Wer in Geld badet, muss besonders intelligent sein. Oder? Falsch – sagen Soziologen, die diesen Zusammenhang untersucht haben.

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Intelligenz kann zu beachtenswertem Erfolg verhelfen. Große Karrieren und Innovationen entspringen nicht selten den kreativen und erfrischenden Ergüssen klüger Köpfe. Zu diesen gehört etwa Bill Gates, der nicht nur einen IQ von 160 haben soll, sondern auch zu den reichsten Menschen der Welt zählt. Auch Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, dessen Vermögen beachtlich ist, ist nicht auf den Kopf gefallen: Sein IQ liege bei 152, heißt es. Sein geschätztes Vermögen bei mehreren Milliarden.

Gates und Zuckerberg dürften aber eher zu den Ausnahmen zählen, wenn es um den Zusammenhang zwischen hohem Einkommen und Intelligenz geht. Das oberste Prozent der Menschen, die am meisten verdienen, gehört nicht automatisch zu den intelligentesten Menschen, stellt ein Forscherteam aus Soziologen auf Basis von aktuellen Untersuchungen fest.

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Die Studienautoren kommen zum Ergebnis, dass die kognitiven Fähigkeiten von den Einkommensstärksten im direkten Vergleich zu der Schicht, die einkommensmäßig unter ihnen liegt, schwächer ausfallen. Als Basis für die Analyse haben Daten von 59.000 Schweden gedient, die unter anderem Soziologe Prof. Dr. Marc Keuschnigg von der Universität Leipzig und der schwedischen Universität Linköping ausgewertet hat.

Eine knappe Interpretation der Ergebnisse: Wer Spitzenverdiener ist, kann intelligent sein – muss es aber nicht. Um die Karriereleiter zu erklimmen und zu den Einkommensstärkeren zu gehören, genügt ein kluger Kopf demnach nicht. Dennoch wird häufig angenommen, dass Superintelligente prädestiniert sind, ihren IQ als eine Art Wunderwaffe einzusetzen, um sich ein hohes Einkommen zu sichern.

Ganz so abwegig ist die Annahme, zumindest zum Teil, nicht. Die Forscher stellen neben dem ersten Resultat fest, dass das Gehaltsniveau mit der Intelligenz zu korrelieren scheint. Unabhängig vom reichsten 1 Prozent ist demnach festzustellen, dass Menschen mit besseren kognitiven Fähigkeiten tendenziell besser verdienen. Es gibt aber eine erkennbare Grenze. Denn ab einem jährlichen Verdienst von ungefähr 60.000 Euro kann der Intelligenzfaktor kein wesentlicher Einflussfaktor mehr für ein gutes Einkommen sein, weil andere überwiegen.

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Welcher Faktoren hängen mit einem höheren Einkommen zusammen?

Günstige Umstände, in eine gut situierte Familie hineingeboren werden oder aber der Einfluss der eigenen Persönlichkeit: Erfolg, hohes Einkommen und eine angesehene berufliche Position haben viele Wurzeln. Es kann sich um einen Mix verschiedener Faktoren handeln – denn es steht fest, dass Intelligenz ein hilfreicher Faktor, aber nicht unbedingt ausschlaggebend ist.

Das bestätigt auch Prof. Dr. Tanja Gabriele Baudson, welche als Forscherin für Hochbegabung und als Psychologin tätig ist: Intelligenz sei keinesfalls ein Aufstiegsgarant, auch wenn sie helfe. Besonders hohe Intelligenz kann der Kariere sogar einen Knick verpassen, weil zum Beispiel Hochbegabte nicht unbedingt angepasst sind und manchmal mit Vorurteilen zu kämpfen haben.

Immer wieder wird zudem beobachtet, dass gerade hochintelligente Menschen, deren IQ über dem Durchschnitt liegt, nicht unbedingt Führungspositionen anstreben, so die Psychologin. Auch wenn Ausnahmen sicherlich die Regel bestätigen. Hochintelligente machen sich etwa gerne selbstständig und finden Tätigkeiten, in denen sie aufgehen können, ohne sich mit dem Organisieren von Teams und ähnlichen Dingen beschäftigten zu müssen.

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Ob wir in einem Beruf oder in einer Position landen, die uns ein gutes Einkommen einbringt, kann auf unterschiedliche Faktoren zurückgeführt werden:

1. Soziale Herkunft

Laut Studienautoren wird ein Zusammenhang zwischen beruflichem Erfolg und der sozialen Herkunft von Familien vermutet, was das Einkommen von Berufstätigen beeinflussen kann. Unabhängig von der Intelligenz können Menschen aus wohlhabenden Familien demnach auf Ressourcen zurückgreifen, die anderen seltener zur Verfügung stehen. So wird zum Beispiel betont, dass die Besetzung von Spitzenpositionen nicht immer transparent ist und „Vitamin B“ im Spiel sein könnte. Wer an gute Positionen mit einem guten Verdienst kommt, muss deshalb nicht unbedingt mit seiner Intelligenz glänzen.

