„Man, ist die unsympathisch!“: Innerhalb weniger Millisekunden entsteht Antipathie, eine Abneigung anderen gegenüber. Ein Prozess, den wir nicht bewusst beeinflussen.

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Was ist Antipathie?

Widerwille, Aversion, Abneigung – Antipathie hat viele Namen und vor allem Gesichter. Innerhalb kürzester Zeit, nachdem wir ein fremdes Gesicht sehen, entscheidet sich, ob wir eine Zu- oder Abneigung empfinden. Sowohl Sympathie als auch Antipathie sind damit keine bewussten Prozesse. Psychologen beschreiben Antipathie als eine Art „spontane Abneigung“. Und es passiert immer wieder: beim Date, im Job, auf der Straße, im Supermarkt, im Urlaub.

Dabei kann die Abneigung vor allem im beruflichen Kontext zur Herausforderung werden, wenn wir es nicht schaffen, professionell zusammenzuarbeiten. Fehlendes Vertrauen und die Beschäftigung mit den eigenen Gefühlen, die belastend sein können, stellen bei Antipathie eine Ablenkung dar.

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Zudem spielt Antipathie auch im Recruiting eine Rolle. Wir entscheiden nicht nur nach fachlichen Kriterien, ob jemand ins Unternehmen passt, sondern auch danach, wie sympathisch wir jemanden finden. Umso wichtiger ist es, Eindrücke, die einer selektiven Wahrnehmung entspringen, noch einmal zu überprüfen, bevor endgültige Entscheidungen getroffen werden. Andernfalls kommt es zu Benachteiligung.

Wie entsteht Antipathie?

Forscher und Psychologe Alexander Todorov („Face Value: The Irresistible Influence of First Impressions“), welcher herausfinden konnte, wie der erste Eindruck von Fremden uns unterbewusst beeinflusst, erklärt: Ob eine Antipathie entsteht, entscheidet sich innerhalb weniger Millisekunden. Dies belegt den unterbewussten Prozess.

Auch wie ausgeprägt eine Antipathie ausfällt, ist unterschiedlich. Grundsätzlich spielen hierbei folgende Einflussfaktoren eine wichtige Rolle:

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1. Projektion/Übertragung

Intensive Erlebnisse und Gefühle aus der Vergangenheit, etwa mit wichtigen Bezugspersonen aus unserem Leben, werden mittels Projektion auf andere übertragen. Vor allem in der Psychoanalyse stellt die Übertragung ein zentrales Element dar. Findet eine Übertragung statt, weil uns jemand an diese intensiven Gefühle erinnert, kann Zuneigung oder auch Abneigung entstehen.

2. Der berühmte erste Eindruck

Du drehst dich um und siehst, wie jemand laut durch die Straßen brüllt? Das kann zum Beispiel dazu führen, Antipathie zu entwickeln, wenn du lautes Brüllen mit etwas Negativem assoziierst. Auch lautes Lachen oder ein teilnahmsloser Gesichtsausdruck können beispielsweise etwas in uns auslösen und darüber entscheiden, wie unser erster Eindruck ausfällt.

3. Horn-Effekt

Dass attraktive Menschen oft einen Vorteil in der Berufswelt und auch im Privatleben haben, wird häufig vermutet und auch wissenschaftlich untersucht. Sie werden demnach als zuverlässiger und intelligenter eingestuft, obwohl keinerlei Argumente oder Beweise für diese Einschätzung vorliegen. Dies ist dem Halo-Effekt zuzuordnen. Reden wir von Antipathie, spielt aber eher der Horn-Effekt (Teufelshörner-Effekt) eine Rolle. Beim Horn-Effekt neigen wir zu einer negativen Beurteilung. Es handelt sich deshalb um einen ähnlichen Wahrnehmungsfehler, der dazu führen kann, eine Antipathie zu entwickeln, wenn bestimmte Merkmale einer Person (Aussehen, Kleidungsstil, Auftreten) den Eindruck dominieren und verzerren.

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Woran erkennt man Antipathie?

Sowohl wir selbst als auch andere zeigen oft eindeutige Anzeichen von Antipathie, wenn keine Sympathie vorhanden ist. Das ist auch in Ordnung: Wir müssen nicht jeden mögen – und nicht jeder muss uns mögen. Dennoch kann es helfen, etwa für eine bessere Kommunikation im Job, auf Anzeichen von Antipathie zu achten:

  • Ignoranz: Wir übergehen andere oder werden übergangen, was in vielen Fällen dafür spricht, dass Antipathie vorhanden ist.
  • Verschlossene Körpersprache: Können wir jemanden nicht leiden oder findet uns jemand unsympathisch, kann dies auch anhand der Körpersprache erkannt werden – etwa an verschränkten Armen, einer abgewandten Haltung oder einer kampfbereiten Körpersprache.
  • Skepsis: Bei Antipathie fällt Vertrauen schwer. Wer Skepsis zeigt, findet einen Kollegen möglicherweise nicht ganz so toll.
  • Verbale Herabwürdigung: Ein eindeutiges Anzeichen dafür, dass kaum Sympathie vorhanden ist, ist ein herabwürdigender Ton, der andere bloßstellt, ihre Leistung aberkennt oder sie auf andere Weise beleidigt.

