Zertifizierte „Assholes“, so beschreibt Stanford-Professor Robert I. Sutton Mobber, Tyrannen sowie Egomanen. Bekannte Unternehmen, etwa Netflix, nutzen die „No Asshole Rule“, die fiese Mitarbeiter und Verhaltensweisen nicht toleriert.

Anzeige

Ein obszöner Buchtitel erregte vor einigen Jahren viel Aufmerksamkeit, weil dieser unerwarteterweise aus der Feder eines renommierten Stanford-Professors stammt: „The No Asshole Rule“ von Robert I. Sutton; ein Werk, welches den aktuellen Zeitgeist nicht besser treffen könnte. Auch an zivilisierten Arbeitsplätzen treffen wir dann und wann auf fiese Chefs und Kollegen, die einem den Job zur Hölle machen, Erfolge missgünstig beäugen oder jede Gelegenheit zu ihrem Vorteil nutzen, auch wenn andere Schaden nehmen – und davon handelt der Inhalt; von fiesen, unfairen, intriganten, tyrannischen Mitarbeitern.

Auch wenn es wünschenswert wäre, solche Personen erst gar nicht einzustellen: Sie sind überall zu finden. Denn oft gelingt ihnen eine geschickte Tarnung. Während sie sich einzelnen Mitarbeitern gegenüber hinterlistig verhalten, nehmen sie Vorgesetzte oder Kunden mit ihrer vermeintlich charmanten Art ein. Ein höchst infernalisches Spiel, welches Opfer besonders hilflos macht. Denn nicht an den Despoten wird gezweifelt, sondern an der Glaubwürdigkeit der Unschuldigen.

Sutton: Fiese „Assholes“ kosten Unternehmen Geld

Das Wirtschaftsmagazin Businessweek betitelt Sutton als einen der „10 einflussreichsten US-Akademiker“, die auch für starke Impulse außerhalb der Unis sorgen. Große Unternehmen, unter anderem die Royal Bank of Canada oder Netflix und Air New Zealand, sollen zu den Betrieben gehören, die eine No-Asshole-Policy eingeführt haben. In seinem Buch erklärt der US-amerikanische Professor von der Eliteuniversität Stanford, dass fiese, intrigante, destruktive Mitarbeiter nicht nur die Stimmung in Unternehmen trüben, sondern auch, dass sie ein wirtschaftlicher Nachteil sind: Sie kosten Geld.

Präziser wird der Autor mit der „TAC“: total asshole costs. Allein in den USA sollen eben jene Mitarbeiter 24 Milliarden Dollar jährlich kosten. Wie aber kommt der Forscher auf diese Zahl? Im Einzelnen soll sich die hohe Schadensbilanz laut Sutton aus folgenden Punkten zusammensetzen:

Anzeige
  • Leistungsbereitschaft und Produktivität von Mitarbeiten leiden nachweisbar unter den Machenschaften fieser Kollegen.
  • Erkrankte Mitarbeiter, die psychische Belastungen erleben und Erniedrigung/Mobbing erleiden, kosten Geld.
  • Unternehmen müssen für höhere Gesundheitskosten aufkommen.

Das bedeutet: Ob kranke Mitarbeiter, Klagen oder Personal, welches den Arbeitsplatz wechselt, betroffene Unternehmen erleiden einen erheblichen Schaden und das in vielerlei Hinsicht. Sie müssen diesen finanziell regulieren und auch die Arbeitgebermarke ist betroffen.

„Dirty Dozen“: 12 Alltagshandlungen, an denen man „Assholes“ erkennt

Sutton macht einen Unterschied zwischen vorübergehenden und „zertifizierten“ Rüpeln, Despoten und Intriganten. Letztere seien die echte Gefahr, weil sie nicht einfach nur einen schlechten Tag haben. Denn an solchen Tagen sind auch „normale“ Menschen, und das kann jeder von uns sein, launisch, missgünstig oder unfair. Zertifiziert seien aber nur diejenigen, die einen solchen Charakter besäßen, der für ihre fiesen Taten sorgt – nicht einfach aus einer Laune heraus.

Sutton erklärt anhand von 12 Alltagshandlungen, wie wir diese Art von Menschen erkennen:

  1. Sie beschämen andere Menschen regelmäßig in der Öffentlichkeit.
  2. Sie sind körperlich übergriffig (Körperkontakt ohne Zustimmung).
  3. Sie beleidigen dich persönlich.
  4. Sie verschicken vernichtende E-Mails.
  5. Sie wahren deine Grenzen nicht und dringen in dein Territorium ein.
  6. Sie behandeln andere, als würden sie nicht existieren.
  7. Sie haben zwei Gesichter und greifen aus dem Hinterhalt an.
  8. Sie demütigen und erniedrigen andere.
  9. Sie unterbrechen dich regelmäßig und grob.
  10. Sie kommunizieren nonverbal mit fiesen Blicken (Missbilligung; Feindseligkeit).
  11. Sie haben ein Beleidigungssystem, das aus Hänseleien und Sarkasmus besteht.
  12. Sie drohen dir und schüchtern dich ein.

