Beleidigen, Harmoniekeule auspacken oder die Biege machen? Wir zeigen die gängigsten Streit-Typen und was hilft.

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Arbeitsfeinde kosten Geld und Produktivität

Laut Organisationspsychologen und ifb-Referenten Thomas Hubert belasten Konflikte am Arbeitsplatz die Volkswirtschaft mit rund 40 Milliarden Euro, die unter anderem Ausfällen am Arbeitsplatz zuzuschreiben seien. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) geht von Jahreskosten in Höhe von 50 Milliarden aus, welche sich als Schaden summieren.

Mobbing, Missverständnisse und schlechtes Arbeitsklima kosten nicht nur Geld, sondern auch die Produktivität und Motivation von Mitarbeitern. Betriebsräte, Führungskräfte, Mitarbeiter – alle sind beteiligt. Dennoch sind Konflikte natürlich und nicht vermeidbar, oft sogar wichtig, um bei Unstimmigkeiten zu einem Konsens zu kommen oder dem eigenen Ärger Luft zu machen, wenn etwas nicht in Ordnung ist.

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Schwierig ist jedoch oft der Umgang mit Konflikten, wenn ausgeblendet wird, dass Mitarbeiter, Chefs und Kollegen unterschiedlich ticken, weil jeder andere Streitkulturen kennt. Wir fassen einige der gängigsten Streit-Typen zusammen und zeigen dir, welche Reaktions- und Umgangsmöglichkeiten es gibt.

1. Der Ghosting-Typ

„Ich bin dann mal weg.“

Bevor ein Konflikt ausbricht, ist dieser Streit-Typ längst über alle Berge. Um sich einer hitzigen Diskussion nicht stellen zu müssen, erschnüffelt der Ghosting-Typ frühzeitig die richtigen Warnsignale. Dann heißt es: Beine in die Hand nehmen – und laufen.

Die Problematik besteht darin, dass Beteiligte so oft nicht die Möglichkeit bekommen, ihren Konflikt auszutragen, um ihn lösen zu können. Die Angst vor Streit hat unterschiedliche Gründe, doch eine Fluchtreaktion spricht immer auch für negative und schmerzhafte Prägungen.

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Wer dazu neigt, schnell die Biege zu machen, fühlt sich nicht nur verunsichert, sondern manchmal auch verängstigt. Um dennoch eine gesunde Diskussion führen zu können, ist es wichtig, dass alle Beteiligten im Raum bleiben und Konflikte aushalten. Wichtig ist, Geduld zu beweisen, darum zu bitten, hier zu bleiben und den Ghosting-Typ nicht in die Ecke zu drängen, um trotz aller Widrigkeiten ein vernünftiges Gespräch zu haben.

2. Der Choleriker

„Du Ar***“!“

Choleriker können kaum an sich halten: Sie schreien, beleidigen, toben, rasten aus. Es fehlt ihnen an Impulskontrolle. „Chole“ leitet sich übrigens aus dem Altgriechischem ab und lässt sich mit „Galle“ übersetzen. Man könnte also auch von „Galle spucken“ sprechen, wenn ein Choleriker wieder einen Wutanfall bekommt.

Der Umgang mit solchen Konflikt-Typen scheint zunächst besonders schwierig, lassen sie einem doch kaum zu Wort kommen. Und sie können einschüchternd wirken. Dennoch ist es jetzt besonders wichtig, sich nicht provozieren zu lassen und lauthals um die Wette zu schreien. Beginnt ein Choleriker damit, den Raum zusammenzuschreien, ist dieser kaum zu bändigen.

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Es hilft, sich zu vergegenwärtigen, dass das, was Choleriker in ihren Wutanfällen „auskotzen“, nicht immer mit uns zu tun hat. Deshalb kann es hilfreich sein, das Gesagte nicht persönlich zu nehmen – so hart es auch klingen mag.

Um sich zu schützen, ist es manchmal unvermeidbar, Cholerikern so gut es geht aus dem Weg zu gehen, professionelle Distanz zu wahren und bei Ausbrüchen gelassen, ruhig und souverän zu reagieren. Da sich die Emotionen solcher Menschen von der einen auf die andere Sekunde ändern können, bedarf es einer großen Geduld. In einer ruhigen Minute zu sprechen, um das Überschreiten von Grenzen aufzuzeigen, ist ebenfalls wichtig.

3. Der Schuldsuchende

„Das war nicht ich, sondern du!“

Ein besonders anstrengender Konflikt-Typ ist der, der stets darauf bedacht ist, bei anderen die Schuld zu suchen. Solchen Kollegen fällt es schwer, Verantwortung für eigene Fehler zu übernehmen. Um vom eigenen Scheitern abzulenken, werden sie schwere Geschütze auffahren, um bloß von sich selbst ablenken zu können.