Wie mit Antipathie umgehen?

Du stellst eine Antipathie Kollegen oder Führungskräften gegenüber fest und fragst dich, wie du dennoch professionell bleiben kannst? Hier komme unsere Tipps für dich:

1. Selektive Wahrnehmung vor Augen führen

Wir neigen dazu, spezielle Merkmale intensiv wahrzunehmen, während wir andere stärker ausblenden. Deshalb liegt es in erster Linie an uns selbst, uns darüber bewusst zu werden. Je besser wir Basisemotionen wahrnehmen können, wenn wir jemandem begegnen, hierzu gehören etwa Angst, Wut und Ekel, desto eher gelingt uns der Umgang mit unsympathischen Menschen. Denn diese sind nicht verantwortlich für deine Gefühle, doch bewusst sind wir uns darüber häufig nicht.

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Deshalb kann es helfen, auch die Aspekte, die wir ausblenden, einzubeziehen und zu überprüfen, ob und warum wir Kollegen oder Chefs möglicherweise nicht ganz so spitzenmäßig finden. Das ist eine Möglichkeit, um Gefühle (aus der Vergangenheit) zu spüren und dennoch professionell zu bleiben, ohne dich zu stark getriggert zu fühlen.

2. Kommunizieren

Empfinden wir Antipathie, tendieren wir auch dazu, uns nicht ganz so viel Mühe mit der Kommunikation zu geben. So kommt es häufiger zu Missverständnissen. Auch aus Trotz, wenn wir jemanden einfach nicht ausstehen können, lassen wir Dinge bewusst schleifen – etwa gemeinsame Projekte. Kommt es deshalb zum Streit, fühlen wir uns in unserem Gefühl bestätigt, dass es sich um eine wirklich unsympathische Person handelt.

Was wir verdrängen: Im Grunde können wir besser kommunizieren, geben uns jedoch vergleichsweise wenig Mühe. Dennoch ist es wichtig, sich zumindest auf professioneller Ebene auf unser Gegenüber einzulassen und als Team zu funktionieren, auch wenn sich privat keine Freundschaft ergibt.

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Übrigens: Unausgesprochenes führt häufig dazu, dass die Antipathie wächst. Findet keine Kommunikation statt, bleibt mehr Raum für Spekulation, was auch das Arbeitsklima verpesten kann. Umso wichtiger ist es, sich zu trauen, etwas zu sagen, Probleme anzusprechen oder etwas unverbindlichen Smalltalk zu führen, um die Situation aufzulockern.

3. Positive Eigenschaften bewusst machen

Der wohl schwerste Schritt: Führe dir vor Augen, was du an deinem Gegenüber bewunderst und worum du die Person, die du nicht ausstehen kannst, vielleicht sogar beneidest. Neid ist stets eine heimliche Bewunderung. Konzentrieren wir uns auf die positiven Eigenschaften von Kollegen oder Vorgesetzten, können wir unsere Antipathie vielleicht sogar beiseiteschieben – zumindest für die Zeit der Zusammenarbeit.

Was macht mich selbst unsympathisch?

Unhöflich sein, jemanden übergehen, laut lachen, immer nur schweigen und keine Meinung haben: Ob du mit diesen Dingen sympathisch oder unsympathisch wirkst, hängt nicht nur von dir, sondern auch von deinem Gegenüber ab. Bei Antipathie handelt es sich stets um eine subjektive Empfindung. Ein spezifisches Merkmal kann den einen triggern und den anderen mit Freude erfüllen.

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Deshalb existieren keine festgelegten Regeln, die bestimmen, was Sympathie auslöst und was nicht, wohl aber gibt es Forschungen, die zeigen, was uns tendenziell sympathisch erscheinen lässt. Dazu gehört beispielsweise der sogenannte Pratfall-Effekt: Wer Fehler macht und zu kleinen Missgeschicken neigt, wirkt demnach durchaus sympathisch. Perfektionistische Ansprüche können wir deshalb getrost ablegen.

Auch wenn es etwas schmerzt: Am Ende des Tages können wir Antipathie, die andere uns gegenüber empfinden, nicht immer verhindern. Denn auch wir selbst empfinden manchmal eine Aversion oder einen Widerwillen anderen gegenüber.

Bild: Melpomenem/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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