„Mist! Ich verpasse meine Lieblingssendung, weil ich heute meinen neuen Ferrari abhole.“

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So könnte ein typischer Satz lauten, den wir selbst oder Kollegen beim „Humble Bragging“ (auch „Humblebragging“) benutzen. Ob wir tatsächlich um unsere Lieblingssendung trauern, weil wir einen teuren Sportwagen abholen müssen, für den wir ein halbes Vermögen hingeblättert haben? Na ja.

Was ist Humble Bragging?

„Humble“ steht für Demut oder Bescheidenheit. „Bragging“ beschreibt die Prahlerei. Man könnte Humble Bragging mit „Bescheidenheitsprahlerei“ übersetzen. Über die englische Schreibweise herrscht Uneinigkeit. Hier ist die Rede von „Humble Bragging“, „Humblebragging“ und „Humble Brag“.

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Wer nicht offensichtlich angeben kann oder vermeiden will, aufdringlich zu prahlen, versucht es über den bescheidenen Weg. Wir wollen uns gut verkaufen. Ob es hilfreich ist oder eher provokant, auch hier gibt es geteilte Meinungen. So kann es während eines Jobinterviews zum Beispiel helfen, seine Erfolge zu betonen. Die Art und Weise, wie wir unsere Errungenschaften präsentieren, kann jedoch zum Ergebnis haben, als arrogant, überheblich oder Angeber abgestempelt zu werden.

Das sagt die Forschung zu Humble Bragging

Auch Verhaltensforscher haben Humble Bragging in einer wissenschaftlichen Studie genauer unter die Lupe genommen. Die Ergebnisse der Forscher deuten darauf hin, dass Menschen, die offen angeben, oft sympathischer, kompetenter und auch ehrlicher als bescheidene Prahler eingeschätzt werden. Unaufrichtigkeit ist hierbei der größte Kritikpunkt beim Humble Bragging.

Übrigens: Ob offene oder versteckte Angeberei, Prahlen kommt in der Berufswelt generell nicht gut an. Müsste man sich entscheiden, würde das offene Angeben laut Forschung dennoch besser ankommen als Humble Bragging.

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Wie kann Humble Bragging aussehen?

Von wirklich bescheidenen Aussagen über übertriebene Bemerkungen, die vermeintlich nebenbei fallen, bis hin zu maßloser Prahlerei, die zugleich bescheiden klingen soll: Wer Humble Bragging betreibt, hat viele Optionen.

Vor allem in den sozialen Medien ist das Phänomen nicht unbekannt. Wer etwa ein Selfie postet und in der Caption schreibt: „So müde – habe nicht gut geschlafen“, im Hintergrund jedoch das Meer und ein 5-Sterne-Hotel zur Show stellt, in dem offensichtlich übernachtet wurde, will eigentlich sagen: „Leute – ich konnte mir mit meinem Gehalt diesen tollen Urlaub leisten!“

Natürlich wäre es ehrlicher, das tolle Selfie für sich sprechen zu lassen. Indirekte Kommunikation auf mehreren Ebenen, hier ist die passiv-aggressive Kommunikation als Beispiel zu nennen, gehört für viele Menschen jedoch zu ihrem Berufsalltag und auch zu ihrem Privatleben dazu.

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Typische Humbe-Bragging-Sätze

  • „Es ist echt peinlich, bei Projekten immer schneller als die anderen fertig zu sein.“
  • „Der neue Anzug von Armani, den ich für 1.200 Euro gekauft habe, ist aber auch ein wenig unbequem.“
  • „Voll unangenehm, dass der Chef mich vor allen lobt, wie toll ich unsere Präsentationen immer hinbekomme.“
  • „Wie anstrengend – bin wieder zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden diese Woche.“

Im Job: Was sind Vor- und Nachteile des Humble Braggings?

In der Arbeitswelt wollen wir uns von unserer besten Seite präsentieren, etwa um unsere Jobchancen zu erhöhen oder um beim Boss Sympathiepunkte zu sammeln. Damit wir uns von der Konkurrenz absetzen, kommen wir deshalb manchmal gar nicht drumherum, unsere Fähigkeiten zu betonen, Erfolge hervorzuheben und das zu zeigen, was uns von den anderen unterscheidet.

Ein selbstbewusstes Auftreten ist in vielen Fällen sogar förderlich und ein Türöffner, um Karriere zu machen. In diesem Zusammenhang hat Humble Bragging einige Vorteile:

  • Wir können, wenn wir es geschickt anstellen, Überheblichkeit vermeiden.
  • Wir nutzen die Gelegenheit, unsere Stärken zu betonen, ohne aufdringlich zu sein.

