Vertrauen aufzubauen, braucht Zeit. Zerstört ist es meist in Sekunden. Was passiert, wenn Versprechen gebrochen werden und wie man verlorenes Vertrauen zurückgewinnt, erfährst Du hier.

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Mit attraktiven Versprechen werden Bewerberinnen und Bewerber angelockt, Mitarbeitende und Führungskräfte gebunden und durch die Aussicht auf interessante Aufgaben, Karrierechancen und bessere Gehälter angespornt. Versprechen sind emotional bindend, denn es sind zwischenmenschliche Verpflichtungen.  Was aber, wenn Vorgesetzte Mitarbeitende hinhalten oder gar Versprechen brechen? Wie können Mitarbeitende damit umgehen und können Führungskräfte das verlorene Vertrauen zurückgewinnen?

Um geeignete Mitarbeitende auf dem Arbeitsmarkt zu finden, müssen die Unternehmen viel Zeit und Mühe investieren. Schon beim Onboarding Prozess sollte deshalb genau überlegt werden, was das Unternehmen versprechen kann und was unrealistisch ist, z.B. flexible Arbeitszeiten, Anzahl der Homeoffice-Tage, kostenlose Verpflegung etc. Denn werden die Neuen diesbezüglich enttäuscht, verlassen sie das Unternehmen ebenso schnell, wie sie gekommen sind. Statt Verbundenheit mit dem Arbeitgebenden, entsteht Enttäuschung und Frust. Die Verluste, die den Unternehmen durch die Abwanderung von Arbeitskräften entstehen, sind enorm.

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Vertrauen wird erschüttert

Versprechen, die nicht eingehalten werden, untergraben das Vertrauen in allen Bereichen unseres Lebens. Ist das Vertrauen in die Führungskraft erst einmal erschüttert, zieht dies negative Auswirkungen nach sich. Dazu gehören: Unsicherheit, Zurückhaltung, gestörter Gedankenfluss, gebremste Entfaltung und Innovationsgeist. Aus unserer Entwicklungsgeschichte heraus, sind wir zwar „Raubtiere“, sind jedoch als Jäger auch auf der Hut und auf der Flucht. Daher ist der Rückzug ein Reflex. Diesen zu durchbrechen und wieder an Sicherheit und Zuversicht zu gewinnen, ist ein beschwerlicher Weg.

Schlechte Stimmung

In dem Moment, in dem Mitarbeitende merken, dass sie sich nicht auf die/den Vorgesetzte/n verlassen können und sich das Versprechen in Luft auflöst, entstehen Wut, Enttäuschung, Unsicherheit und sehr schnell tauchen die ersten Gedanken an einen Arbeitsplatzwechsel auf. Die Stimmung wird schlecht, überträgt sich meist auf das gesamte Team und beeinflusst damit das Gesamtergebnis. Ein kostspieliger Vertrauensbruch.

Einsatzbereitschaft lässt nach

In Zeiten von Unsicherheit, Frust und Ärger lässt die Einsatzbereitschaft nach. Wo eben noch großzügig Überstunden geschoben wurden, umorganisiert, angepasst, eingesprungen wurde, tritt nun die strikte Einhaltung der Arbeitszeit und Aufgabenerfüllung in Kraft. Hält dieser Zustand über Monate an, leiden alle darunter und das Team-/Abteilungsergebnis verschlechtert sich. Die innere Kündigung macht sich breit und nagt kontinuierlich an der Leistungsbereitschaft. Oft ist der Kopf schon bei einem neuen Arbeitgeber, auch wenn dieser noch gar nicht in Sicht ist.

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Führungskraft wird entlarvt

In diesem Prozess der Enttäuschung schärft sich der Blick auf die Führungskraft. Sie wird charakterlich seziert und bisher wenig beachtete Persönlichkeitsmerkmale werden zusammengefügt. Die Führungskraft erscheint in einem neuen, kritischen Licht und verliert an Sympathie, Ansehen und Gefolgschaft.

Fairerweise sollten die Betroffenen jedoch in einem Gespräch klären, ob die Führungskraft selbst nicht mehr in Lage ist, ihre Zusage einzuhalten oder welche Umstände dazu geführt haben.

Die Auswirkungen sind kaum zu heilen

Bleiben beide Seiten passiv, verschärft sich der Konflikt und die negativen Auswirkungen sind kaum zu beheben. Es ist daher ratsam, bereits bei den ersten Anzeichen einer Enttäuschung das Gespräch zu suchen. Idealerweise sollte die Führungskraft einer Auseinandersetzung vorbeugen und die Gründe für eine Verschiebung oder gar Streichung von Zusagen transparent und nachvollziehbar darlegen. Nur so bleibt das Vertrauen erhalten.

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Was kann der/die Betroffene/n tun?

1. Frühzeitig das Gespräch suchen

Da wir hier über einen Konflikt sprechen, ist es sinnvoll, ihn so früh wie möglich anzusprechen, um eine Eskalation zu vermeiden. Je länger die Parteien mit einem Gespräch warten, desto schwieriger wird es, eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung zu finden.

