Und plötzlich zeigt der Chef einem die kalte Schulter: Beschäftigten, die kündigen, ist nicht immer ein würdevolles Offboarding vergönnt.

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Nach der Kündigung ignoriert oder anders behandelt zu werden, ist keine Seltenheit in der Arbeitswelt. Sowohl das Team als auch Führungskräfte müssen sich auf eine Umstellung gefasst machen, deren Ablauf nicht immer professionell ist. Führungskräfte spielen dabei eine entscheidende Rolle, weil sie in schwierigen Situationen als Vorbild fungieren. Doch oft herrscht dicke Luft, sobald die Kündigung offiziell ausgesprochen wird.

Typische Verhaltensweisen von Chefs, die eine Kündigung ihrer Mitarbeiter nicht professionell aufnehmen

Wut, Irritation und Traurigkeit dürfen auch bei Führungskräften aufkommen, wenn geschätzte Mitarbeiter urplötzlich die Kündigung auf den Tisch legen. Doch die Art und Weise, wie eigene Gedanken, Gefühlen und Interessen kommuniziert werden, ist ausschlaggebend. Einige typische Verhaltensweisen demonstrieren deutlich, wie unprofessionelle Chefs sich verhalten:

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1. Gleichgültigkeit: Der Mitarbeiter existiert nicht mehr

Wer sich plötzlich wie Luft behandelt fühlt, nachdem die Kündigung kommuniziert worden ist, wird vom Chef absichtlich ignoriert. Es folgt keine Begrüßung mehr, Fragen oder Anmerkungen werden „überhört“. Sind Gespräche notwendig, beschränken sie sich auf wenige Worte oder weisen einen passiv-aggressiven Ton auf.

Zeigen Führungskräfte ein solches Verhalten, fehlt ihnen oft die wichtige Fähigkeit, einen professionellen Umgang mit einer Kündigung des Arbeitnehmers zu finden – denn die eigenen Mitarbeiter für ihre Entscheidung zu ignorieren, stellt eine unangemessene emotionale Strafe dar.

Gut zu wissen: Die Gleichgültigkeit kann zwei „Gesichter“ haben. Während einigen Chefs der Weggang tatsächlich gleichgültig werden lässt, weil sie innerlich bereits abgeschlossen haben, brodelt es bei anderen tief im Inneren – und die Gleichgültigkeit ist lediglich eine Art, ihrem Unmut auf destruktive Weise Platz zu machen.

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2. Überforderung: Der Mitarbeiter wird mit einem großen Berg Aufgaben überhäuft

Auch die absichtliche Überforderung eines Mitarbeiters stellt häufig eine Art Strafe für die Entscheidung des Beschäftigten dar, dem Unternehmen den Rücken zu kehren. Ein unprofessioneller Umgang von Führungskräften ist hier dadurch gekennzeichnet, dass ein übermäßig hoher Erwartungs- und Leistungsdruck aufgebaut wird. Hektik und Stress stehen in der letzten Phase vor dem Weggang des Mitarbeiters an der Tagesordnung – und ein Offboarding in Würde ist kaum möglich oder findet gar nicht statt.

In umgekehrten Fällen kann es im Übrigen passieren, dass Mitarbeitern die Verantwortung für wichtige Aufgaben plötzlich entzogen wird. In solchen Fällen sollte jedoch bedacht werden, dass es sich nicht immer um böse Absicht als Antwort auf eine Kündigung handelt: Während einige Chefs die Verantwortung tatsächlich als Bestrafung entziehen, auch Straining genannt, versuchen andere, die bestehenden Verantwortlichkeiten schnellstmöglich an andere Mitarbeiter zu übertragen, um Problemen im Unternehmen nach dem Weggang des bisher Verantwortlichen vorzubeugen.

3. „Ausgerechnet du?“: Dem Mitarbeiter werden Schuldgefühle vermittelt

Ob im Privat- oder Berufsleben, anderen mit voller Absicht Schuldgefühle zu vermitteln, ist eines der bittersten, aber auch wirkungsvollsten Strategien der emotionalen Erpressung. Gemeint ist hierbei eine unangemessene Suggestion mit dem Ziel, Betroffenen ein schlechtes Gefühl zu geben. Sie sollen ihre Entscheidung bereuen oder sich gar dafür schämen, sie getroffen zu haben; sie sollen sich vielleicht als Verräter fühlen und möglichst leiden.

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Die Absicht hinter der Vermittlung von Schuldgefühlen ist aber nicht nur das. Einige Führungskräfte erhoffen sich dadurch sogar, dass Mitarbeiter, die ihre Entscheidung bereits getroffen haben, diese „korrigieren“; das vermeintlich falsche Verhalten in Ordnung bringen. Typische Phrasen:

  • „Hätte ich ausgerechnet von Ihnen nicht erwartet.“
  • „Wenn sie es unbedingt so wollen, müssen Sie auch mit den Konsequenzen leben.“
  • Dankbarkeit sieht anders aus.“

4. Isolation: Der Mitarbeiter wird ausgeschlossen

Die Einladung zum Lunch oder dem nächsten Meeting gemeinsam mit dem Chef geht immer häufiger unter? Möglicherweise werden Mitarbeiter, die eine Kündigung ausgesprochen haben, systematisch ausgeschlossen. Es handelt sich um eine Machtdemonstration – ganz nach dem Motto: „Jetzt siehst du, was du davon hast“.

