Es gibt viele Gründe, für ein Jobwechsel. Eine Grundregel lautet jedoch: Der neue Job sollte stets eine finanzielle Verbesserung zum vorherigen darstellen – oder zumindest keine Verschlechterung. Doch Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel. Wir möchten dir deshalb heute erläutern, wann du trotz schlechterem Gehalt über einen Jobwechsel nachdenken solltest.

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Kurzfassung

  • Ein Jobwechsel sollte stets eine Verbesserung für dich darstellen.
  • Eine geringere Arbeitslast kann eine schlechtere Bezahlung im neuen Job wieder wettmachen.
  • Geringere Überstunden ist besser für deine Gesundheit.
  • Möglich das du im schlechter bezahlten Job langfristig bessere berufliche Perspektiven genießt.

Ist ein Jobwechsel eine Gehaltsverbesserung?

In der Regel wirst du beim Bewerbungsprozess nach deinen Gehaltsvorstellungen gefragt. Würdest du dann freiwillig eine schlechtere Bezahlung als deine bisherige veranschlagen? Vermutlich nicht! Experten nennen als Grundregel:

Ein Jobwechsel sollte stets eine Verbesserung für dich darstellen.

Doch dieser muss nicht immer finanzieller Natur sein. Natürlich wäre es schön, wenn du nach dem Jobwechsel zumindest gleich viel verdienst wie zuvor auch. Noch besser ist es, wenn du sogar mehr Gehalt aushandelst. Schließlich bringst du mittlerweile auch mehr Berufserfahrung und Knowhow mit als noch bei deiner Bewerbung auf den vorherigen Job.

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Was aber in der Theorie so schön klingt, lässt sich in der Praxis leider nicht immer umsetzen. Wenn du zum Beispiel von der Großindustrie in ein Startup wechselst, musst du meist zwangsläufig mit einer finanziellen Schlechterstellung rechnen, da dein neuer Arbeitgeber schlichtweg nicht über dieselben finanziellen Mittel verfügt.

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Das bedeutet allerdings nicht, dass die neue Stelle nicht dennoch eine „Verbesserung“ für dich darstellen kann. Das Gehalt mag zwar ein wichtiges Argument für oder gegen ein Jobangebot sein, aber längst nicht das einzige. Es gibt berechtigte Gründe, eine schlechter bezahlte Anstellung anzutreten. Welche das sind, werden wir dir verraten.

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Wann du ein schlechter bezahltes Jobangebot ausschlagen solltest

Zuerst widmen wir uns aber der Frage, welcher Grund gegen einen Job mit schlechterem Gehalt spricht. Dieser ist simpel: Wenn das Geld nicht zum Leben reicht. Denn du bist an dein bisheriges Gehalt gewöhnt und hast deinen Lebensstandard daran ausgerichtet. Wenn du dazu bereit bist, kannst du diesen Lebensstandard auf den Prüfstand stellen und eventuell ein wenig herunterfahren. Sollte das Geld allerdings nicht für Miete, Auto & Co reichen, oder du nagst bereits in deinem bisherigen Job beinahe am Hungertuch, solltest du keinesfalls eine Stelle mit geringerem Gehalt annehmen.

Rechne deshalb gründlich durch, ob du mit dem „Weniger“ an Geld deinen bisherigen oder den angepeilten neuen Lebensstandard finanzieren kannst.

6 Gründe, welche für die Stelle mit weniger Gehalt sprechen

Wir haben dir deshalb sechs Gründe zusammengetragen, die einen Stellenwechsel trotz schlechterer Bezahlung rechtfertigen können, da sie auf andere Art und Weise eine Verbesserung bedeutet:

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1. Geringere Arbeitslast

Wenn zu viele Überstunden für junge Deutsche der häufigste Kündigungsgrund sind, kann eine geringere Arbeitslast eine schlechtere Bezahlung im neuen Job wieder wettmachen. Du hast das Gefühl, dein gesamtes Leben nur noch am Arbeitsplatz zu verbringen? Die „Work-Life-Balance“ ist für dich ein Fremdwort? Wenn genau jetzt ein Headhunter mit einem Jobangebot auf dich zukommt, solltest du dir dieses trotz schlechterer Bezahlung zumindest einmal genauer ansehen.