Das Sprechen aus der „Ich-Perspektive“ vermeidet Schuldzuweisungen, nimmt den einleitenden Sätze die Schärfe und beugt dadurch Verhärtungen vor. Ich-Sätze können lauten wie:

  • „Ich nehme wahr, ich habe verstanden, wir haben am… vereinbart,
  • Ich erinnere mich, in unserem Einstellungsgespräch haben wir besprochen…
  • Mir ist wichtig, dass…“

Ein unhöflicher Ton und Schuldzuweisungen führen zu Abwehr und Blockade.  

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Gerade in Konfliktsituationen ist es hilfreich, sachlich zu bleiben, sich die Wortwahl vorab gut zu überlegen und daran zu arbeiten. Verliert eine Partei das Gesicht, verstärkt sich der Konflikt.

Die innere Klarheit, zu wissen: Wo sind meine Grenzen, was ist mir wichtig, wo kann ich tolerant sein, wann ziehe ich die Konsequenzen, führt zu klaren Worten und einer guten Positionierung. Abzuraten ist allerdings davon, in einem ersten Gespräch gleich mit Konsequenzen und der Kündigung zu drohen. Das verhärtet nur die Fronten.

2. Verantwortlich bei sich bleiben

Möglicherweise führt die Führungskraft eine Reihe von Argumenten an, die zeigen, dass ihr selbst die Hände gebunden sind, wie z.B. Umsatzeinbruch, Abwanderung von Mitarbeitenden, Druck von der Geschäftsleitung. Diese Argumente mögen nachvollziehbar sein, aber es sind nicht die Probleme des Mitarbeitenden und die Lösung liegt in den Händen des/der Vorgesetzten oder der Geschäftsleitung.

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Es ist gut, dafür Verständnis zu zeigen, jedoch hat der Mitarbeitende in diesen Bereichen keinen Einfluss und damit auch keine Handlungsmöglichkeit. Es ist daher Aufgabe der Führungskraft, Lösungen zu suchen und diese anzubieten.

Dennoch können beide aufeinander zugehen und Kompromissbereitschaft zeigen. Wird eine Übergangslösung gefunden, sollte diese unbedingt schriftlich fixiert, terminiert und hinterlegt werden. Aber Vorsicht, eine Übergangslösung und ein Kompromiss hinterlassen häufig einen bitteren Beigeschmack. Daher sollte der/die Betroffene darauf achten, ob sich ein Gefühl der Sicherheit und Zufriedenheit einstellt. Denn nur dann können Leistungsbereitschaft, Engagement und Vertrauen wieder wachsen.

3. Den eigenen Weg finden

Ist der Ausgang des Gesprächs unbefriedigend, bleiben Enttäuschung und Missmut zurück. Das Vertrauensverhältnis wird nicht wieder hergestellt. Darunter leidet die eigene Einsatzbereitschaft, der Elan, die Konzentration und die Innovation. Da der Mitarbeitende das Unternehmen nicht auf der Stelle verlassen kann und spontan keinen neuen Arbeitgebenden an der Hand hat, gilt es den eigenen Weg zu finden, mit der Situation umzugehen.

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Es ist ratsam, professionell und zuverlässig zu bleiben. Gleiches mit Gleichem zu vergelten ist kein guter Ratgeber und wirft ein schlechtes Licht auf den/die Betroffene selbst. Bei sich selbst zu bleiben, für die eigenen Werte einzustehen und diese widerzuspiegeln, ist ein Zeichen von Charakterstärke und Distanz zum Verhalten des/der Vorgesetzten. Eine solche Haltung fördert die Zufriedenheit mit den eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen.

In diesem mental guten Zustand ist es viel leichter, eine neue Arbeitsstelle zu finden, denn nun ist es die eigene Entscheidung und nicht die eines Getriebenen. Wenn die Entscheidung gefallen ist, den Arbeitgebende zu wechseln, sollte dies mit Stil erfolgen, sodass der Betreffende noch nach Jahren stolz darauf sein kann, wie souverän und äußerlich unbeeindruckt sein Abgang gelungen ist.

Wichtig bei einem nächsten Vorstellungsgespräch ist, sich nicht auf den Vorfall zu beziehen oder gar den Vorgesetzten und die Umstände zu benennen, sondern das allgemeine Arbeitsklima und die Perspektivlosigkeit der Weiterentwicklung anzusprechen.

Was kann die Führungskraft ihrerseits tun?

1. Verlorenes Vertrauen zurückgewinnen

Wenn die Führungskraft Vertrauen verspielt hat, weil sie ihre Versprechen nicht halten konnte, sollte sie Anstrengungen unternehmen, dieses schnellstmöglich zurückzugewinnen. Leicht gesagt, schwer getan. Dazu bedarf es Zeit und Ausdauer, denn das Misstrauen auf der anderen Seite ist groß.

Es ist hilfreich, die Perspektive zu wechseln und sich zu fragen, wie man selbst reagieren würde, wenn der/die Vorgesetzte sein/ihr Versprechen gebrochen hätte. Das schafft Verständnis für die/den Betroffene/n und erleichtert die Suche nach einer Lösung.

