Die sogenannte EQ steht derzeit hoch im Kurs und löst den IQ in seiner Bedeutung ab. Tatsächlich belegen neueste Studien, dass Mitarbeiter mit einer hohen emotionalen Intelligenz schneller im Unternehmen aufsteigen als die angeblich „hochintelligenten“.

Inhalt
1. Der Aufschwung der emotionalen Intelligenz
2. Wofür steht der „EQ“?
3. Wann ist die emotionale Intelligenz hilfreich?
4. Was passiert bei einem fehlenden EQ?
5. Die fünf Bestandteile der emotionalen Intelligenz
6. Kannst du emotionale Intelligenz erlernen?

Der Aufschwung emotionalen Intelligenz

Laut neuester Umfragen zur Wichtigkeit unterschiedlicher Arten von Intelligenz, schätzen 62 Prozent der Befragten die emotionale Intelligenz und den IQ als gleich wichtig ein. 34 Prozent der Befragten halten die emotionale Intelligenz sogar für wichtiger.

Doch woher kommt dieser plötzliche Aufschwung für die emotionale Intelligenz? Experten sehen sich vor einem Rätsel, können aber eine durchaus plausible Vermutung vorlegen: In Zeiten, in welchen ein Großteil der zwischenmenschlichen Kommunikation über digitale Portale oder Mobilfunkgeräte abläuft, haben immer mehr Menschen Schwierigkeiten mit direkten sozialen Kontakten. Mit fremden Menschen in Kontakt zu treten, ihre Bedürfnisse herauszufinden oder erfolgreich im Team zusammen zu arbeiten – das sind Kompetenzen, an denen es derzeit fehlt.

Zudem steigt durch die rasant zunehmende Zahl an psychischen Erkrankungen, wie Burnout, das Bewusstsein für die Zwischenmenschlichkeit und für Faktoren außerhalb der Bilanzen oder Effizienzoptimierung. Die Unternehmen benötigen Fachkräfte mit einem hohen Maß an Intelligenz zur Pflege von zwischenmenschlichen Beziehungen, zur Mediation und zum nachhaltigen Teambuilding. Doch gerade diese gesuchte emotionale Intelligenz scheint aktuell zur Mangelware zu werden. Sie ist deshalb gleichzeitig der neue Schlüssel zum beruflichen Erfolg.

Wofür steht der „EQ“?

Der EQ beschreibt die emotionale Intelligenz und soll durch die Abkürzung direkt dem IQ gegenübergestellt werden. Während der IQ nämlich vor allem Fähigkeiten wie Merkfähigkeit, Schnelligkeit der Bearbeitung, logisches Denken oder schlussfolgerndes Denken umfasst, beschreibt der EQ die Fähigkeiten eines Menschen in den Bereichen:

  • Menschlichkeit
  • Selbstbewusstheit
  • Empathie
  • Mitgefühl
  • Kommunikationsfähigkeit
  • Taktgefühl
  • Höflichkeit
  • Teamfähigkeit
  • uvm.

Der EQ lässt sich nicht anhand von Zahlen oder durch einen Test bestimmen. Er kann daher nicht durch eine Urkunde nachgewiesen oder in einer Schule erlernt werden. Immer mehr Unternehmen versuchen deshalb über die Assessment Center Mitarbeiter mit hoher emotionaler Intelligenz zu finden. Sie benötigen diese für eine gute Arbeitsatmosphäre und ein effizientes sowie harmonisches Teamwork.

Während die Wissenschaft noch in den 80er Jahren vom IQ als bedeutendster Faktor für beruflichen Erfolg ausging, hält sie mittlerweile die emotionale Intelligenz für wesentlich ausschlaggebender. Eine neue Entwicklung jedoch, ist das eigentlich nicht. Vielmehr scheint sie nun endlich wahrgenommen und in den unternehmerischen Alltag integriert zu werden.

Wann ist die emotionale Intelligenz hilfreich?

Vielleicht war die emotionale Intelligenz in den 80er Jahren aber auch tatsächlich noch nicht so wichtig wie heute. Als besonders hilfreich stellt sie sich nämlich in der neuen, digitalen und komplexen Welt heraus. Dauerhafte Stabilität oder Sicherheit gehören der Vergangenheit an. Die Menschen müssen die Schnelligkeit der Entwicklungen bewältigen und zugleich mit einem höheren Maß an Stress, Instabilität und einer fehlenden Arbeitsplatzgarantie umgehen können. Dies sorgt dafür, dass die Emotionen Einzug in den Arbeitsalltag halten.

