Forschungsergebnisse zeigen, dass viele Arbeitnehmer einem Job nachgehen, der nicht zu ihrer Persönlichkeit passt. Dabei spielt unsere Wesensart eine wichtige Rolle bei der Berufswahl.

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Lediglich 11 Prozent der Arbeitnehmer suchen sich einen Beruf aus, der mit ihren Persönlichkeitsmerkmalen kompatibel ist. Das haben australische Forscher in einer Studie herausgefunden. Autor Paul McCarthy ist sogar der Meinung, dass etwa jeder zweite Beschäftigte in der westlichen Welt im „falschen“ Job feststeckt. Zur Berufswahl gehört nicht nur die fachliche Qualifikation. Unsere biologische Veranlagung, welche unsere Persönlichkeit formt, trägt ebenfalls einen Teil dazu bei, sich einen bestimmten Beruf auszusuchen. Vertriebler können charmant überzeugen und verkaufen, Therapeuten sind besonders einfühlsam, Schauspieler üblicherweise wandelbar.

So liegt es auf der Hand, dass Menschen, die besonders empathisch sind, in einem sozialen Beruf gut aufgehoben wären, sich aber vielleicht für etwas anderes entscheiden. Einfluss hat zum Beispiel die Prägung aus dem Elternhaus, wenn beispielsweise der Status wichtig ist: Lieber wählst du die sichere Karriere als Beamter oder Bankmitarbeiter und entscheidest dich gegen den Beruf als Lehrer oder Sozialarbeiter.

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Persönlichkeitsmerkmale und Berufswahl: Diese 8 Cluster gibt es

Für die Studie haben die australischen Forscher mehrere Faktoren berücksichtigt, darunter die aus der Persönlichkeitspsychologie stammenden „Big Five“: Demnach sollen alle Menschen fünf übereinstimmende Charaktermerkmale haben (Gewissenhaftigkeit, Offenheit, Extraversion, Neurotizismus, Verträglichkeit), deren Ausprägung stets unterschiedlich ausfällt.

Das Resultat: Passt der Job zur Persönlichkeit, sind Mitarbeiter insgesamt glücklicher und zeigen mehr Engagement in ihren Berufen. Als Ergebnis der Analyse haben sich folgende Karrierecluster ergeben, die zeigen, welche Berufsrichtungen am ehesten zu den verschiedenen Persönlichkeiten passen:

  1. Leaders („Führer“): Beratung, Lehre
  2. Listeners („Zuhörer“): Journalismus, Justiz, Sozialarbeit
  3. Umpires („Schiedsrichter“): Persönliche Dienstleistungen, Service, Beauty
  4. Rebels („Rebellen“): Film und Fernsehen, Künstler, Schriftsteller
  5. Experts („Experten“): Wissenschaft, Technik, Medizin
  6. Observers („Beobachter“): Design, Entertainment, Musik
  7. Accomplishers („Realisierer“): Handel, Betrieb, Dienstleistungen
  8. Fighters („Kämpfer“): Finanzen, Profisport, Bauwesen

Tipp: Beachte, dass die Ergebnisse lediglich eine Tendenz darstellen und nicht festlegen, dass Beschäftigte in Berufen, deren Persönlichkeit wenig kompatibel mit ihrem Job ist, zwangsläufig unglücklich werden. Die Forschungsergebnisse können aber erklären, warum wir uns in bestimmten Bereichen weniger zutrauen, unsicher werden oder häufiger in Konflikte geraten.

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Mehr Geld für Beschäftigte, die einen Job passend zum Persönlichkeitsprofil wählen

Ein zur Persönlichkeit passender Job soll laut den Forschungsergebnissen nicht nur glücklicher machen. Eine weitere Studie hat den Zusammenhang zwischen Persönlichkeit und Einkommen untersucht. Ein zentrales Ergebnis ist, dass Menschen, deren Persönlichkeitsprofil mit den Jobanforderungen besonders kompatibel ist, ein besseres Einkommen als diejenigen haben, deren Wesen nicht zum Beruf passt.

Eine Erkenntnis ist dabei besonders spannend: Auch Persönlichkeitsmerkmale, die grundsätzlich einen „positiven Ruf“ genießen, die geforderten Jobanforderungen aber übersteigen, können sich negativ auf das Einkommen auswirken.

Beispiel: Wer äußerst gewissenhaft in einem Job arbeitet, welcher eine geringe Gewissenhaftigkeit erfordert, soll laut Studienergebnissen in puncto Einkommen schlechter abschneiden. Das verstärkt die These, dass Persönlichkeit eine besondere Rolle bei der Jobwahl spielt.

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Berufsidentität auf der Spur: Wie finde ich den passenden Job?

Wer sich jetzt fragt, welcher Beruf am ehesten zur eigenen Persönlichkeit passt, wird im Netz über etliche Tests stolpern. Seit jeher gibt es verschiedene Theorien im Bereich Persönlichkeitspsychologie, die uns diese Frage zusätzlich erschweren.