Nicht mehr Teil des Teams sein zu dürfen, beweist den unprofessionellen Umgang von Führungskräften mit professionellen Entscheidungen ihrer Mitarbeiter. Für Betroffene ist dies häufig eine bittere Erfahrung, weil die letzte Phase im Unternehmen auch oft über das Gefühl bestimmt, was bleibt, wenn an die Zeit beim ehemaligen Arbeitgeber zurückgedacht wird.

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5. Demütigung: Der Mitarbeiter wird bloßgestellt

Zu den wohl giftigsten Verhaltensweisen nach einer Kündigung zählt die öffentliche Bloßstellung von Mitarbeitern durch Führungskräfte. Auch in diesen Fällen wird die Machtposition missbraucht, um dem eigenen Ärger auf zerstörerische Weise und auf Kosten der Würde des Mitarbeiters Platz zu machen. Betroffene dann absichtlich ins offene Messer laufen zu lassen und sie despektierlich zu behandeln, steht ganz oben auf Prioritätenliste unprofessioneller Chefs.

Was besonders hart ist: Die Demütigung gilt manchmal nicht nur dem Betroffenen selbst. Sie ist auch ein Instrument, das anderen Mitarbeitern als Warnung dient, die ebenfalls mit dem Gedanken spielen, das Unternehmen zu verlassen. Eine solche Führungskultur triggert absichtlich Ängste und Sorgen und beeinflusst Mitarbeiter subtil in ihrem freien Entscheidungswillen.

Wie sieht ein professioneller Umgang mit Mitarbeitern aus, die kündigen?

Im Rahmen eines professionellen Exit-Gesprächs gilt es, Mitarbeitern, die das Unternehmen verlassen möchten, die verdiente Wertschätzung entgegenzubringen. Auch oder gerade weil der Verlust von gutem Personal schmerzt, sollte ein solches Gespräch stattfinden. Führungskräften liegt die Option offen, ihren Mitarbeitern zudem eine Rückkehr in einem sogenannten Bleibegespräch zu offerieren.

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Lese-Tipp: Chef will dich trotz Kündigung behalten? Warum du lieber ablehnen solltest

Ein professionelles Verhalten kennzeichnet sich auch dadurch, die Beweggründe des Mitarbeiters für seine Entscheidung verstehen zu wollen. Auch wenn die Kündigung einschlägt wie ein Blitz und viele offene Fragen aufwirft, sollte die Verwirrung genutzt werden, um die Gedanken zu sortieren und sich – auf professionelle Weise – Klarheit zu verschaffen.

Die Kommunikation nach einer Kündigung ist deshalb entscheidend. Auf diese Weise soll Mitarbeitern, die das Unternehmen verlassen, einerseits ein respektvoller Weggang ermöglicht werden. Auf der anderen Seite können Führungskräfte die Kündigung so auch als Chance sehen, um sich selbst, aber auch die Arbeitgebermarke durch aktives Nachfragen und Hinhören zu reflektieren. Denn sowohl die gelebte Praxis als auch die Unternehmenskultur und das Unternehmensimage spielen für künftige Mitarbeiter eine wichtige Rolle.

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Chef aus dem Weg gehen: Sollte ich mich nach der Kündigung krankschreiben lassen?

Ob Fieber oder Depression: Sowohl körperliche als auch seelische Erkrankungen sind legitime Gründe für eine offizielle Krankschreibung – ganz unabhängig davon, ob du kündigst oder nicht. Oft wird eine Krankschreibung vom Chef jedoch angezweifelt, wenn Arbeitnehmer zuerst kündigen und im Anschluss fehlen. Lasse dich deshalb nur krankschreiben, wenn du tatsächlich krank bist. Denn es ist für Arbeitgeber möglich, die Arbeitsunfähigkeit unter bestimmten Umständen durch den Medizinischen Dienst überprüfen zu lassen – sofern begründete Zweifel bestehen.

Fazit: Der letzte Eindruck zählt

Mitarbeiter nach einer Kündigung absichtlich und offensichtlich respektlos zu behandeln, dient unprofessionellen Führungskräften lediglich der kurzfristigen Bedürfnisbefriedigung. Auf lange Sicht handelt es sich um ein Vorgehen mit fatalen Folgen: Sowohl die Führungskultur eines Unternehmens als auch die Arbeitgebermarke geraten in Verruf. Umso wichtiger ist die Etablierung eines würdevollen Offboardings, einer Verabschiedung durch Führungskräfte, die positiven Eindruck hinterlässt und Mitarbeitern sagt: „Danke für deine Arbeit und deine Mühe.

Bild: Nimito/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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