Zudem kannst du auch selbst die Initiative ergreifen und dich nach einer „besseren“ Stelle umsehen, bei welcher du neben der Arbeit auch noch ein Privatleben hast. Denkbar wäre in diesem Fall zudem eine interne Reduktion der Arbeitszeit, wenn das bei deinem aktuellen Arbeitgeber möglich ist.

2. Gesundheitliche Entlastung

Die Entlastung durch eine geringere Überstundenzahl bedeutet zugleich eine für deine Gesundheit. Spätestens, wenn du bereits erste stressbedingte gesundheitliche Beschwerden wahrnimmst – psychischer oder physischer Art – wird es Zeit für die Notbremse. Ein geringeres Gehalt ist Gold wert, wenn es dich vor einem Burnout-Syndrom, Schlaganfall, Herzinfarkt, Bandscheibenvorfall oder Ähnlichem bewahrt.

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Denn so unrealistisch es für dich auch klingen mag: Der Tod durch Überarbeitung ist mittlerweile nicht mehr nur in Japan, sondern auch hierzulande eine steigende Problematik.

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Zudem sind Burnout-Kliniken überlaufen und immer mehr Menschen leiden eigener Angabe zufolge unter ständigem Stress bei der Arbeit.

3. Flexible Arbeitszeiten

Ein Plus für deine Work-Life-Balance bedeuten auch flexiblere Arbeitszeiten. Wenn du deinen „Nine-to-Five-Job“ an den Nagel hängen möchtest und dafür ab sofort im neuen Job deine Arbeitszeiten selbst oder zumindest ein bisschen flexibler einteilen kannst, kann dies ein schlechteres Gehalt unter Umständen übertrumpfen. Gerade für Familien mit kleinen Kindern bedeuten flexible Arbeitszeiten häufig eine große Entlastung sowie mehr kostbare Zeit mit dem Nachwuchs. Doch auch sonst ist es ein Privileg, dass wir heutzutage dank Digitalisierung in vielen Branchen von Zuhause, dem Strand oder einem Café aus arbeiten können. Ein Leben als digitaler Nomade ist zwar für viele Angestellte bislang (noch) nicht möglich.

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Doch Regelungen à la „Remote Work“ oder „Homeoffice“ sind derzeit schwer im Kommen und in vielen Unternehmen bereits fester Bestandteil des Employer Brandings. Werde dir also darüber bewusst, was dir in deinem Job wichtiger ist und entscheide dich gegebenenfalls für die geringere Überstundenzahl bedeutet zugleich eine für deine Gesundheit.

4. Reduktion von Pendlerwegen

Das Pendeln gehört für viele deutsche Arbeitnehmer zum Arbeitsalltag. Nicht nur in den USA, sondern auch hierzulande gibt es immer mehr sogenannte „Extreme Commuter“, also Personen, welche jeden Tag 90 Minuten oder mehr pro Weg zur Arbeit pendeln. Das bedeutet mindestens drei Stunden pro Tag im Auto, Zug oder Flugzeug. Doch selbst ein Arbeitsweg von einer halben bis ganzen Stunde kann auf Dauer zur Belastung werden und frisst eine Menge wertvolle Freizeit.

Wenn du also zu deinem bisherigen Arbeitsplatz pendeln musstest, der neue aber nur fünf Minuten zu Fuß entfernt wäre, ist das ein legitimes Argument für einen Jobwechsel trotz geringerer Entlohnung.