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Der Konflikt mit Schuldsuchenden kann bitter enden, weil sie keine Entschuldigung aussprechen werden und wenig bis kaum Einsicht zeigen. Sie verhalten sich stur. Hilfreich kann es sein, auf die kleinen Gesten zu achten: „Sorry“ werden sie vielleicht nicht sagen, aber sie werden versuchen, sich anders anzunähern, wenn sie Reue zeigen.

Dennoch solltest du dir darüber bewusst werden, dass sie sich aus Prinzip dagegen wehren, die Schuld auf sich zu laden. Sollte es möglich sein, ist es deshalb wichtig, eine ruhige Minute zu suchen, um sachlich zu untermauern, warum das Verhalten nicht in Ordnung ist und – in Ich-Form – zu schildern, was du dir stattdessen wünschst. Zwar wirst du äußerlich keine Einsicht feststellen können, wohl aber einen innerlichen Prozess lostreten, der dein Gegenüber zum Nachdenken bringt.

4. Der Rechthaberische

„Siehst du – habe ich doch gesagt!“

Sie wissen es besser und beharren im Streit darauf, ihre Gedanken und das Gesagte bestätigt zu bekommen. Deshalb fällt es Rechthabern schwer, sich zu entschuldigen oder die Perspektive von anderen einzunehmen. Bewahrheitet sich das, was sie gesagt haben, ist es der größte Trumpf für sie, im Recht zu sein. Oft fehlt es ihnen an emotionaler Distanz, sodass sie gerne auch die sachliche Ebene verlassen.

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Rechthaberei ist einerseits nervig und andererseits auch eine Art kindliches Bedürfnis. Denn es geht darum, um jeden Preis bestätigt zu werden – auch wenn wir daneben liegen. Um sich hierauf nicht einzulassen, sollten wir selbst darauf achten, sachlich-objektiv sowie gelassen zu bleiben, ohne in den Rechthaber-Modus zu verfallen, wenn wir mit jemandem streiten, der um jeden Preis gewinnen will.

5. Der Harmoniesüchtige

„Es ist doch alles okay!“

Menschen mit ausgeprägter Harmoniesucht lehnen jede Form von Konflikt ab. Klingt zunächst wunderbar. Aber in Wahrheit sind unterdrückte Gefühle im Spiel und Ja-Sager, die Angst vor Ablehnung haben und sich deshalb scheuen, ihre Meinung zu sagen, können auf Dauer auch nervig sein. Wer mit diesem Typ streiten will, hat es schwer – denn oft wird es gar nicht erst dazu kommen. Dennoch stehen manchmal unausgesprochene Worte im Raum, die schließlich zu passiv-aggressivem Verhalten führen können.

Druck mag dieser Streit-Typ überhaupt nicht. Willst du an ihn herankommen, ist es deshalb wichtig, dich in die Lage deines Gegenübers hineinzuversetzen und dich heranzutasten, um unangenehme Wahrheiten aussprechen zu können. Biete ein Gespräch unter vier Augen an und mache deutlich, dass du deinen Gesprächspartner nicht angreifen möchtest, sondern wissen willst, was dieser wirklich denkt und fühlt. Dies kann auch dazu ermutigen, mehr zum Teamgeschehen beizutragen und sich zu öffnen.

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6. Der Analytiker

„Ich will ja nicht über unseren Streit aus dem letzten Jahr sprechen, aber …“

Manchmal fällt es schwer, ihnen zuzuhören, denn Analytiker werden auf jedes Detail eingehen, alles auseinandernehmen und diskutieren bis zum bitteren Ende. Das kann auch positiv sein: Konflikte kommen nun wirklich auf den Tisch.

Dennoch wird sich dieser Streit-Typ manchmal so sehr in Details verlieren und sogar Sachen herauskramen, die der Vergangenheit angehören. Dieser Typ hat deshalb auch einen nachtragenden Charakter und nicht immer kommt es zu einem Konsens, wenn Konfliktpunkte immer und immer wieder thematisiert werden, obwohl ihr bereits über eine Lösung gesprochen habt.

Wichtig zu versuchen ist, zum Kern der Sache zurückzukommen, um beim Thema zu bleiben. Denn alles andere führt lediglich dazu, sich stetig im Kreis zu drehen. Außerdem hilft es, sich anzutrainieren, das Gesagte auch einfach auszuhalten, ohne darauf einzugehen – denn Analytiker suchen gezielt Punkte aus der Vergangenheit, die dich provozieren könnten.

Bild: Irina Griskova/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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