Neue Branche, neue Tätigkeit: Ein Berufswechsel wiegt häufig schwerer als ein Jobwechsel. So gelingt dir die Entscheidungsfindung.

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Ausbildung, Studium, Berufseinstieg, Beförderung – es ist häufig ein langer Weg, den wir gehen, um uns eine Karriere in unserem Traumberuf aufzubauen. Umso komplizierter wird es, wenn wir nach einigen Monaten oder gar nach vielen Jahren der Arbeit feststellen: Der Beruf passt nicht (mehr) zu mir.

Aber Achtung: Wer in einem emotionalen Moment seine Stelle unüberlegt hinschmeißt, könnte sich hinterher darüber ärgern. Ob du einen Berufswechsel benötigst oder ob es vielleicht auch ein Jobwechsel tut, erfährst du, wenn du dir die richtigen Fragen stellst – und diese ehrlich und selbstkritisch beantwortest.

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Berufswechsel vs. Jobwechsel: Diese Fragen solltest du dir stellen

1. Was würdest du tun, wenn Geld keine Rolle spielen würde?

Das Gehalt zählt nach wie vor für viele Berufstätige zu den wichtigsten Kriterien für die Berufswahl, doch es findet auch ein Mentalitätswandel statt: Selbstverwirklichung rückt stärker in den Fokus. Denn Geld allein genügt nicht, um Arbeitszufriedenheit zu verspüren.

Deshalb: Was wäre, wenn du dir um Geld keine Sorgen machen müsstest? Wäre dein aktueller Job der richtige für dich – oder könntest du dir stattdessen vorstellen, in einem gänzlich anderen Beruf tätig zu werden?

Wer spürt, dass die Sehnsucht nach einem Berufswechsel überwiegt, wenn der finanzielle Aspekt in den Hintergrund rückt, könnte tatsächlich über diesen Schritt nachdenken. Attraktiv erscheint die Möglichkeit aber häufig nur, wenn die Gehaltshöhe, falls das Geld doch eine Rolle spielt, sich nicht groß verändert. Falls im potenziellen neuen Beruf nicht so viel dabei herausspringt, wäre zu überlegen, ob der Verzicht auf den gewohnten Verdienst überhaupt mit der eigenen Realität (finanzielle Verpflichtungen, Lebenshaltungskosten) vereinbar wäre und inwiefern ein Berufswechsel sich dann lohnt.

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2. Liegt es am Beruf, am Job oder an dir?

Berufliche Unzufriedenheit kann verschiedene Ursachen haben. Mehrarbeit und Stress, fehlende Wertschätzung, miese Bezahlung, toxisches Arbeitsklima – und so weiter. Die schmerzhafte Erkenntnis, dass wir aber manchmal selbst nicht in der Lage sind, Grenzen zu setzen, wenn alles zu viel wird, wollen wir uns nicht immer eingestehen. Würden wir es tun, wüssten wir: Es liegt nicht zwangsläufig am Job und auch nicht an der Berufswahl.

Unabhängig davon, welchen Karriereweg wir wählen: Wer nicht nein sagen kann, wird das Problem zu seinem eigenen Schatten machen. Es wird uns immer begleiten, bis wir lernen, es anders zu machen. Beruflicher Stress oder negative Gedanken, die mit dem Job einhergehen, können deshalb auf ein persönliches Problem hinweisen und lösen sich nicht unbedingt auf, wenn wir die Stelle oder gar den Beruf wechseln.

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Wer hingegen nicht zu Perfektionismus neigt und auch keine überhöhten Ansprüche an sich selbst stellt, sondern in der Lage ist, für sich einzustehen, hadert vielleicht tatsächlich mit der Berufswahl – und nicht mit sich selbst.

3. Was würdest du anders machen, wenn du es könntest?

Nicht alles, was in unserem Job geschieht, können wir kontrollieren. Dann gibt es aber die Bereiche, die durchaus unserer Kontrolle unterliegen. Wer sich darüber bewusst wird, fühlt sich im aktuellen Job nicht ganz so hilflos.

Ob eigenständig und flexibel über die Arbeitszeiten entscheiden oder den Plan für die zu erledigenden Aufgaben selbst strukturieren – wer hier Entscheidungsfreiheit genießt, diese aber nicht nutzt, ist durchaus in der Lage, selbst etwas zu verändern. Nicht immer ist in solchen Fällen eine komplette berufliche Neuorientierung notwendig.

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Deshalb – Hand aufs Herz: Was würdest du anders machen, wenn du es könntest – und was davon ist tatsächlich realisierbar?

