Wer vertraut, muss Kontrolle abgeben. Um im Job das Vertrauen anderer zu gewinnen, helfen diese simplen Strategien.

Anzeige

Ist mein Gegenüber vertrauenswürdig?

Intuitiv sucht der Mensch nach Merkmalen, welche die Vertrauenswürdigkeit anderer Menschen unter Beweis stellen. Ob im Beruf, bei einem Date oder beim Arztbesuch: Wir scannen Mimik und Gestik fremder Personen, beobachten unser Gegenüber und ziehen Schlüsse.

Dass das Gesicht hierbei zu den wichtigsten Informationsquellen zählt, weiß Psychologe Alexander Todorov. Der Wissenschaftler, der den berühmten „ersten Eindruck“ aus sozialpsychologischer Sicht untersucht hat, meint aber auch: Manchmal ziehen wir schlichtweg falsche Schlüsse, wenn wir uns auf Gesichter beschränken.

Anzeige

Um das Vertrauen von Menschen nachhaltig zu gewinnen, etwa im Job, braucht es häufig mehr als einen guten ersten Eindruck – auf den wir gewissermaßen auch nur bedingt Einfluss haben, wenn unser Gegenüber Merkmale erkennt, die an gute oder schlechte Erfahrungen erinnern und somit intuitiv als „vertrauenswürdig“ oder „nicht vertrauenswürdig“ eingeordnet werden.

Man könnte auch sagen: Ob uns jemand vertraut, liegt nur zu 50 Prozent in unserer Hand. Denn die andere Hälfte wird von den Prägungen unseres Gegenübers beeinflusst. Wurde jemandes Vertrauen in der Vergangenheit missbraucht, dauert es länger, um das Vertrauen dieser Person gewinnen zu können. Wie aber können wir unsere 50 Prozent beitragen?

Mit diesen Strategien vertrauen dir Menschen am ehesten

Das Thema Vertrauen sei wissenschaftlich relativ komplex und schwer fassbar, aber zugleich faszinierend, weil es überall präsent sei, so Psychologe und Neurowissenschaftler Prof. Dr. Niels Birbaumer. Seiner Definition nach sei Vertrauen dafür zuständig, Einigkeit und Bindung zu schaffen. Dennoch sei es für die, die vertrauten, gleichzeitig ein gefährliches Gefühl. Schließlich seien wir durch das Vertrauen verletzlicher.

Anzeige

Um das Vertrauen von Kollegen, Geschäftspartnern, Vorgesetzten oder Mitarbeitern zu gewinnen, brauchen wir vor allem eine Sache: Geduld. Bis Vertrauen entsteht, vergeht einige Zeit. Um es zu verlieren, braucht es manchmal keine Minute. Worauf also achten?

1. Zum aktiven Zuhörer werden

Wer weiß, wie andere ticken, hat einen bedeutenden Vorteil: Wir kennen die Bedürfnisse, Wünsche und Probleme unseres Gegenübers und können darauf eingehen. Voraussetzung sind nicht Mutmaßungen und theoretische Schlussfolgerungen, die wir, ohne dem anderen zugehört zu haben, aufstellen. Voraussetzung ist, dass wir zum aktiven Zuhörer werden.

Um aktiv zuhören zu können, braucht es eine wert- und vorurteilsfreie Haltung. Zudem gelingt diese Art des Zuhörens nur, wenn wir uns ausreichend Zeit nehmen, unseren Gesprächspartner nicht unterbrechen und indem wir das Gesagte inhaltlich zusammenfassen und mit echtem Interesse Rückfragen stellen. Dies ist auch eine Gelegenheit, um Missverständnisse zu beseitigen, damit wir ein noch besseres Verständnis für das Gesagte entwickeln.

Anzeige

Zudem hilft aktives Zuhören auch dabei, versteckte Botschaften zu erkennen: Manchmal müssen wir zwischen den Zeilen lesen können. Wer die Kunst des aktiven Zuhörens beherrscht, zeigt Interesse und kann im Anschluss, etwa im Joballtag, auf die genannten Punkte besser eingehen – und das zeugt von Respekt und Wertschätzung, was wiederum Vertrauen aufbaut.

2. Gelegenheiten für positive Erfahrungen schaffen

Vertrauen entsteht vor allem, wenn wir eine Beziehung zu Kollegen, Mitarbeitern oder Führungskräften aufbauen. Diese basiert auf gemeinsamen Erfahrungen. Umso wichtiger ist es, Initiative zu zeigen sowie Raum und Gelegenheit für gemeinsame positive Erfahrungen zu schaffen.

Vor allem Führungskräfte können im Rahmen der Mitarbeiterbindung für entsprechende Maßnahmen und Events sorgen, die dazu einladen, sich auszutauschen, Misserfolge und Negatives gemeinsam durchzustehen und zu beweisen, wie wichtig das Team einem ist.

Anzeige

Auch die persönliche Verfügbarkeit und die regelmäßige Teilnahme an der Arbeit der Kollegen und Mitarbeiter ist wichtig, um die emotionale Bindung zu stärken und das Vertrauen dieser zu gewinnen. Denn wer ständig abwesend oder zumindest emotional nicht verfügbar ist, bewirkt das Gegenteil: Die Distanz wächst und damit auch das Misstrauen.