Unser Tipp, wenn du in deinem derzeitigen Job unglücklich bist oder den passenden Beruf für dich suchst: Berücksichtige mehrere Faktoren, um herauszufinden, was dir am ehesten entspricht. Folgende Fragen, die einfach, aber aufschlussreich sind, helfen dir dabei.

1. Was sind meine persönlichen Stärken?

Bist du ein extrovertierter Mensch, dem es nicht schwerfällt, andere mitzureißen, anzusprechen oder zu überzeugen? Oder hast du ein besonders Gespür für dein Gegenüber, weil du ein guter Zuhörer bist? Konntest du schon immer gut organisieren? Die Einordnung deiner persönlichen Stärken sowie deiner Wesensmerkmale zeigt dir, welche Berufe für dich infrage kommen könnten.

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Übrigens: Häufig haben wir Idealvorstellungen von bestimmten Berufen, die am Ende oft nicht der Realität entsprechen. Ob unsere Stärken tatsächlich gefordert sind und inwieweit du diese für deinen Wunschberuf einsetzen kannst, findest du deshalb beispielsweise über Praktika oder Jobs zum Hineinschnuppern in der jeweiligen Branche heraus. Sammle deshalb Berufserfahrungen, bevor du dich entscheidest.

2. Was motiviert mich?

Status, Geld, Prestige – das alles können Motive sein, hart zu arbeiten, um einem angesehen Job nachzugehen. Aber auch deine persönlichen Interessen sollten eine entscheidende Rolle bei deiner Berufswahl spielen.

Eine wichtige Unterscheidung ist aus psychologischer Sicht vor allem die intrinsische und extrinsische Motivation. Während die intrinsische Motivation inneren Anreizen nachgeht, also innere Bedürfnisse – etwa nach Nähe, Spaß, Ordentlichkeit – befriedigt, geht es bei der extrinsischen Motivation um äußere Antriebe. Demnach bereitet dir eine spezielle Aufgabe zwar keine Freude, sie dient aber dem Erreichen eines Ziels, etwa Anerkennung, mehr Geld oder Prestige.

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Übrigens: Grundsätzlich wird angenommen, dass intrinsisch motivierte Menschen langfristig glücklicher sind, weil sie einem inneren Antrieb nachgehen, während Status und Ruf zum Beispiel nur kurzfristig zu einem besseren Gefühl führen.

3. Was sind meine Werte?

Weil die Auswahl an Berufen immer größer wird und auch der Arbeitsmarkt wächst, müssen Arbeitnehmer sich heute nicht zwangsläufig einem Beruf hingeben, welcher nicht die eigenen Werte repräsentiert. Wichtig kann deshalb auch die Frage nach deinen persönlichen Wertvorstellungen sein.

Bekannte Werte sind zum Beispiel:

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  • Gerechtigkeit
  • Sicherheit
  • Harmonie
  • Toleranz
  • Nächstenliebe
  • Disziplin
  • Erkenntnis
  • Freiheit
  • Selbstbestimmung
  • Kreativität
  • Familienorientierung
  • Ausdauer
  • Spontanität
  • Zuverlässigkeit

Tipp: Bereits in Inseraten, aber auch während eines Vorstellungsgesprächs kannst du herausfinden, ob deine persönlichen Werte mit den Werten deines potenziellen Arbeitgebers übereinstimmen. Wem Ehrlichkeit wichtig ist, dem fällt es zum Beispiel zumeist schwer, bei Kundengesprächen zu flunkern oder ihnen etwas zu verkaufen, was lediglich eigenen Zwecken dient. Vergewissere dich deshalb, dass dein zukünftiger Job nicht nur gutes Geld verspricht, sondern auch mit deinem Gewissen vereinbar ist.

Was bringen Persönlichkeitstests?

Vor allem Menschen, die am Anfang ihrer Karriere stehen oder sich umorientieren möchten, entscheiden sich manchmal für einen Persönlichkeitstest, um zu einer Entscheidung zu kommen. Sie sind nicht immer schlecht – und können sogar eine erste Orientierung geben. Psychologische Tests, die aus wissenschaftlichen Quellen stammen, sind dabei zu bevorzugen.

Beachte aber: Ein Persönlichkeitstest ist oft nicht ausreichend, um den passenden Beruf zu finden. Nutze ihn, wenn du dir gänzlich unsicher bist oder eine Tendenz bestätigen möchtest. Versteife dich jedoch nicht auf das Ergebnis und halte dir auch weitere Optionen offen, die deiner Neigung, deiner Qualifikation und deinem Bauchgefühl entsprechen.

Schon gewusst?

Zur Entwicklung unserer Persönlichkeit gibt es verschiedene Theorien. Die gängigsten Annahmen besagen, dass unser Wesen teilweise genetisch bedingt ist und zum Teil durch Umwelteinflüsse bestimmt wird. Einfluss können auch einschneidende Erlebnisse in unserem Leben nehmen, zu denen beispielsweise ein Trauma gehört. Dieses kann zu mehr Ängstlichkeit führen oder dazu, dass unser Bedürfnis nach Sicherheit und Zuverlässigkeit zunimmt.

Bild: piola666/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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