Ein maskenhaftes Lächeln im Bewerbungsgespräch kann dein Aus bedeuten. Eine US-Studie überrascht mit diesem Ergebnis.

Bitte lächeln – aber nicht immer

Ein Lächeln kann das Eis brechen, die Nervosität nehmen und für eine angenehme Atmosphäre sorgen. In Bewerbungsgesprächen sollten wir uns laut einer US-amerikanischen Forschungsstudie hingegen gut überlegen, ob wir diesen eigentlich freundlichen Gesichtsaufdruck aufsetzen möchten.

Die Erkenntnis widerspricht den gängigen Normen unserer Gesellschaft, denn ein Lächeln wird in der Regel positiv gewertet und sorgt für Sympathiepunkte. Das Forscherteam konnte in einer Metaanalyse mit über 60 Studien untersuchen und zeigen, welchen Einfluss unser Auftreten, zu denen auch die Mimik zählt, auf unsere Jobchancen hat. Die Studien, die untersucht worden sind, stammen aus über 70 Jahren Forschung.

Das Ergebnis der Studie: Wer lächelt, hat automatisch weniger Chancen, eine Zusage zu bekommen.

Negatives nonverbales Signal: Kann Lächeln Unsicherheit bedeuten?

Die Studie zeigt außerdem, dass andere Faktoren, etwa ein seriöses Auftreten, wichtiger als ein freundliches Dauergrinsen im Gesicht sind, um im Bewerbungsgespräch Erfolg zu haben.

Dass Menschen versuchen, Gefühle durch bestimmte Verhaltenstaktiken – fast schon automatisch – zu verbergen, ist nicht ungewöhnlich. Grundsätzlich kann Lächeln ein Hinweis für Unsicherheit sein. Wer sich der Aufgabe nicht gewappnet fühlt, nervös wird und Selbstzweifel hat, wird dies im Jobinterview mit einem Lächeln vielleicht überspielen wollen.

Schon gewusst?

Aus evolutionärer Sicht lächeln Menschen schon von Geburt an, was wir bei Neugeborenen ebenfalls beobachten können. Dass dies aber nicht unbedingt ein Signal ist, welches Glück oder Zufriedenheit signalisiert, konnte ebenfalls erforscht werden. Tatsächlich handelt es sich beim berühmten „Engelslächeln“, welches die kleinen Wesen zeigen, um ein Reflexlächeln, das auf eine Muskelanspannung zurückzuführen ist. Erst nach etwa zwei Monaten können Babys ihren Bezugspersonen bewusst zulächeln.

Weitere Studie zeigt: Die Kultur prägt unser Urteil über das Lächeln einer Person

Die Studienautoren geben einen weiteren Hinweis: Es soll kulturelle Unterschiede geben, sodass die Kultur der jeweiligen Interviewer auch eine Rolle spielt. Während ein Lächeln in einigen Kulturen Höflichkeit ausdrückt, steht es in anderen für wenig Intelligenz.

Eine bereits im Jahre 2015 veröffentlichte Studie des Psychologen Kuba Krys warnt sogar explizit im Titel: Man solle „vorsichtig sein“, wenn man lächelt, weil kulturelle Prägungen dazu führen, über die Ehrlichkeit als auch über die Intelligenz von Menschen zu urteilen.

Für Deutschland allerdings gelte, dass ein fehlendes Lächeln gar auf einen arroganten Charakter hindeute, während Menschen, die in Russland lebten und einen intelligenten Eindruck hinterlassen wollten, explizit nicht lächelten, so der polnische Forscher.

Beziehen wir uns auf die Ergebnisse für Deutschland, sollten deshalb durchaus differenzierte Schlüsse für eine Handlungsempfehlung für Bewerber gezogen werden. Während die US-amerikanische Studie eher darauf hinweist, nicht zu lächeln, könnten die Untersuchungen von Krys Anlass zum Lächeln geben, um keinen arroganten Eindruck zu hinterlassen.

So oder so: Eine gute Balance ist wichtig und kann, wie bei vielen anderen Sachen auch, der Königsweg sein.

Bewerbungsgespräch: Wann und wie oft ist ein Lächeln angebracht?

Es gibt kein Universalrezept für ein perfektes Auftreten, weil Bewerber, Interviewer und Unternehmen sich unterscheiden, verschiedene Backrounds haben und Höflichkeiten sowie Mimik und Gestik individuell interpretiert werden.

Wer nicht unsicher wirken möchte, sollte deshalb vor allem natürlich auftreten und nicht krampfhaft versuchen, Gefühle zu überspielen. So kann ein Lächeln zur Begrüßung durchaus hilfreich sein und es entspricht häufig unserem natürlichen Auftreten, vor allem bei gegenseitiger Sympathie. Auch zum Abschied schadet ein Lächeln nicht. Was hingegen schaden kann, ist ein unnatürlich wirkendes und fast maskenhaftes Grinsen im Gesicht, welches wir das ganze Gespräch über aufrechterhalten.