3. Absprachen einhalten – selbst kleinere Vereinbarungen

Unzuverlässigkeit zählt zu den wichtigsten Vertrauenskillern. Wer sich selbst an kleinere Absprachen nicht halten kann und keine Integrität im Team oder unter Kollegen beweist, kann sich sicher sein, dass die Basis für Vertrauen gänzlich fehlt.

Damit Vertrauen aufgebaut werden kann, braucht es Zuverlässigkeit. Nur um zuverlässig zu wirken, sollten wir deshalb niemals Aufgaben übernehmen, von denen wir wissen, dass sie zu viel sind und zum Beispiel unsere zeitlichen oder mentalen Ressourcen sprengen – denn auch wir selbst wünschen uns mehr Ehrlichkeit in solchen Situationen, um zu wissen, woran wir sind und um gegebenenfalls rechtzeitig alternative Lösungen organisieren zu können.

Anzeige

Tipp: Neben dem Einhalten von Absprachen kann es außerdem hilfreich sein, Änderungen oder Dinge, die uns daran hindern, ein Versprechen einzuhalten, rechtzeitig zu kommunizieren, um das Vertrauensverhältnis nicht zu gefährden. Wer nur abwartet, ohne Kollegen oder Vorgesetzte zu informieren, lässt diese im Dunkeln tappen.

4. Ehrlich sein, Fehler zugeben und sich entschuldigen

Lieber ehrlich zugeben, was nicht nach Plan lief und riskieren, abgelehnt zu werden – als bloß darauf zu warten, dass ein Fehler auffliegt und ein großes Vertrauensloch hinterlässt. So lautet eine wichtige Devise, um das Vertrauen anderer gewinnen zu können.

Obwohl die meisten Arbeitnehmer und Führungskräfte davon ausgehen, dass der offene Umgang mit Fehlern negative Reaktionen und Misstrauen bei anderen hervorrufen könnte, passiert zumeist das Gegenteil. Auch wir selbst würden tendenziell eher mit jemandem zusammenarbeiten, der zu dem steht, was ist und nicht versucht, wichtige Details zu verschleiern. So unangenehmen sie auch sein mögen.

Anzeige

5. Persönliche Kommunikation priorisieren

Obwohl WhatsApp und E-Mail bewährte und beliebte Mittel der Kommunikation sind, kann Vertrauen vor allem durch Face-to-Face-Kommunikation entstehen. Persönliche Gespräche in „digitalen Zeiten“ sind heute Gold wert und erleichtern intuitives Vertrauen nach Bauchgefühl.

Sie erinnern an das, was heute eher rar ist und das sind persönliche Treffen, die durch die schnelle Onlinekommunikation ersetzt werden. Wenn möglich, sollten neue Kollegen, Mitarbeiter oder auch potenzielle Geschäftspartner gelegentlich zum gemeinsamen Lunch in der Mittagspause oder zum Kaffee eingeladen werden. Der Aufwand, der früher in nicht-digitalen Zeiten selten einer war, lohnt sich auch heute noch, damit Vertrauen entstehen kann.

6. Offen mit eigenen unangenehmen Themen umgehen

Verbindung und Vertrauen entstehen vor allem dort, wo wir uns selbst verletzlich zeigen können und so signalisieren: „Auch ich gebe Kontrolle ab – nicht nur du.“ Damit machen wir uns zwar angreifbar, aber auch menschlich.

Wer Vertrauen schaffen will, sollte sich deshalb selbst nicht davor scheuen, dem Gegenüber das eigene Vertrauen zu schenken. Eine Art Vertrauensvorschuss, den wir unsererseits bereitstellen, kann hilfreich sein, um emotionale Distanz und nicht sichtbare, aber fühlbare Grenzen etwas aufzuweichen.

Schon gewusst?

Ungleiche Machtverhältnisse erschweren es oft, Vertrauen aufzubauen. Nehmen wir Angestellte und Vorgesetzte als Beispiel, gilt dies übrigens für beide Seiten. Während von Mitarbeitern fast schon erwartet wird, Führungskräften gegenüber skeptisch zu sein, etwa aufgrund von schlechten Erfahrungen, ist es auch möglich, dass Höhergestellte selbst Probleme damit haben, Mitarbeitern zu vertrauen – und das aufgrund des Machtverhältnisses. Denn die Angst, dass die eigene Position und Stellung durch Angestellte entwertet oder untergraben wird, ist manchmal eine von Vorgesetzten. Eine Regulation dieses Gefühls erfolgt dann häufig durch Kontrolle: Um sich zu „schützen“, unabhängig davon, ob die Gefahr real ist oder nicht, kommt das Machtinstrument der Kontrolle zum Einsatz.

Bild: Unsplash+/Getty Images

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

Mach mit und diskutiere mit uns in unserer Skool Community!

Egal, ob du Fragen hast, Antworten suchst oder einfach nur deine Erfahrungen zu diesem oder anderen Themen teilen möchtest, du bist herzlich willkommen. Diskutiere mit, erweitere dein Wissen und werde Teil einer inspirierenden Gemeinschaft. Zur Arbeits-ABC Community