No Asshole Rule anwenden: So gelingt der Umgang mit fiesen Menschen

Die No Asshole Rule nach Sutton besagt, wie der Titel vielleicht schon andeutet, dass für besagte Personen kein Platz im Unternehmen ist. Dies gilt nicht nur für Führungskräfte und Mitarbeiter, sondern beispielsweise auch für Kunden. Unabhängig davon, wie qualifiziert jemand ist: Wer andere tyrannisiert, verbal misshandelt oder auf übelste Weise ausnutzt, sollte nicht zum Team gehören. Das ist aber die Idealvorstellung, die im echten Leben bedingt umsetzbar ist.

Wie also kann es gelingen, einen zivilisierten Arbeitsplatz nicht zu vergiften – oder zumindest so gesund und friedlich wie möglich zu halten? Wichtig ist nicht nur, entsprechende Verhaltensweisen zu enttarnen, sondern einen Umgang mit Menschen zu finden, die destruktiv, aber zwangsläufig auch Teil des Teams sind. Folgende Punkte empfehlen sich:

Anzeige

#1: Emotionale Distanz wahren

Ob Kunden oder Kollegen: Wer mit fiesen Menschen einen Umgang finden will, sollte ihnen nicht zu viel Raum für Provokation bieten. Denn sie werden jede Gelegenheit nutzen, um zu provozieren. Auf höhnische oder gehässige Nachrichten sollte beispielsweise nicht beleidigt geantwortet werden. Wichtig ist, Neutralität und eine emotionale Distanz zu wahren – auch wenn es nicht einfach ist.

Führungskräfte fungieren übrigens als Vorbild: Wenn sie es schaffen, professionell zu reagieren, zeigen sie ihren Mitarbeitern, wie es richtig gemacht wird. Handeln sie hingegen impulsiv, werden Angestellte die Verhaltensweise möglicherweise ebenfalls übernehmen, sodass sie ungewollt Teil der Unternehmenskultur wird.

#2: Sich mit anderen solidarisieren

Fiese Führungskräfte gehören zu der besonders schwierigen Spezies für Mitarbeiter. Geht es tatsächlich um ein Problem, welches durch Hierarchie erschwert wird, sollten Betroffene sich Unterstützung bei Kollegen und Gleichrangigen suchen. Als Team kann mehr Einfluss genommen werden.

#3: Auch körperliche Distanz kann helfen

Ein Büroplatz, welcher etwas weiter weg von tyrannischen Kollegen ist, kann wahre Wunder bewirken. Je weniger Distanz, desto eher „atmen“ wir auch mehr von der toxischen Luft ein, die fiese Mitarbeiter, Chefs und Kollegen verströmen. Denn oft verbringen sie viel Zeit damit, Intrigen zu schmieden, zu lästern oder andere zu analysieren. Wer das vermeiden will, sollte sich distanzieren und den Kontakt auf ein professionelles Minimum reduzieren.

Anzeige

#4: Keine Rache ausüben

Wer ausgenutzt, belogen oder betrogen worden ist, hegt natürlicherweise Rachefantasien. Im Kopf malen wir uns schon die wildesten Pläne aus, um es jemandem heimzuzahlen. Die Wahrheit aber ist, dass wir damit unseren eigenen Fokus verrücken und unsere Energie auf etwas verschwenden. Von Rache sollten Betroffene deshalb absehen. Es ist schwer zu verkraften – aber oft handelt es sich bei der Umsetzung von Racheplänen nur um eine kurzweilige Befriedigung.

#5: Humor hilft

Auch wenn die Situation zum Heulen ist: Es ist viel schöner, ein fieses, intrigantes Verhalten zu belächeln und über Tyrannen und Egozentriker lachen zu können. Im Grunde sollten wir das Verhalten solcher Menschen deshalb einmal aus der Ferne betrachten: Wie verzweifelt und absurd ist es eigentlich, andere zu erniedrigen, um sich selbst besser zu fühlen? Eine Prise Humor kann in schwierigen Situationen helfen, um einen besseren Umgang mit toxischen Personen zu finden.

Fazit

Fiese Mitarbeiter und Chefs sind Teil jedes Unternehmens. Sie mobben, erniedrigen, lügen und betrügen. Und wir können sie nicht einfach eliminieren. Aufgabe von Arbeitgebern ist es deshalb, zu sensibilisieren und solche Verhaltensweisen nicht zu dulden. Laufen wir ihnen doch über den Weg, ist eine professionelle und emotionale Distanz wichtig, um ihnen wenig Raum für giftige Verhaltensweisen zu bieten. Wir müssen sie nicht tolerieren. Schließlich ist das Leben, so Sutton, zu kurz, um sich mit Assholes abzufinden.

Anzeige

Bildnachweis: gremlin/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

Mach mit und diskutiere mit uns in unserer Skool Community!

Egal, ob du Fragen hast, Antworten suchst oder einfach nur deine Erfahrungen zu diesem oder anderen Themen teilen möchtest, du bist herzlich willkommen. Diskutiere mit, erweitere dein Wissen und werde Teil einer inspirierenden Gemeinschaft. Zur Arbeits-ABC Community