Was kann ein Lächeln außerdem signalisieren?

Ein dauerhaftes Lächeln im Gesicht kann manchmal nicht nur unsicher wirken, sondern auch ein Hinweis darauf sein, dass wir nicht ganz ehrlich sind und versuchen, etwas – abgesehen von unserer Unsicherheit – zu verbergen. Für unseren Gesprächspartner kann dies ein Hindernis sein, um Vertrauen aufzubauen, weil diesem folgende Gedanken durch den Kopf schießen:

  • „Warum hört er/sie nicht auf, mich permanent anzugrinsen?“
  • „Ich kann sie/ihn nicht einschätzen.“
  • „Das Lächeln wirkt künstlich, was bei Kunden bestimmt nicht gut ankommt.“

Traurige Erkenntnis: Laut Studie wirken sich Äußerlichkeiten negativ auf die Entscheidung aus

Die Diskriminierung von Menschen mit etwas mehr Körpergewicht ist keine Seltenheit in der Arbeitswelt. Noch schlechter als die Bewerber, die ein Dauerlächeln im Gesicht haben, schneiden deshalb Kandidaten mit Übergewicht ab. Darauf deuten zumindest die Studienergebnisse hin. Auch Jobkandidaten mit Narben haben demnach übrigens schlechtere Karten.

Welche Faktoren sind beim Bewerbungsgespräch wichtiger als die Mimik?

Die Studienautoren der ersten Studie geben einige Hinweise darüber, was in Jobinterviews viel wichtiger als das mimische Auftreten samt Lächeln sein kann. Wenn du sichergehen möchtest, dass deine Erfolgschance steigen statt sinken, kannst du dich deshalb an folgenden Tipps orientieren:

1. Wenn du lächelst, dann nicht, weil du es musst

Feinfühlige, empathische Menschen und die, die generell eine gute Menschenkenntnis haben, werden ein erzwungenes Lächeln schnell enttarnen können. Auch wir selbst sind häufig in der Lage zu beurteilen, wann unser Gegenüber aufrichtig lächelt – und wann es möglicherweise gespielt ist.

Setze deshalb immer auf ein natürliches Lächeln. Wenn dir wegen einer unangenehmen Situation im Gespräch nicht nach einem Lächeln zumute ist, solltest du dich dazu nicht zwingen. Denn wir selbst setzen uns häufig unter Druck, während unser Gesprächspartner mit ganz anderen Dingen beschäftigt ist.

Ein dezentes Lächeln ist übrigens nicht übertrieben, einer versteinerten Miene vorzuziehen und reicht vollkommen aus, um Höflichkeit und Interesse zu signalisieren.

2. Versuche es mit zustimmender Gestik

Stimmst du deinem Gesprächspartner zu, soll ein zustimmendes Kopfnicken am ehesten helfen, um einen guten Eindruck zu hinterlassen. Jubelstürme oder übertriebene Zugeständnisse können hingegen unterwürfig wirken. Auch hier ist deshalb Natürlichkeit und ein professionelles Auftreten gefragt.

3. Halte aufrichtigen Blickkontakt

Blickkontakt sollte selbstverständlich sein, doch vor lauter Nervosität schauen wir vielleicht verlegen auf unsere Unterlagen oder Hände. Versuche deshalb, dich auch in herausfordernden Situationen am Blick deines Gesprächspartners zu orientieren und Blickkontakt zu halten.

Vorsicht: Nur starren solltest du vermeiden, weil ein solch intensiver Blickkontakt schnell gruselig wirken kann. Blickkontakt bedeutet nicht, deinen Gesprächspartner nonverbal in die Enge zu treiben.

4. Oberste Priorität hat ein seriöses Auftreten

Händedruck, saubere Kleidung, pünktlich erscheinen: Das allerwichtigste sei laut Studienautoren vor allem ein professioneller Eindruck, den wir beim Gesprächspartner hinterlassen können, um unsere Jobchancen zu erhöhen. Dies kann auch mal ein nervöses Lächeln oder eine Situation, in denen uns die Gesichtszüge entgleisen, wettmachen.

Zusatztipp: Deine Stimme

Eine unnatürlich quietschig-piepsige Stimmlage kann unsere Situation verschlimmern, wenn wir uns vor einem Gespräch ohnehin schon nervös fühlen und unsere Stimme sich dann noch verändert. Um unnatürliche Mimik und Gestik zu unterbinden, die Stimme unter Kontrolle zu bekommen und einen seriösen Eindruck zu hinterlassen, hilft es, tief durchzuatmen, zur Ruhe zu kommen und dir selbst den Druck zu nehmen. Denn im schlimmsten Fall wirst du eine Erfahrung sammeln und im Falle einer Jobabsage woanders dein Glück probieren dürfen. Je häufiger du deinen Auftritt in echten Jobinterviews üben darfst, desto gelassener wirst du mit der Zeit werden.

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