einer ernsthaften depressiven Verstimmung oder unter einer Depression leiden.

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Ein Allheilmittel gegen die Krankheit gibt es keine, aber sie ist behandelbar. Zum Einsatz kommen Antidepressiva und vor allem Psychotherapie. Letztere soll langfristig helfen, doch abhängig vom Schweregrad kommen Patientinnen und Patienten manchmal nur schwer ohne medikamentöse Hilfe aus.

Dass Kaffee einen ergänzenden Beitrag leisten kann, wird vor allem den stimmungsaufhellenden Eigenschaften zugeschrieben. Koffein trägt einen wesentlichen Teil dazu bei, indem es die Produktion von Endorphinen fördert. Diese zählen, ähnlich wie Dopamin, zu den „Glückshormonen“. Aber auch die im Kaffee enthaltene Chlorogensäure, welche nach dem Röstprozess der Bohnen noch vorhanden ist, tut ihren Teil. Hinzu kommt, dass die Säure eine Helferfunktion in der Leber einnimmt, indem sie dabei unterstützt, Fettsäuren abzutragen.

Aber: Stimmt es wirklich, dass Kaffee sich als „Depressionshelfer“ eignet – und sind Kaffeestudien nicht eher kritisch zu betrachten, weil sie immer wieder zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen?

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Die Sache mit den Kaffeestudien

Ab 1960 kamen Wissenschaftler so richtig in Fahrt, wenn sie zum Thema „Kaffee“ forschten. Immer wieder war die Rede von krebserregenden Substanzen im Heißgetränk.

Der italienische Forscher Giuseppe Grosso, welcher 2017 Daten aus mehreren Studien auswertete, weist auf einen wichtigen Umstand hin: Die Analysen aus früheren Jahren haben nicht immer berücksichtigt, ob jemand Raucher oder Nichtraucher war – ein kleiner, aber doch sehr feiner Unterschied, wenn es darum geht, das Krebsrisiko eines Kaffeekonsumenten zu beurteilen. Vor allem, weil es früher in Büroräumen üblich war, mehrere Zigaretten zu rauchen, während Arbeitnehmer heute, zumindest nicht direkt am Arbeitsplatz, zum „Glimmstängel“ greifen dürfen und der Zigarettenkonsum grundsätzlich sinkt.

In einer Pressemitteilung gab die World Health Organisation (WHO) in Zusammenarbeit mit der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) im Jahr 2016 Entwarnung: Es sei in Untersuchungen kein direkter Zusammenhang zwischen dem Kaffeekonsum und Krebs erkennbar. Lediglich der Hinweis, dass der Konsum von sehr heißen Getränken („very hot beverages“) möglicherweise einen negativen Effekt hat, wird gegeben.

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Ob als Mittel gegen Depressionen oder um das Risiko für bestimmte Erkrankungen zu senken: Kaffeestudien sind aus den genannten Gründen nicht immer ganz unkritisch, weil es schwierig ist, den tatsächlichen Effekt auf einen Organismus zu beurteilen. So spielt beispielsweise der individuelle Gesundheitszustand und der Lebensstil einer Person eine wichtige Rolle.

Depressionshelfer: Was du beim Kaffeekonsum beachten solltest

#1: Kaffee ist keine Medizin

Kaffee ist, wie andere Genussmittel auch, keine Medizin und auch kein Allheilmittel und sollte nicht als solches betrachtet werden. Dennoch kann das Heißgetränk sich positiv auf die Gesundheit auswirken, wenn du es in moderater Menge konsumierst. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft empfiehlt eine Höchstdosis von 400 Milligramm Koffein – nicht auf einen Schlag, sondern über den Tag verteilt. Das bedeutet, dass du als erwachsene Person ca. vier bis fünf Tassen Kaffee mit Koffein zu dir nehmen kannst, ohne dass der Koffeingehalt schädlich ist.

Wichtig: Die Angaben gelten für gesunde Personen. Sprechen gesundheitliche Gründe gegen den „normalen“ Kaffeekonsum, ist es wichtig, auf die koffeinhaltigen Produkte zu verzichten.

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#2: Beobachte die Wirkung auf Körper und Psyche

Du schläfst schlecht, fühlst dich hibbelig und oft auch gestresst? Das alles kann von einem hohen Kaffeekonsum kommen und eine bestehende Depression verstärken. Denn Koffein wirkt sich auf unsere Stimmung aus – aber nicht nur positiv. Wer große Mengen konsumiert, muss mit Schlafstörungen, Probleme in der Magen-Darm-Gegend, Unruhe sowie Nervosität rechnen. Häufig wird empfohlen, koffeinhaltige Getränke nicht am Abend zu trinken. Aber auch hier gibt es Ausnahmen, die bestätigen, dass jeder Körper und jede Psyche anders funktioniert.

Wichtig ist, dass du herausfindest, was dir hilft und wie bekömmlich dein Kaffee – zu welcher Tageszeit auch immer – für dich ist. Wenn du als Hardcore-Kaffeetrinker versuchst, deine Kaffeeroutine umzukrempeln, solltest du zudem berücksichtigen, dass einige Menschen manchmal unter Kopfschmerzen, Müdigkeit oder Unwohlsein leiden, wenn sie sich entwöhnen. Die Beschwerden lassen in der Regel jedoch nach, wenn der Körper sich an die Umstellung gewöhnt hat.

#3: Genieße deine Kaffeemomente bewusst

Auch wenn viele Menschen Kaffee wegen des Koffeinkicks benutzen, sollte es bei einer bestehenden Depression nicht als Flucht in eine falsche Sicherheit konsumiert werden. Wenn die Psyche labil ist, können wir auf diese Weise schnell eine Abhängigkeit entwickeln. Viel wichtiger ist es, dass du deinen Kaffee ganz bewusst genießt, dir Zeit dafür nimmst und ihn nicht morgens schnell hinunterkippst, um dich besser zu fühlen. Eine Kaffeeauszeit kann, wenn sie zu einem positiven Ritual wird, tatsächlich gesundheitsförderlich für die Psyche sein.

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Du leidest unter einer Depression? Das kannst du jetzt tun

Vielen Menschen, die an einer ernsthaften Depression erkranken, fällt es schwer, gesunde Auswege zu finden, um mit ihrer Situation umzugehen. Auch eine Kaffeestudie ist da nur ein schwacher Trost. Solltest du betroffen sein, ist es dennoch wichtig, aktiv zu werden: Gehe einen ersten Schritt und sprich mit einer Vertrauensperson. Ob Probleme im Job, Existenzsorgen oder Selbstwertthematiken – es gibt viele gute Gründe, sich zu öffnen, um sich selbst zu entlasten.

Neben einer gesunden Alltagsroutine, zu denen genügend Schlaf, Bewegung sowie regelmäßige Essenszeiten gehören, kann vor allem eine Psychotherapie hilfreich sein. Da viele Betroffene lange auf einen Therapieplatz warten müssen, gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Wartezeit zu überbrücken. Suche dir zum Beispiel eine Selbsthilfegruppe oder nimm eine von Krankenkassen finanzierte Onlinehilfe in Form von qualifizierten Programmen, die von Ärzten und Psychotherapeuten angeboten werden, in Anspruch.

Bildnachweis: Foto von Pixabay/Pexels.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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