Doch in der Industrie war bislang kein Platz für Gefühle oder menschliche Schwäche. Ein Teufelskreis, der sich in den wachsenden Krankheitstagen durch vor allem psychisch bedingte Beschwerden äußert. Gesucht werden deshalb emotional intelligente Mitarbeiter, die ihre eigenen Empfindungen, aber auch die ihrer Kollegen, wahrnehmen und damit umgehen können, anstatt noch zusätzlich Öl ins Feuer zu gießen.

Der Hauptgrund für die hohe Anzahl psychischer Erkrankungen liegt nämlich nicht im zunehmenden Termindruck oder am Schwierigkeitsgrad der Arbeit, sondern die Mitarbeiter verfallen in einen ungesunden Egoismus, unterstützen sich nicht mehr gegenseitig oder beginnen ihrem Frust gar mit Mobbing Luft zu machen. Jeder bangt um seinen Arbeitsplatz und jeder kämpft für sich alleine…

Was passiert bei einem fehlenden EQ?

In der Theorie klingt das nun alles recht abstrakt. In der Praxis äußert sich dieser Mechanismus aber sehr schockierend: 80 Prozent aller Flugzeugabstürze zum Beispiel, beruhen auf vermeidbaren Pilotenfehlern.

Sie hätten durch die bessere Zusammenarbeit der Crew verhindert werden können. Auch im Arbeitsalltag geschieht das täglich, im Sinne eines gescheiterten Projektes oder eines Rückgangs der Aufträge. Mangelt es in den oberen Führungsetagen am EQ, so ergaben neueste Untersuchungen eine sinkende Produktivität, eine hohe Mitarbeiterfluktuation, einen hohen Krankenstand sowie Suchtprobleme und einen geringen Zusammenhalt im Team als Folgen.

Die fünf Bestandteile der emotionalen Intelligenz

Die Wissenschaft unterteilt die emotionale Intelligenz grob in fünf unterschiedliche Bestandteile. Die ersten drei beziehen sich dabei auf das Selbst, die letzten beiden auf das Außen:

  1. Selbstbewusstheit: Sozial kompetent können Menschen nur dann sein, wenn sie erst einmal ihre eigenen Gefühle wahrnehmen können. Es geht um die Selbstwahrnehmung des eigenen Befindens, der Beobachtung der Gefühle und der Reaktionen darauf. Dadurch können emotional intelligente Menschen bessere und schnellere Entscheidungen treffen, handeln objektiver, zielorientierter und treten selbstbewusster auf. Langfristig sind Menschen mit einem hohen EQ durch die Selbstbewusstheit gesünder und neigen weniger zu psychisch bedingten Krankheiten.
  2. Selbststeuerung: Der zweite Faktor baut auf dem ersten auf, denn nur, wer seine eigenen Gefühle wahrnimmt, kann angemessen darauf reagieren. Ihm liegt die Erkenntnis zugrunde, dass wir unsere Gefühle selbst steuern können und unbewusst stets gleich reagieren wie bei unseren Erfahrungen aus der Vergangenheit. Wer es deshalb schafft, seine Entscheidungen unabhängig und situationsspezifisch zu treffen und sich nicht von den Emotionen fehlleiten zu lassen, fällt bessere Entscheidungen.
  3. Selbstmotivation: Der dritte Faktor könnte auch als Begeisterungsfähigkeit oder Leidenschaft beschrieben werden. Es geht um die Fähigkeit, sich persönliche Ziele zu setzen, Freude an einer Arbeit zu finden und auch langfristig motiviert zu bleiben. Hierzu muss ein Mensch in der Lage sein, negative Gefühle zu dämpfen und positive Gefühle zu mobilisieren, von innen heraus und ohne äußeren Druck. Dies ist übrigens auch das Erfolgsgeheimnis eines jeden berühmten Sportlers.
  4. Empathie: Nun zu den zwei Faktoren im Außen. Eine hohe emotionale Intelligenz schließt auch ein hohes Maß an Empathie ein. Diese beschreibt die Fähigkeit, die Gedanken und Gefühle anderer Menschen wahrnehmen und nachfühlen zu können sowie angemessen darauf zu reagieren. Sie beruht auf Menschenkenntnis und einer zwischenmenschlichen Sympathie. Gerade im Berufsleben ist es unüblich, seine Gefühle gegenüber den Kollegen oder dem Chef in Worte zu fassen. Stattdessen kann ein emotional intelligenter Mensch die Gestik, Mimik, Haltung und den Klang der Stimme seines Gegenübers deuten. Wissenschaftliche Tests belegen: Empathische Menschen sind beliebter, erfolgreicher und emotional stabiler.
  5. Soziale Kompetenz: Die soziale Kompetenz ist als Reaktion auf die Empathie zu verstehen. Du weißt nun, wie sich dein Gegenüber fühlt. Sozial kompetente Menschen wissen dann auch, wie sie darauf reagieren müssen. Sie tun sich leichter mit der Aufnahme und Pflege von Beziehungen. Eine wichtige Eigenschaften in Zeiten, in welchen des Networking über den Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens entscheiden kann.