Dennoch hat Humble Bragging auch Nachteile, die du kennen solltest:

  • Wer beim Angeben bescheiden wirken will, kann den Eindruck erwecken, noch unsicherer als „offene Prahler“ zu sein.
  • Manchmal wird Bescheidenheitsprahlerei als unehrlich eingestuft, was zu Misstrauen führen kann.
  • Finden wir keinen offenen Umgang mit Erfolgen und Stärken, können Personaler daraus schließen, dass wir versuchen, etwas verzweifelt zu kompensieren.

Wann sollte ich auf Humble Bragging lieber verzichten?

Ob und in welchen Situationen wir zur Waffe „Bescheidenheitsprahlen“ greifen, ist nicht festgelegt. Nur eine Sache gilt als No-Go: Wer anderen eins auswischen will, kann dies vielleicht tun, indem ein Erfolg auf bescheidene Weise präsentiert wird. Ob Rache als Motiv uns jedoch zu provokanten Handlungen verführen sollte, ist fraglich.

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Denn eine Sache ist gewiss: Neider haben uns ohnehin im Blick und Kollegen oder Menschen, die missgünstig sind, werden schneller von deinen Erfolgen als so manch andere erfahren. Schließlich beobachten sie dich. Zur Show stellen musst du dich dafür meist nicht, weil Prahlerei wie ein Akt der Verzweiflung wirken kann.

Ohne Prahlerei im Bewerbungsgespräch überzeugen: So geht’s

Es muss nicht das eine oder andere Extrem sein, um sich in Jobinterviews gut zu verkaufen. Beachte, dass die Art des Hervorhebens deiner Erfolge unterschiedliche Reaktionen hervorrufen kann. Einig werden dich bewundern. Andere werden dich belächeln.

Wie es dir gelingen kann, im Bewerbungsgespräch mit deiner Selbstpräsentation zu punkten, ohne die Angeberschiene zu fahren, deine Stärken aber dennoch zu betonen, verraten wir dir in folgenden Tipps.

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Tipp #1: Arbeite mit Fakten statt mit Ausschmückungen

Bewerber können viel erzählen, wenn der Tag lang ist. Hierbei müssen sie nicht einmal offensichtlich mit ihren Erfolgen angeben, sondern können diese auch geschickt in Geschichten verpacken.

Ausschweifende Schilderungen, die jedes Detail beleuchten – dafür haben Personaler oft keinen Nerv, keine Zeit und auch nicht das Bedürfnis. Orientiere dich deshalb lieber an Fakten, die auf den Punkt bringen, was du tatsächlich geleistet hast. So wirkst du nicht nur sympathischer und effektiver, sondern auch selbstsicherer.

Tipp #2: Beschränke dich auf einige Highlights

Jeder beherrscht Fähigkeiten und manche sogar besonders viele und besonders gut. Personaler konzentrieren sich aber speziell auf die Stärken und Benefits, von denen das Unternehmen profitieren kann. Sie sind auf der Suche nach einem Mehrwert. Was für dich einer sein kann, ist für sie vielleicht keiner.

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Schaue dir deshalb die Stellenbeschreibung genauer an und fokussiere dich auf die Erfolge und Stärken, die besonders gut zum jeweiligen Arbeitgeber passen.

Übrigens: Mit Verstellen hat dies nichts zu tun, sondern mit gezielter Selektion. Auch wenn du toll kochen kannst, wird dich beispielsweise ein Restaurant, das lediglich Servicepersonal sucht, nicht wegen deiner Kochkünste, sondern eher aufgrund deiner Servicementalität und einem freundlichen Umgang mit Besuchern einstellen.

Tipp #3: Beziehe das Feedback anderer mit in deine Selbstpräsentation ein

So sehr wir auch von unseren eigenen Fähigkeiten überzeugt sein mögen: Das, was andere Arbeitgeber und Geschäftspartner im Umgang mit dir über dich und deine Arbeit gelernt haben, ist als Referenz oft Gold wert. Zudem kann ein Empfehlungsschreiben im Vergleich zu einem Arbeitszeugnis spezifischer darstellen, was dich ausmacht und mit welchen Stärken du ein Unternehmen bereichern kannst.

Vor allem für größere Karriereziele solltest du deshalb nicht vergessen, deine Kontakte zu pflegen, hier und da Referenzen zu sammeln und dich so bei potenziellen Arbeitgebern authentisch mit echten Weiterempfehlungen zu präsentieren, ohne zwangsläufig angeben zu müssen.

Bild: rez-art/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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