Zudem fallen eventuelle Fahrtkosten weg – sei es für das derzeit massiv überteuerte Benzin oder Zugticket. Trotz steuerlicher Absetzbarkeit kann dies am Ende des Monats in deinem Portemonnaie ein Plus bedeuten, welches es bei deiner Entscheidung zu berücksichtigen gilt. Nicht zu vergessen ist zudem deine gute Tat für die Umwelt.

5. Berufliche Perspektiven

Manchmal bedeutet ein Stellenangebot zwar im ersten Moment eine finanzielle Verschlechterung, auf Dauer aber im Gegenteil sogar eine Verbesserung. Wenn du in deinem bisherigen Job zwar gut bezahlt bist, jedoch keine weiteren Aufstiegsmöglichkeiten mehr hast, wirst du langfristig stagnieren. Ist dir das Niveau hoch genug, ist das für dich eventuell kein Kündigungsgrund. Viele Menschen sehnen sich aber früher oder später nach neuen Herausforderungen oder einem hierarchischen und damit in der Regel auch finanziellen Aufstieg.

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Es kann dann durchaus möglich sein, dass du im neuen – aber schlechter bezahlten – Job langfristig bessere berufliche Perspektiven genießt. Dies gilt es, frühzeitig zu prüfen und im Vorstellungsgespräch abzuklären, damit der Jobwechsel am Ende keine Enttäuschung für dich wird und du auf einem niedrigeren Niveau als zuvor stagnierst.

6. Bessere Arbeitsatmosphäre

Wie viel Zeit pro Tag verbringst du am Arbeitsplatz? Sechs Stunden? Acht? Zehn? Für deine Gesundheit und Lebenszufriedenheit ist es daher unerlässlich, dass du dich hier wohlfühlst.

Wer dauerhaft in einer schlechten Arbeitsatmosphäre oder einem konfliktträchtigen sozialen Umfeld arbeiten muss, wird früher oder später darunter leiden.

Wenn eine Mediation oder interne Versetzung in deinem Fall nicht möglich sind oder nicht die erhoffte Verbesserung deiner Arbeitssituation bringen, solltest du einen Jobwechsel in Erwägung ziehen. Hierbei kann eine gute Arbeitsatmosphäre sowie freundschaftliche Beziehung zu Kolleginnen und Kollegen ein wichtigeres Argument sein als das Gehalt.

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Leider kann es sich als problematisch entpuppen, die inneren Zustände eines Unternehmens im Vornherein realistisch einzuschätzen. Bevor du dich für einen schlechter bezahlten Job entscheidest, solltest du deshalb prüfen, ob das Gras auf der anderen Seite wirklich grüner ist. Hole zum Beispiel Informationen von Freunden oder Bekannten aus dem Unternehmen ein, bitte um einen Probearbeitstag oder recherchiere im Internet auf Plattformen mit anonymer Arbeitgeberbewertung.

Fazit: Ein Jobwechsel trotz geringerem Gehalt 

Der letzte Punkt verdeutlicht bereits die Problematik bei der Jobsuche: Wie die Zustände im neuen Unternehmen sind und ob der schlechter bezahlte Job tatsächlich eine Verbesserung auf anderer Ebene darstellt, beispielsweise hinsichtlich der Arbeitsatmosphäre, Arbeitszeiten oder Karrierechancen, erfährst du erst im Nachhinein. Schließlich präsentiert sich jedes Unternehmen im Bewerbungsprozess positiv und neigt dazu, hier und dort ein wenig zu beschönigen – ebenso wie der Bewerber ja auch.

Du befindest dich allerdings in der ungewöhnlichen Zwickmühle, dass du im Falle einer Enttäuschung deiner Erwartungen in einem schlechter bezahlten Job ohne nennenswerte Verbesserungen sitzt. Die Entscheidung für einen Jobwechsel trotz geringerem Gehalt stellt deshalb ein Risiko dar, welches gut durchdacht sein will.

Bildnachweis: Foto von Andrea Piacquadio von Pexels

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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