Empathie und Verständnis für die Enttäuschung und Frustration des anderen zu zeigen, sind das Mindeste. Das Signal, die eigentliche Vereinbarung nicht aus den Augen zu verlieren, und das Bemühen um ein Entgegenkommen sind unerlässlich. Um Vertrauen zurückzugewinnen, sollte die Person zum Ausdruck bringen, dass es ihr wirklich leid tut, dass sich etwas Entscheidendes ändert, z.B. eine transparentere, feinmaschigere Kommunikation, und dass ein Neuanfang gemacht wird. 

Es wäre jedoch falsch, sich auf der Bekundung des guten Willens auszuruhen, denn in den Augen des Enttäuschten bleibt der Vertrauensbrecher immer noch dieselbe unberechenbare Person. Ohne ein kontinuierliches Miteinander und viel Engagement, Verlässlichkeit in kleinen Versprechen zu zeigen, wird ein gutes Verhältnis zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden nicht wiederhergestellt werden können.

Vor einer Salamitaktik, immer nur so viele Zugeständnisse zu machen, wie nötig sind, ist abzuraten. Dies ist keine Basis, um Vertrauen wieder aufzubauen. Es ist daher fatal, zu einem späteren Zeitpunkt noch ein Versäumnis einzugestehen oder noch ein Versprechen brechen zu müssen, anstatt sofort alle Fakten auf den Tisch zu legen und zu begründen. Andernfalls wächst das Misstrauen und die Betroffenen fragen sich zu Recht, was wohl als nächstes kommen mag.

2. Weniger Versprechen geben

Wer Versprechungen macht, sollte prüfen, wie realistisch diese sind und wie verlässlich sie eingehalten werden können. Wie beschrieben, haben Versprechen großes Gewicht und deren Nichteinhaltung weitreichende Konsequenzen. Daher wäre es an manchen Stellen sinnvoller, Dinge in Aussicht zu stellen, aber nicht zu versprechen.

3. Schriftlich festhalten

Die Führungskraft selbst sollte die gegebenen Versprechen schriftlich festhalten und sich nicht allein auf die Erinnerung verlassen. In der Hektik des Alltags gehen die eigenen Aussagen schnell einmal unter oder geraten in einen anderen Kontext. Schriftlich festgehalten, sind sie nicht nur besser im Gedächtnis verankert, sondern auch jederzeit nachlesbar.

4. Bedingungen die an die Versprechen geknüpft sind

Gleiches gilt für die Bedingungen, die an ein Versprechen geknüpft sind, z.B. bei einem Karrieresprung oder einer Gehaltserhöhung.

  • „Wenn Sie diese Aufgabe noch übernehmen und erfolgreich lösen, dann…“
  • „Wenn Sie in zwei Jahren…, dann…“

Diese Gesprächsinhalte sollten unbedingt schriftlich festgehalten werden und beiden Seiten zur Verfügung stehen. Das zwingt die Führungskraft dazu, für die Absicherung des Versprechens zu sorgen und sich selbst der Einhaltung zu vergewissern. Treten in der Phase betriebliche Veränderungen ein, sollten diese sofort kommuniziert und nach neuen Möglichkeiten gesucht werden, das Versprechen einzulösen.

Fazit

Vertrauen ist der Motor einer Zusammenarbeit. Ist das Vertrauen erst einmal gestört, braucht es viel Kraft, Zeit, Ausdauer und Einfühlungsvermögen, um es wieder aufzubauen.

Wer bereits einen oder mehrere größere Vertrauensbrüche erlebt hat, sollte auf sich achten und daran arbeiten, weiterhin offen und vorbehaltlos auf Menschen zuzugehen und sich nicht zu verschließen und zurückzuziehen. Das hat nichts mit Naivität und Gutgläubigkeit zu tun. Es gibt der/dem Betroffene/n die Chance, an der Erfahrung zu wachsen und sich von dem negativen Erlebnis zu befreien, gute neue Erkenntnisse zu gewinnen, sich frei entfalten und das eigene Potential ausschöpfen zu können.

Wurde ein Vertrauensbruch gewollt oder ungewollt begangen, besteht auch für den Verursacher die Chance, aus den Folgen zu lernen und in Zukunft überlegte, geprüfte und ehrliche Versprechen zu geben – im Wissen um die Konsequenzen wenn sie nicht eingehalten werden.

Vertrauensbrüche gibt es auf allen Ebenen. Laut dem Karrieredienstleister Placement24 sorgen sich 70 Prozent der deutschen Manager bei einem Jobwechsel darum, ob der neue Chef seine Versprechen einhält.

„Wer zu einem Versprechen am längsten braucht, hält am sichersten daran fest“

Jean-Jacques Rousseau
Britta Balogh ist seit über 20 Jahren selbstständig. Sie ist Karrierecoach, Speakerin, Autorin und Wegbereiterin für Führungskräfte auf ihrem Karriereweg. In Ihren Artikeln, Seminaren und Coachings behandelt sie Themen wie Soft Skills, Kommunikation, Business-Etikette und Führung und erklärt, wie diese Fähigkeiten die Karriere beflügeln können.

Bild: pixelfit/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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