Worte haben eine nicht zu unterschätzende Kraft. Ob im Beruf oder privat: Auf eine wertschätzende Kommunikation kommt es an.

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Inhalt
1. Wieso ist wertschätzende Kommunikation so bedeutsam?
2. „Immer kommst du zu spät!“
3. Wie kommuniziere ich wertschätzend und gewaltfrei?
4. Wie kommuniziert man am besten mit Kindern?
5. Beispiele: So formulierst du dein Anliegen mit Wertschätzung

Wieso ist wertschätzende Kommunikation so bedeutsam?

Wertschätzende Kommunikation sei eine Sprache der Verbindung, so Kommunikationstrainerin Beate Brüggemeier, die auch Gründungsmitglied des Fachverbands für „Gewaltfreie Kommunikation“ ist. Sie findet: Unsere Sprache spiegle, dass wir dazu tendierten, anderen gegenüber Kritik auszuüben – anstatt wertungsfrei über unsere Bedürfnisse zu sprechen.

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Ob im Business oder im Alltag, als Führungskraft, Mitarbeiter, Freund oder Partner: Fühlen wir uns mit unseren Bedürfnissen ungesehen, verwenden wir häufig Vorwürfe, um unserem Ärger Ausdruck zu verleihen. Anstatt unsere Bedürfnisse aus der Ich-Perspektive zu kommunizieren, versuchen wir, anderen Schuldgefühle zuzureden. Wut hat ihre Berechtigung und in verletzenden Situationen ist sie ein wichtiger Antriebsmotor für Veränderung. Aber manchmal ist sie destruktiv, wenn sie lediglich in einer Vorwurfshaltung endet.

Deshalb ist wertschätzende Kommunikation gleich aus mehreren Gründen wichtig:

  • Beziehungen pflegen – statt zerstören: Eine wertschätzende Kommunikation trägt dazu bei, Verbindungen, die uns wichtig sind, zu vertiefen.
  • Verantwortung übernehmen: Destruktive Vorwürfe helfen keiner Seite weiter. Wenn wir unsere Bedürfnisse wertschätzend und offen mitteilen, übernehmen wir Verantwortung für unsere Gefühlswelt.
  • Besseres Konfliktmanagement: Vor allem in Streitsituationen ist es wichtig, Wege zu finden, um den eigenen Gefühlen Raum zu geben und gleichzeitig darauf zu achten, unseren Streitpartner nicht herabzuwürdigen, um uns besser zu fühlen.

„Immer kommst du zu spät!“

Ein gängiges Beispiel für eine Kommunikationsart, die nicht wertschätzend ist, sind pauschalisierende Worte, die wir im Alltag verwenden, um einen Vorwurf zu formulieren. Zum Beispiel:

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  • „Immer muss ich auf dich warten!“
  • „Schon wieder hast du die Spülmaschine nicht ausgeräumt.“
  • „Wie immer muss ich deinetwegen den Kopf beim Chef hinhalten.“
  • „Wieso räumst du nie dein Zimmer auf?“

Was auffällt: In vielen Situationen verdrängen wir, unsere Aussagen selbst zu reflektieren. Aus einem „manchmal“ wird schnell ein „immer“. Das führt nicht nur zu Streit, sondern auch dazu, dass wir uns unfair verhalten.

Wie kommuniziere ich wertschätzend und gewaltfrei?

Vorwürfe und Schuldzuweisungen sind oft impulsive Reaktionen. Wir bedienen uns daran, weil es einfach ist, wir einem Affekt folgen und die Reaktion auch auf unseren gängigen Verhaltensmustern beruht. Eine wertschätzende Kommunikation hingegen ist oft mit mehr Anstrengung verbunden. Sie setzt Selbstreflexion voraus. Wie also kann es gelingen, das zu meistern? Wichtig sind folgende Schritte:

Schritt 1: Beobachte die Situation wertungsfrei

„Ungerecht“, „schlimm“ oder „frech“: Wir neigen dazu, Situationen direkt subjektiv zu bewerten. Deshalb ist es wichtig, eine etwas distanzierte Haltung einzunehmen, um objektiv und wertungsfrei zu bleiben. Das ist nicht einfach – aber der allererste Schritt in Richtung wertschätzende Kommunikation.

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Schritt 2: Nimm wahr, was du fühlst

Im nächsten Schritt gilt es, in sich hineinzuhorchen. Was empfindest du?

  • Wut
  • Scham
  • Traurigkeit
  • Angst
  • Besorgnis
  • Schuld
  • Überraschung
  • Ekel

Wichtig: Es gibt entscheidende Unterschiede zwischen Emotionen und Gefühlen. Um wertschätzend zu kommunizieren, ist es wichtig, sie zu kennen. Emotionen sitzen in unserem limbischen System und sie sind angeboren. Aus evolutionärer Sicht dienen sie als eine Art Alarmsystem, um zu überleben. Deshalb sind sie besonders intensiv und führen dazu, schnell zu handeln. Du kennst sie auch als „Affekt“ oder „Gefühlsregung“.