4. Abbruch, Ausbildung, Umschulung: Kannst du dir vorstellen, zum Startpunkt zurückzukehren?

Eine komplette berufliche Umorientierung muss nicht, kann aber bedeuten, ganz von vorne beginnen zu müssen – oder sich zumindest darüber im Klaren zu sein, dass wir (auch finanziell) einige Schritte rückwärts gehen müssen, um voranzukommen.

Manchmal kann der berufliche Neustart, beispielsweise in eine Selbstständigkeit, auch bedeuten: Du musst Sicherheiten aufgeben und Risiken eingehen. So sehr uns der Wunsch nach einem anderen Beruf auch reizt, diese Aspekte sollten nicht unterschätzt werden. Solltest du unzufrieden mit deiner Berufswahl sein und dein Wunsch, dich neu zu erfinden – statt Sicherheit zu haben – überwiegen, kann sich das Risiko lohnen und sogar notwendig sein, um endlich aus der Spirale der Unzufriedenheit auszubrechen.

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5. Bloß schnell weg aus dem jetzigen Job – oder echte Begeisterung für einen anderen Beruf?

Es ist ein Unterschied, ob wir unsere derzeitige Tätigkeit aufgrund von Unzufriedenheit aufgeben möchten oder ob wir etwas gefunden haben, was uns im Kern noch mehr begeistert als das, was wir gerade tun. Beides kann eng zusammenhängen.

Dennoch ist es wichtig, nicht einfach nur zu flüchten, um flüchten zu können. Unzufriedenheit mit unserer jetzigen Tätigkeit kann auch eine Chance sein, intern andere Aufgabenbereiche zu übernehmen oder mit dem Arbeitgeber zu besprechen, welche Verantwortlichkeiten möglich sind. Die Begeisterung für einen anderen Beruf hingegen könnte auch ein Zeichen dafür sein, dass wir unsere jetzige Kerntätigkeit gegen etwas völlig Neues eintauschen möchten und uns vorstellen können, die Branche komplett zu wechseln.

6. Stimmt das (kollegiale) Umfeld?

Ein Job kann uns echten Mehrwert bieten, wenn wir uns mit den Menschen um uns herum wohlfühlen. Stimmt das kollegiale Umfeld nicht oder hapert es an der Beziehung zum Chef, könnte dies ein Zeichen dafür sein, dass du im Grunde das Unternehmen wechseln möchtest, nicht aber deinen Beruf. Ein Jobwechsel kann sich jetzt, wenn er gut überlegt ist, tatsächlich lohnen, wenn du deine Tätigkeit zu schätzen weißt und deinen Beruf gerne ausübst, dir aber ein besseres Arbeitsklima wünschst.

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7. Kannst du dir eine Beförderung grundsätzlich vorstellen?

Falls du die Frage mit einem eindeutigen „Nein“ beantwortest, dürfte klar sein, dass du dir derzeit beruflich – zumindest da, wo du gerade steht – keine Weiterentwicklung vorstellen kannst, weil du möglicherweise im falschen Beruf feststeckst. Wer seine Tätigkeit liebt, ist häufig nicht abgeneigt, noch mehr Verantwortung zu übernehmen und sich damit auch den Wunsch von einer besseren Position im Unternehmen zu erfüllen.

Übrigens: Das gedankliche Ablehnen einer Beförderung muss aber nicht bedeuten, dass wir unseren Beruf verabscheuen. Möglicherweise ist mehr Verantwortung einfach nur nicht mit unserer Vorstellung von einer gesunden Work-Life-Balance kompatibel. Und das ist legitim.

8. Stimmen die Rahmenbedingungen (noch) mit deinen Bedürfnissen überein?

Ob mehr Zeit für die Familie oder ein Teilzeitmodell – auch wenn wir unseren Job im Kern mögen, muss dies nicht bedeuten, dass alle Rahmenbedingungen passen. Trotz unserer Hingabe kann es sein, dass wir lieber etwas kürzertreten würden. Oder wir wünschen uns zum Beispiel eine Vollzeitstelle, aber unser Arbeitgeber kann uns hier gerade nicht entgegenkommen.

Ein Jobwechsel kann jetzt hilfreich sein; ein Berufswechsel nicht unbedingt. Wenn es lediglich um die Rahmenbedingungen, nicht aber um den Kern der Tätigkeit geht, ist es wichtig, eine gemeinsame Lösung mit dem derzeitigen Arbeitgeber zu erarbeiten oder sich zum Beispiel aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis heraus bei einem anderen Unternehmen zu bewerben, welches dir für die gleiche Tätigkeit attraktivere Konditionen anbieten kann.

Bild: Delmaine Donson/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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