Kannst du emotionale Intelligenz erlernen?

Bei dieser Frage scheiden sich die Geister. Die meisten Menschen glauben, dass die emotionale Intelligenz im Kleinkindalter entweder erlernt wird, oder eben nicht. Experten meinen aber auch, dass sie zumindest in den vorhandenen Anlagen trainiert und optimiert werden kann. Das bessere Emotionsmanagement führt dann schlussendlich nicht nur zu mehr beruflichem Erfolg, sondern auch zu einem besseren Wohlbefinden und einem gesünderen sowie glücklicheren Leben. Hier kommen unsere Tipps für mehr EQ:

  • Trainiere die Selbstwahrnehmung! Üben dich selbst und deine Gefühle wahrzunehmen und reflektiere diese täglich zu einem festgelegten Zeitpunkt, zum Beispiel morgens beim Aufwachen oder abends zum Schlafengehen. Identifiziere deine Muster, zum Beispiel Frühwarnsysteme oder Wutreaktionen.
  • Lese ein gutes Buch! Ja, das Lesen bildet. Suche dir aber kein Sachbuch, sondern einen Roman und versuche dich einmal in die Charaktere hinein zu versetzen.
  • Gehe in den inneren Dialog! Lerne dich zu entspannen, deine Gedanken bewusst zu steuern und deine Reaktionen angemessen zu dosieren. Hierfür kannst du verschiedene Entspannungsmechanismen ausprobieren, wie Meditation, Yoga oder autogenes Training. Auch eine Psychotherapie kann bei schwierigen Fällen helfen.
  • Zögere! Reagiere bewusster und zögere einmal kurz vor deiner Antwort. Überdenke für einen festgelegten Zeitraum, beispielsweise zwei Tage oder eine Woche, jede deiner Antworten, dein Handeln, deine Reaktionen…schon bald wirst du viel bewusster durchs Leben gehen.
  • Nimm dir Zeit! Und zwar für die Netzwerkpflege. Es ist sinnvoll, sich feste Raster im Kalender einzuplanen. Schon je zehn Minuten täglich können dabei einen großen Unterschied machen.
  • Treibe Sport! Die körperliche Aktivität hängt stets auch mit der geistigen zusammen und deshalb kann Sport helfen, deine Energiereserven aufzuladen und gleichzeitig dich selbst, deinen Körper und deine Gedanken bewusster wahrzunehmen.
  • Schauspieler werden! Tatsächlich kann auch die Teilnahme in einer kleinen Schauspielgruppe bereits Wunder bewirken, denn hier lernst du, dich in einen anderen Charakter hineinzuversetzen.

Emotionale Intelligenz ist übrigens für die Deutschen auch bei der Partnerwahl ein ausschlaggebendes Kriterium. 79 Prozent der Befragten, einer bei Statista veröffentlichten Studie, gaben an, dass emotionale Intelligenz attraktiv sei. Sie stand damit an der Spitze der verschiedenen Arten von Intelligenz.

Stimmst du zu? Wie wichtig ist dir die emotionale Intelligenz im beruflichen und privaten Leben?

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