Gefühle hingegen entspringen unserem Frontallappen im Gehirn. Sie basieren auf Emotionen, entwickeln sich langsamer und erfordern ein abstrakteres Denken. Außerdem entstehen sie erst, wenn wir unsere Emotionen einordnen können. Die Gefühlsentstehung setzt also einen längeren Prozess voraus. Wenn du eine Art seltsame Aufregung verspürst (Emotion), könnte es sich beispielsweise um Wut handeln (Gefühlsbeschreibung).

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Schritt 3: Realisiere deine eigenen Bedürfnisse

Wenn du weißt, was du fühlst, ist es einfacher, deine Bedürfnisse zu erkennen, die sich oft hinter affektiven, impulsiven Reaktionen verbergen. Deshalb ist es wichtig, diese im nächsten Schritt zu realisieren. Was wünschst du dir? Worum möchtest du deinen Partner, Kollegen oder Chef beispielsweise bitten?

Schritt 4: Formuliere deinen Wunsch oder deine Bitte

Bleibe bei dir, um ein Bedürfnis wertschätzend zu äußern. Das bedeutet: Bevorzuge die „Ich-Formulierung“, um deinem Gegenüber mitzuteilen, was du empfindest, was dir fehlt und was du dir wünschst – anstatt Schuldzuweisungen und Vorwürfe zu äußern. So übernimmst du Verantwortung für deine eigenen Bedürfnisse und Gefühle und versuchst nicht, das Verhalten eines anderen Menschen zu verbessern, zu kontrollieren oder zu revidieren. Denn dies liegt nicht in unserem Kontrollbereich und fühlt sich außerdem oft vernichtend an.

Wie kommuniziert man am besten mit Kindern?

Eine wertschätzende Haltung Kindern gegenüber ist wichtig für die Entwicklung des Nachwuchses und zeigt ihnen, wie sie selbst mit Konfliktsituationen umgehen und lernen, ihre Bedürfnisse zu formulieren. In vielen Fällen arbeiten Erwachsene jedoch mit Bestrafung, was sich kontraproduktiv auswirkt, Ängste auslöst und Unsicherheiten fördert.

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Besser: Statt Strafen anzudrohen, lieber Hilfe anbieten und Konsequenzen klar vor Augen führen. Eine wertschätzende Kommunikation zwischen Erwachsenen und Kindern zeichnet sich vor allem dadurch aus, auf Augenhöhe zu kommunizieren und die eigene Machtposition nicht zu missbrauchen. Die Kinder sollen beispielsweise beim Mittagessen helfen? Biete an, dass jeder eine Aufgabe übernehmen kann – zum Beispiel „Tisch decken“ oder „nach dem Essen die Teller abräumen“. Anstatt sie „gewaltsam“ dazu zu zwingen, indem sonst ein Verbot als Strafe ausgesprochen wird, ist es hilfreicher, ihnen die Wahl zu lassen und ihnen so wertschätzend zu begegnen.

Beispiele: So formulierst du dein Anliegen mit Wertschätzung

Beispiel 1: Dein Kollege erscheint unpünktlich zu eurem Termin

Nicht wertschätzend: „Ständig erscheinst du zu spät. Immer muss ich auf dich warten.“

Wertschätzend: „Ich verstehe gut, dass du gerade viel tun hast. Da wir um 12 Uhr verabredet waren, wünsche ich mir zugleich, dass du den Termin einhältst. Mir ist es wichtig, dass wir uns aufeinander verlassen können und pünktlich beginnen.“

Beispiel 2: Dein Partner lässt seine Wäsche auf dem Boden liegen

Nicht wertschätzend: „Es ist dir egal, dass ich dir dein Zeug immer nachtrage. Immer schmeißt du alles auf den Boden!“

Wertschätzend: „Ich sehe, dass deine Socken und Unterwäsche auf dem Boden liegen. Mir ist es wichtig, dass du deine Kleidung in den Wäschekorb tust oder weglegst. Bitte achte darauf.“

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Beispiel 3: Dein Kind beharrt darauf, an einem kalten Wintertag keine Jacke zu tragen

Nicht wertschätzend: „Zieh‘ jetzt die Jacke an – wegen dir müssen alle anderen warten und haben schlechte Laune!“

Wertschätzend: „Ich weiß, dass du den Sommer gern hast und lieber ohne Jacke spielen gehst. Im Winter ist es aber so, dass es draußen sehr kalt ist und Menschen deshalb schneller krank werden. Mir ist es wichtig, dass du gesund bleibst. Deshalb bitte ich dich, dir eine Jacke anzuziehen.“

Tipp: Vor allem bei Kindern ist eine wertschätzende Kommunikation gepaart mit viel Geduld notwendig. Es wird nicht immer gelingen, schnell einen Kompromiss zu finden. Denn trotz der Äußerung unserer eigenen Bedürfnisse ist es wichtig, auch das Autonomiebedürfnis von Kindern zu verstehen und zu respektieren.

Bildnachweis: CSA Images/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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