2. Glückliche Zufälle

Eine andere Studie aus dem Jahr 2018 betont den Faktor „Glück“. Demnach gingen Menschen häufiger davon aus, dass vor allem Einflussfaktoren wie Können, Engagement oder Fleiß zu hohem Einkommen führten. Die Studienautoren weisen jedoch darauf hin, dass Faktoren, die außerhalb unserer Kontrolle liegen, bei der Frage nach Erfolg oft vernachlässigt werden. Und dazu zählt der Zufall.

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Glückliche Zufälle können dazu beitragen, dass wir zum Beispiel an sehr gut bezahlte Berufe, Positionen oder Einkommensquellen kommen. Wer etwa in eine Familie mit gutem Bildungshintergrund hineingeboren wird, kann aus den Ressourcen, die vorhanden sind, schöpfen. Eine höhere Bildung ermöglicht oft bessere Verdienstmöglichkeiten.

3. Persönlichkeitsmerkmale

Neben Zufällen können auch Persönlichkeitsmerkmale entscheidend sein, wie eine Studie aus dem Frühjahr 2022 belegt. Dies wird etwa deutlich, weil Selfmade-Millionäre, die sich ihr eigenes Vermögen aufgebaut haben, häufig extrovertierter sein sollen. Dass Offenheit dazu führen kann, Kontakte zu knüpfen und Mut zu beweisen, um auch schwere Wege zu gehen, die zu mehr Geld führen, ist jedoch kein Geheimnis.

Die Studienautoren haben die berühmten „Big Five“ herangezogen, um ihre Daten einzuordnen. Demnach spielt nicht nur Extraversion eine Rolle, sondern vor allem auch Gewissenhaftigkeit. Zugleich ginge es um eine Portion Risikobereitschaft, die notwendig sei, wenn es zum Beispiel um schwere Entscheidungen ginge, die viele Unternehmer treffen müssen.

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Studie bezieht sich nicht auf Frauen

Die Wissenschaftler der ersten Studie, an der sich unter anderem Soziologe Keuschnigg beteiligt hat, konnten zwar einen Zusammenhang zwischen Intelligenz und Einkommen feststellen. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass es einige Lücken bei der Untersuchung gibt. So berücksichtigt die Studie zum Beispiel keine Frauen aufgrund der zugrunde liegenden schwedischen Daten, die zur Analyse gedient haben, wovon sich auch die Studienautoren wenig begeistert zeigen. Bei der Auswertung wurden nur Daten junger männlicher Testteilnehmer herangezogen, die auf das Ergebnis eines Tests des schwedischen Militärs zurückzuführen sind.

Vorurteile und Druck: „Weil du intelligent bist, musst du etwas erreichen!“

Einkommen und Intelligenz werden in der Berufswelt grundsätzlich oft in einem Atemzug genannt, obwohl deutlich wird, dass gute kognitive Fähigkeiten und ein hoher IQ lediglich als Stütze dienen, um sich berufliche Chancen zu eröffnen, nicht aber ein hohes Einkommen garantieren.

Dennoch leiden gerade intelligente Menschen oft auch unter dem Erwartungsdruck des Umfeldes. Wer schlau ist, muss demnach unbedingt eine hohe Position anstreben. Schlussendlich werden hohe berufliche Positionen mit einem Spitzenverdienst verbunden, sodass es zur falschen Schlussfolgerung kommen kann, dass Intelligente es auch zu Reichtum oder zumindest zu einem nennenswerten Vermögen schaffen müssen.

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Andrea Schwiebert, Sozialtherapeutin und Autorin („Kluge Köpfe, krumme Wege?“) verweist darauf, dass gerade Hochintelligente auch unter dem Druck leiden, den sie sich selbst machen. Nicht selten ginge es dabei zum Beispiel um perfektionistische Ansprüche, die etwa an einen Beruf gestellt werden.

Es verdeutlicht das Dilemma besonders intelligenter Menschen: Es wird viel von ihnen erwartet, doch sie sind nicht zwangsläufig prädestiniert, reich zu werden. Vielmehr spielen unterschiedliche Faktoren eine Rolle beim allgemeinen Einkommensniveau.

Fazit: Superreich bedeutet nicht zwangsläufig, reich an Intelligenz zu sein

Wer reich ist oder über ein sehr gutes Einkommen verfügt, muss nicht unbedingt schlauer als die restliche Bevölkerung sein. Untersuchungen deuten darauf hin, dass Intelligenz die Kariere pushen oder beim Vermögensaufbau helfen kann, andere Faktoren, etwa Kontakte, Glück und Persönlichkeit, aber ebenfalls wichtig sind.

Bild: RapidEye/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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